Banken Privatbanken kämpfen um vermögende Kunden

Die unabhängigen Privatbanken gehören zu den Gewinnern der Finanzkrise. Doch der Absturz von Sal. Oppenheim macht den Kampf um reiche Kunden für sie noch härter.

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Sal. Oppenheim: Bei Quelle: AP

Nach 220 Jahren stolzer Unabhängigkeit ist Anfang kommenden Jahres Schluss. Dann wird die Deutsche Bank die Privatbank Sal. Oppenheim für gerade mal eine Milliarde Euro übernehmen. Der traditionsreiche Name wird nur noch eine wenn auch exklusive Marke unter vielen des Bankenriesen sein. Diesen Status teilt sich Sal. Oppenheim mit dem Discountanbieter Norisbank und bald wohl auch mit den Schalterbeamten von der Postbank.

Der Fall des Hauses Oppenheim hat die Branche in Aufregung versetzt — vor allem die verbliebenen unabhängigen Privatbanken. Auf dem Höhepunkt der Krise hatten sie sich als Horte der Stabilität profiliert, die anders als die Konkurrenz nicht im Übermaß in riskante Wertpapiere investiert hatten. Doch ausgerechnet der mit 47 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen nationale Berater-Primus der Reichen hatte sich derart verspekuliert, dass die Eigentümer ihn nicht stabilisieren konnten. Das verunsichert nun die Kunden der bisherigen Krisengewinner. Zudem verschärft sich der Kampf um die reiche Klientel durch neue Konzepte von Groß- und Auslandsbanken.

Der hiesige Markt ist nach den USA und Japan der drittgrößte der Welt – und er ist stabil. Die Krise hat Zahl und Vermögen der reichen Deutschen im weltweiten Vergleich nur unterdurchschnittlich ramponiert. Laut dem World Wealth Report der Unternehmensberatung Cap Gemini und der Bank Merrill Lynch sank die Zahl der Millionäre in Deutschland 2008 lediglich um 2,7 Prozent auf nun 810.000. Weltweit ging die Zahl der Wohlhabenden um fast 15 Prozent auf 8,6 Millionen zurück.

Echte Privatbanken haben ihre Kernkompetenz bewiesen

Die Bad Homburger Unternehmensberatung Stephan hat kürzlich rund 1000 Private-Banking-Berater gefragt, welche Vermögensbewegungen sie beobachten. Ergebnis: Immer mehr Kunden haben seit 2008 ihr von einer Großbank verwaltetes Vermögen an Privatbanken überwiesen. Ganz oben bei den Verlierern stehen UBS und Commerzbank, Gewinner sind das Frankfurter Bankhaus Metzler, die zu Sal. Oppenheim gehörende BHF-Bank und die Hamburger Berenberg Bank. Für Stephan-Gesellschafter Drazen Odak sind unabhängige Privatbanken wie Metzler oder Berenberg bisher die Gewinner der Finanzkrise: „Während Großbanken ihre vermeintliche Stärke als Konzern nicht ausspielen konnten, haben die echten Privatbanken ihre Kernkompetenz bewiesen und ihre Glaubwürdigkeit bestärkt.“

„Unser Haus hat ganz klar von der Finanzkrise profitiert“, bestätigt Hans-Walter Peters, persönlich haftender Gesellschafter der Berenberg Bank. So sei die Zahl der Kunden in den ersten neun Monaten um sieben Prozent und das verwaltete Vermögen um eine Milliarde auf 8,3 Milliarden Euro gestiegen. Die Bank habe folglich weder ihre Risikostrategie noch ihr Geschäftsmodell geändert.

Interessen nicht vermischen

„Meine Partner und ich dürfen nur das Wohl und den Bestand der Bank im Kopf haben und keine eigenen Interessen verfolgen“, ist Peters zudem um Abgrenzung zum gestrauchelten Kölner Konkurrenten bemüht. „Die Interessen von Eigentümern, Bank und Kunden darf man nicht vermischen.“ Bei Sal. Oppenheim hatte nicht zuletzt die undurchsichtige Kreditvergabe an die Mehrheitseigentümerin des inzwischen insolventen Handelskonzerns Arcandor, Madeleine Schickedanz, zur Schieflage geführt.

„Wenn sich Privatbanken auf die Vermögensverwaltung konzentrieren, muss ihr Risiko anders gemanaged werden als das von Instituten mit großem Investmentbanking“, meint auch Michael Junker, Bankenexperte bei der Unternehmensberatung Accenture. Die zunehmende Globalisierung des Geschäfts sei kein Hindernis, schon jetzt seien die Institute auf den wichtigsten Finanzplätzen präsent. Eine größere Herausforderung gerade für kleinere Institute sei es, die Beratung exklusiv zu halten und gleichzeitig die Abwicklung wegen des zunehmenden Kostendrucks zu standardisieren.

Grafik: Ranking der Privatbanken

Eine gute Möglichkeit, sich am hart umkämpften Markt zu differenzieren, sind innovative Vergütungsmodelle. „Hier gibt es nach den wenig berauschenden Erfahrungen in der Krise großen Druck von den Kunden. Viele Banken versuchen auch im gehobenen Segment mit Kampfkonditionen Kunden zu gewinnen“, sagt Georg Wübker, Partner bei der Unternehmensberatung Simon Kucher. Für Wübker der falsche Weg: Kunden- und Bankinteresse ließen sich besser vereinbaren, indem etwa die Bezahlung stärker an die Wertentwicklung des Kundenportfolios geknüpft werde oder die Kunden die Dienstleistungen je nach Beratungsbedarf und Risikoneigung bezahlten.

Mit einem solchen Modell hat die zur Versicherung Signal Iduna gehörende Conrad Hinrich Donner Bank, die kürzlich der Commerzbank die Privatbank Reuschel abgekauft hat, gute Erfahrungen gemacht. Schon vor sechs Jahren hat sie ihr Vergütungssystem umgestellt. Seitdem bezahlen die Kunden nicht mehr einzelne Transaktionen, sondern bei Wahl dieses Modells eine prozentuale Pauschale auf das verwaltete Vermögen. Im Gegenzug bekommt der Kunde alle Provisionen gutgeschrieben, die für den Verkauf eines externen Produkts eigentlich an die Bank fließen. „Der Kunde hat so mehr Übersicht und Transparenz über seine Kosten, und für uns haben sich die Abläufe vereinfacht“, sagt Jörg Laser, Leiter des Private Bankings bei Donner.

Konkurrenzdruck steigt international

Auch die Bezahlung der Berater durch die Bank orientiert sich an der Höhe des betreuten Vermögens. Schmilzt das Kundendepot, verliert auch der Berater. An hektischen Käufen und Verkäufen – woanders tägliches Brot der Berater – verdient er nicht mit. Zunächst sei das Konzept erklärungsbedürftig gewesen, weil Kunden auch in Phasen ohne Geschäftsabschlüsse zahlen müssen. Doch inzwischen hat es sich laut Laser durchgesetzt: „Die Zahl unserer Kunden ist im Schnitt um zehn Prozent pro Jahr gestiegen.“

Doch die Konkurrenz wird härter, nicht nur durch heimische Großrivalen wie die Deutsche Bank, sondern auch durch ausländische Institute. „Deutschland ist für uns der wichtigste Auslandsmarkt, auf dem wir weiter wachsen wollen“, sagt Herbert Scheidt, Vorstandschef der Schweizer Privatbank Vontobel. Die Lockerung des Bankgeheimnisses, die Diskussion über Schwarzgeld und Steuerhinterziehung veranlassen viele Banken aus bisherigen Anlegerparadiesen, ihr Auslandsgeschäft auszubauen.

Auch Großbanken wollen das Geschäft ausweiten, zum Beispiel die italienische UniCredit, Mutterkonzern der deutschen HypoVereinsbank. „Ziel ist es, stärker als der Markt zu wachsen“, sagt Andreas Wölfer, Leiter der Division Private Banking bei der UniCredit Gruppe. Dazu will die Großbank die bisher unter den Namen der jeweiligen Ländergesellschaften geführten Aktivitäten demnächst unter einheitlicher Marke zusammenfassen. In Deutschland wolle die Bank Kunden auch über die regionale Nähe zu den Filialen und spezielle Beratung gewinnen. So fließen in die Vergütung der Berater auch die Kundenzufriedenheit und erzielte Ergebnisse ein. Mit 500 000 Euro liquidem Vermögen liegt die Grenze für die Betreuung zudem relativ niedrig.

Beratung wird immer wichtiger

Mehr denn je entscheidet die Beratung den Wettbewerb. „Dabei müssen sich auch die Kunden stärker als bisher engagieren“, sagt Roland Schubert, Deutschland-Chef der Liechtensteiner LGT. So hätten viele für die Anlage in guten Zeiten Risikoprofile vorgegeben, die sie in der Krise nicht haben wollten. „Es muss daher zu einer neuen Partnerschaft zwischen Bank und Kunde kommen. Wir müssen hier mehr Verständnis für einen intensiveren Austausch schaffen und sich ändernde Risikoeinschätzungen des Kunden frühzeitig erkennen“, sagt Schubert. Dabei setzt die LGT früh an: Sie lädt die Kinder ihrer wohlhabenden Kunden zu Seminaren ein, in denen sie das Einmaleins der gehobenen Geldanlage lernen.

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