Autobauer Warum die Auto-Rückrufe Toyota ins Mark treffen

Wegen eines fehlerhaften Gaspedals ruft der weltgrößte Autobauer Millionen Autos in die Werkstatt. Die Mängel treffen Toyota zur Unzeit an seinem empfindlichsten Punkt. Als Vorbild könnte Toyota ausgerechnet Mercedes dienen.

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Toyota-Logo auf einem Auto Quelle: REUTERS

Im Rückblick scheint es fast, als hätte der Urenkel des Firmengründers die Misere vorausgesehen. Toyota sei zu groß geworden und habe sich zu weit von seinen Kunden entfernt, befand Akio Toyoda, der 53-jährige Chef des weltgrößten Autobauers, im Oktober vergangenen Jahres.

Anlass für Toyodas selbstkritische Worte waren rutschende Fußmatten, in denen sich das Gaspedal mancher Toyota- und Lexus-Modelle verkeilte. Eine dieser Matten hatte in den USA möglicherweise zum tödlichen Unfall eines Lexus-Fahrers geführt. Der Konzern rief schon im vorigen Herbst 4,2 Millionen Fahrzeuge zurück in die Werkstätten. Doch damit war es offensichtlich nicht getan.

Bei Tests stellte sich heraus, dass viele von Toyota eingebaute Gaspedale auch ohne die Fußmatten ein gravierendes Problem aufweisen. Im schlimmsten Fall bleibt das Pedal auf Vollgas stehen – ein Alptraum für jeden Autofahrer.  Nun muss Toyota 2,3 Millionen Fahrzeuge in den USA zurückrufen. Den Verkauf der acht betroffenen US-Modelle hat Toyota bis auf weiteres gestoppt, die Produktion steht zumindest für eine Woche still. In Europa holt der Autobauer 1,8 Millionen Fahrzeuge der Typen Aygo, iQ, Yaris, Auris, Corolla, Verso, Avensis und RAV4 zurück in die Werkstätten.

Am Wochenende musste sich Akio Toyoda nun bei seinen Kunden zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen entschuldigen. Er bedauere sehr, „Sorge bei unseren Kunden“ ausgelöst zu haben, sagte Toyoda. Sein Unternehmen arbeite mit Hochdruck an einer Lösung des Gaspedal-Problems. „Bitte glauben Sie uns, dass wir so reagieren, dass es noch sicherer sein wird“, sagte der Firmenchef.

Image-Fiasko für den weltgrößten Autobauer

Heute gab der Konzern endlich bekannt, wie er das Problem lösen will: Ein zusätzliches Bauteil, ein so genanntes Distanzstück, soll die Reibung im Inneren des Pedalsensors reduzieren. Laut einem Unternehmenssprecher wird damit ausgeschlossen, dass sich das Gaspedal „verhakt oder langsamer in die Ausgangsposition zurückkehrt“. Die Lösung ist nun gefunden, doch eines zeichnet sich bereits jetzt ab: Für Toyota wird das klemmende Gaspedal zum Image-Fiasko.

Jahrelang wurden die Japaner für die Sicherheit ihrer Fahrzeuge ausgezeichnet. Den Werbespruch „Nichts ist unmöglich“ kennen 85 Prozent aller Leser des Magazins „Auto Motor Sport“. Doch nun bleibt Toyota nichts anderes mehr übrig, als seine Kunden mit ganzseitigen Anzeigen zu beruhigen. In den USA tritt der amerikanische Toyota-Chef heute in der TV-Talkshow „Today“ auf. Doch die Reaktionen von Toyota kommen reichlich spät, denn die Probleme mit dem Gaspedal sind bereits seit Monaten bekannt.

Konkurrenten versuchen längst, aus Toyotas Image-Misere Kapital zu schlagen. Seit einigen Tagen bieten Konkurrenten wie Ford und General Motors Toyota-Fahrern Umstiegsprämien an.

Wie konnte so etwas ausgerechnet jenem Autobauer passieren, der bisher in der Branche für seine Effizienz gerühmt wurde? Dessen Fahrzeuge von Verkehrsklubs regelmäßig Bestnoten für die Verlässlichkeit bekamen? Und dessen spezielle Arbeitsweise in seinen Autofabriken, Kaizen genannt, als weltweit bester Qualitätsstandard galt?

Toyotas vielgerühmte Produktionsweise erweist sich als Fluch

Dass die Probleme eines einzigen Bauteils überhaupt auf so viele Modelle durchschlagen konnten, hat mit Toyotas Produktionsweise zu tun. Deutsche Premiumhersteller setzen oft in jeder Modellreihe eigens entwickelte oder adaptierte Komponenten ein. Bei Toyota funktioniert das anders: Ein einzelnes Bauteil wie etwa ein neu konstruierter Gaspedalsensor wird bei den Japanern in vielen Modellen eingebaut, um Kosten zu sparen.

Dieser Kostendruck erweist sich bei Konstruktionsmängeln als Fluch: Denn nun muss Toyota Millionen Fahrzeuge zurück in die Werkstatt beordern. Weil so viele Baureihen betroffen sind, schädigt das nicht den Ruf einzelner Toyota-Modelle – sondern ramponiert gleich den Ruf der Marke Toyota an sich.

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