Das Wirtschaftsministerium rechnet mit anziehenden Verkäufen bei Elektroautos. Das sagte Wolfgang Scheremet, der die Abteilung Industriepolitik leitet, der WirtschaftsWoche. Zwar seien die Abrufzahlen bei der Kaufprämie für Elektroautos mit rund 6500 Anträgen derzeit „noch gering“, so Scheremet. „Wir gehen aber davon aus, dass der Verkauf von Elektrofahrzeugen in den kommenden Monaten steigt. So haben derzeit beispielsweise Flottenbetreiber noch keine Anträge gestellt. Wenn diese kommen und die Zahl der Ladestationen steigt, werden die Antragszahlen nach unserer Einschätzung anziehen“, sagte Scheremet.
Scheremet bekräftigte das Ziel der Regierung, dass auf Deutschlands Straßen bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos fahren sollen. Bei derzeit 45 Millionen zugelassenen Pkws in Deutschland wären das circa 2,2 Prozent. Damit sind seine Ziele etwas bescheidener als die von Volkswagen. VW-Markenchef Herbert Diess hatte am Dienstag angekündigt, dass Volkswagen bis zum Jahr 2025 „eine Million Elektroautos pro Jahr verkaufen“ wolle – allerdings weltweit.
Dabei hat Volkswagen dem Wirtschaftsministerium wohl gut zugehört. „Natürlich haben wir als Wirtschaftsministerium den Autobauern gesagt, dass sie nicht nur in Fünf-Jahreszeiträumen denken sollen, sondern die lange Frist im Auge behalten müssen“, sagt Scheremet. Viele Autobauer haben sich bislang dem Wandel verweigert und setzen weiter auf Verbrennungsmotoren. Scheremet gesteht zwar zu, dass die Autobauer gerade „einen extremen Strukturwandel“ erleben. „Der geht nicht von heute auf morgen.“ Doch stünden „zuerst einmal die Unternehmen in der Verantwortung“, sagt der Industriepolitiker. Die Unternehmen möchte er dabei aber auch „nicht alleine lassen“. Die Regierung hat daher zunächst die Elektroauto-Forschung mit rund zwei Milliarden Euro unterstützt, also die Angebotsseite. Jetzt fördert sie die Nachfrage mit der Kaufprämie von 4000 Euro für ein reines Elektroauto sowie den Aufbau der Ladeinfrastruktur.
Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland 2009-2015
Im Jahr 2009 wurden in Deutschland 162 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt
Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 541 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2011 wurden in Deutschland 2.154 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 2.956 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 6.051 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 8.522 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
2015 stieg der Elektroauto-Absatz auf 12.363 Exemplare. Für das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 ist das weiter viel zu wenig. Der Bestand liegt derzeit bei rund 19.000 Elektroautos.
Dass Elektroautos jedoch nur nachhaltig fahren können, wenn sie auch mit grünem Strom betrieben werden, sieht Scheremet nicht als Hindernis. Im Moment tanken E-Autos in etwa 30 Prozent erneuerbare Energie. „Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix schrittweise steigern. Elektromobilität ergibt langfristig nur dann Sinn, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Und genau das ist unsere Langfriststrategie“, räumt Scheremet ein. Aber dennoch müsse man die Voraussetzungen für die Elektromobilität „schon jetzt verbessern“. Denn neben der Frage nach der Erreichung der Klimaziele gehe es „natürlich auch um Industriepolitik, also den Erhalt von Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland“.
Die Batterie wird künftig ein zentraler Baustein eines jeden E-Autos sein. „Das Wirtschaftsministerium arbeitet im Austausch mit Universitäten und Industrie daran, dass Zellenproduktionen in Deutschland aufgebaut werden“, sagt Scheremet. Doch auch hier müsse „die Initiative in erster Linie von den Unternehmen kommen“. Die Autobauer sind dabei in einem Dilemma: „Im Augenblick sieht sich die Industrie damit konfrontiert, dass die Zellen aus Asien stark subventioniert sind. Das Problem ist: Wer heute in die Produktion von Batteriezellen einsteigt, muss erstmal mit Verlusten rechnen“, skizziert Scheremet die drängendsten Probleme. Die Unternehmen müssten also genau überlegen, ob sie noch in die aktuelle Batteriegeneration Lithium-Ionen investieren oder besser gleich in die nächste Batteriezellgeneration, etwa die Feststoffbatterie. Genau vor dieser Entscheidung steht derzeit VW. Die Wolfburger haben jetzt angekündigt, eine Pilotanlage für die Zellentwicklung in Salzgitter aufzubauen, um die Kompetenz aufzubauen. Das allein wird jedoch nicht reichen, um der wachsenden Konkurrenz aus Asien Herr zu werden. „Die Batteriezellfertigung ist für den Automobilstandort Deutschland eine wichtige industriepolitische Perspektive. Deshalb sind wir hier auch industriepolitisch aktiv“, resümiert Scheremet.
Sie lesen eine Vorabmeldung aus der aktuellen WirtschaftsWoche. Mit dem WiWo-Digitalpass erhalten Sie die Ausgabe bereits am Donnerstagabend in der App oder als eMagazin. Alle Abo-Varianten finden Sie auf unserer Info-Seite.