Autozulieferer Conti kann Kampf gegen Übernahme durch Schaeffler kaum noch gewinnen

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Ungleiche Partner

Doch der Eindruck täuscht. Schließlich war sie es, die jenen Mann für das operative Geschäft ins Unternehmen geholt hat, der nun selbst die gewieften Finanzprofis von Continental und Goldman Sachs überrumpeln konnte. Geschäftsführer Geißinger ist bekannt als harter Verhandler, mit dem es, wie ein Ex-Geschäftspartner sagt, „nicht immer lustig ist“. Bemerkenswert hartnäckig beteuerte Geißinger in den vergangenen Tagen, Schaeffler strebe weder an, Conti zu zerschlagen noch das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Dabei wäre beides aus Investorensicht eigentlich logisch. Allein der Verkauf der Conti-Reifensparte könnte einen hohen, einstelligen Milliardenbetrag in die Kasse spülen und damit eine Übernahme zu einem Gutteil finanzieren. Geißingers Aussagen könnten demnach Beruhigungspillen für Anleger, Öffentlichkeit und Mitarbeiter sein.

Andererseits scheint es Schaeffler bei genauerem Hinsehen doch um deutlich mehr als simples Wachstum per Zukauf zu gehen. Nämlich darum, einen Konzern, der mit einem Gutteil seiner Zulieferteile wie Kupplungen, Getriebeteilen und Bauteilen für Verbrennungsmotoren noch stark in der Autowelt der Vergangenheit verwurzelt ist, auf ein neues Autozeitalter vorzubereiten: etwa auf den Elektroantrieb, der zum Beispiel keine Kupplung braucht und auch kein Getriebe im klassischen Sinne.

Es geht für Schaeffler um den Aufbruch in ein Zeitalter, in dem Fahrzeuge immer mehr Elektronik und Software und weniger Mechanik benötigen. Die besten Zeiten von Schaeffler könnten in einigen Jahren vorüber sein, wenn der Konzern sich nicht darauf vorbereitet. Continental ist hier schon weiter. So erinnert der Übernahmekampf zwischen Schaeffler und Conti stark an jenen zwischen den Stahlkonzernen Mittal und Arcelor vor zwei Jahren. Damals wehrte sich Arcelor-Chef Guy Dollé gegen die feindliche Übernahme durch den – vermeintlich minderwertigen Stahl produzierenden – indischen Konkurrenten mit den Worten: „Da kämen Parfüm und Kölnisch Wasser zusammen.“ Die Arroganz zahlte sich damals nicht aus. Mittal gewann die Schlacht. Danach sieht es heute auch zwischen Conti und Schaeffler aus.

Vorbild Porsche?

Darüber hinaus sehen Branchenkenner durchaus Synergiepotenziale zwischen den beiden Konzernen. ContiTech, die allerhand Gummiprodukte wie Förderbänder oder Luftfedern für Züge produzieren, könne sich sehr gut mit jenen Bereichen des Schaeffler-Imperiums ergänzen, die nicht für die Automobilindustrie tätig sind, sondern etwa für den Maschinenbau, erklärt Bain-Berater Matthies. „Auch bei den Technologien, die sich um das Thema Verbrauchseffizienz drehen, sehe ich gute Möglichkeiten, dass sich die Unternehmen ergänzen.“ Schaeffler-Geschäftsführer Geißinger dürfte das kaum entgangen sein. Er arbeitete vor seiner Zeit bei Schaeffler in den Neunzigerjahren beim Zulieferer ITT-Automotive – und zwar in einem Geschäftsbereich, den Continental später übernahm.

Für ein ernsthaftes strategisches Interesse spricht auch, dass Schaeffler heute anders verfährt, als bei der Übernahme von FAG Kugelfischer 2001. Damals lag das Angebot von Schaeffler rund 50 Prozent über dem damaligen Börsenkurs von FAG, und deren Chef Uwe Loos konnte trotz millionenteurer Störmanöver nur zusehen, wie sich die Aktionäre massenhaft von ihren Papieren trennten.

Diesmal jedoch ist das Angebot von Schaeffler eher mau. Die Herzogenauracher können nicht ernsthaft erwarten, dass ihnen die Continental-Aktionäre für weniger als 70 Euro ihre Aktien nachwerfen.

Das spricht dafür, dass Schaeffler eher so vorgeht wie Porsche bei der Übernahme der Kontrolle von VW. Auch Porsche hatte sich Schritt für Schritt mit VW-Aktien eingedeckt. Das Risiko, dass sich die Herzogenauracher verschlucken, ist gering, denn Schaeffler hat nach dem Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle und dem Ablauf des Übernahmeangebots alle Zeit, weitere Anteile einzusammeln und erreicht erst bei 50 Prozent wieder die nächste Meldeschwelle.

Kampf mit allen Mitteln

Danach jedoch muss Schaeffler sich darauf einstellen, dass die Milliardenkredite für die Übernahme von Siemens-VDO durch Continental neu verhandelt werden müssen und sich im Zweifel massiv verteuern. Dann wird es auch für die Franken richtig teuer.

Einiges spricht daher gegen einen feindlichen Großangriff mit nachfolgender Zerschlagung. Gut möglich, dass die Angst davor von Continental als Teil des Abwehrmanövers bewusst geschürt wird. Die Hannoveraner jedenfalls zogen schon alle Register. Sie beauftragten die Einflüsterer von der auf Übernahmekämpfe spezialisierten Kommunikationsagentur Hering Schuppener; mit zwei Brandbriefen an die BaFin versucht Wennemer, das Geschäft, mit dem sich Schaeffler den Zugriff auf die Conti-Anteile gesichert hat, doch noch zu unterbinden.

Doch die BaFin signalisiert bereits, sie könne die Übernahme nicht verhindern. Das Ziel von Wennemer und seinen Truppen ist daher klar: Wenn sich der Deal nicht verhindern lässt, dann soll er wenigstens teuer werden. Denn das, sagt ein Conti-Manager, sei doch der eigentliche Skandal: „Schaeffler versucht die Conti-Aktionäre um das Preis-Premium zu bringen, das ihnen zusteht. Und das werden wir mit allen Mitteln bekämpfen.“

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