Banken WestLB-Chef Heinz Hilgert: Ein unbarmherziger Malocher

Heinz Hilgert übernimmt Anfang Mai den Vorstandsvorsitz bei der angeschlagenen WestLB. Kann er die Krisenbank aus dem Sumpf ziehen?

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Heinz Hilgert, neuer Chef bei Quelle: dpa

Monatelang suchten die Eigentümer der Düsseldorfer Landesbank WestLB vergeblich einen Kandidaten für den wohl härtesten Job in der Finanzbranche. Die WestLB machte 2007 zum wiederholten Mal Verlust – 1,6 Milliarden Euro kamen diesmal zusammen. Sie konnte nur dadurch vor dem Niedergang bewahrt werden, dass alle durch die Finanzkrise betroffenen Kreditpakete in eine eigene Gesellschaft ausgelagert wurden, für die die Eigentümer – Sparkassen und das Land Nordrhein-Westfalen – künftig geradestehen. Hilgert wird eine Bank führen, die abseits des Kapitalmarktgeschäfts kaum Erträge erwirtschaftet und mit einem starken Partner fusionieren muss. Bis es so weit ist, soll er die Stellung halten. Aus dem Umfeld der Bank heißt es, dass der 54-Jährige mindestens das Gehalt des ehemaligen Chefs Fischer kassiert. Dieses soll Bankkreisen zufolge bei mehr als drei Millionen Euro jährlich gelegen haben. Hilgert hat an der Universität Duisburg Wirtschaftswissenschaften studiert. Seine Karriere als Banker hat er 1979 bei der Chase Manhattan Bank begonnen. Später arbeitete er bei Trinkaus & Burkhardt sowie bei Sal. Oppenheim. Zuletzt war er stellvertretender Vorstandschef der genossenschaftlichen DZ Bank. Dort hat er das Kapitalmarktgeschäft verantwortet und vor allem das Geschäft mit Zertifikaten, also Wertpapieren in Form von Schuldverschreibungen, vorangetrieben. Auf den Chefposten schaffte er es allerdings nicht. Im internen Gerangel verlor er gegen seinen Vorstandskollegen Wolfgang Kirsch. Mit der Position als Nummer zwei konnte sich Hilgert nicht abfinden, heißt es aus der DZ Bank. Jetzt ist er die Nummer eins bei der WestLB. Und da geht das Gerangel – dank des explosiven Eigentümergemischs von Landespolitik, Sparkassenchefs und Verbandsfunktionären – erst richtig los.

Seine Freunde & Gegner

Hilgert soll gute Kontakte in die CDU haben und findet seine Befürworter vor allem in der Düsseldorfer Landesregierung. Die Sparkassen würden Hilgert zwar tolerieren, ihr Wunschkandidat sei er aber nicht, heißt es aus Eigentümerkreisen. Um bei der WestLB erfolgreich zu sein, wird Hilgert das Vertrauen der Sparkässler gewinnen müssen, will er nicht isoliert werden. Schwierig dürfte auch die Arbeit mit den Vorständen Norbert Emmerich, Hans-Jürgen Niehaus und Werner Taiber werden. Diese waren genauso wie Ex-WestLB-Chef Thomas Fischer und der entlassene Vorstand Matthijs van den Adel in den Eigenhandel-Skandal der WestLB verwickelt, wurden bisher jedoch nicht entlassen. Das soll aber noch kommen. Die Herren dürften also nicht sonderlich motiviert sein, Hilgert zu unterstützen. Er wird zudem Personalkürzungen durchführen müssen. Mehr als 1350 Jobs sollen bei der WestLB wegfallen. Bei den Arbeitnehmervertretern wird er sich damit keine Freunde machen. Sein früherer Konkurrent Wolfgang Kirsch (Foto), Chef der DZ-Bank, ist ihm auch nicht wohlgesonnen. Angst muss Hilgert vor ihm allerdings nicht haben. Kirsch ist nicht der verbissene Typ Manager, der ehemalige Widersacher nachträglich beschädigt.

Seine Vorlieben

Hilgert ist rund um die Uhr im Dienst und immer erreichbar. Selbst am Wochenende dauert es in der Regel nicht länger als zehn Minuten bis er auf eine E-Mail antwortet. Eine Oase der Ruhe hat er sich allerdings geschaffen. Er geht regelmäßig in die Oper, auch mal in Salzburg, und dort lässt er sich nicht stören. In den eigenen vier Wänden hört er ebenfalls gerne klassische Musik. Bei Gesprächen über Kunst und Kultur glänzt er mit einem breiten Wissen. Er gilt als Genießer, sowohl in kulturellen als auch in kulinarischen Dingen. Er liebt die gehobene Küche und „kann zu einem guten Essen und einem guten Wein nie Nein sagen“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter. Am Wochenende nimmt er sich dafür richtig Zeit und kocht gern selbst.

Seine Stärken & Schwächen

Als ehrgeizig und sehr fleißig wird Hilgert von ehemaligen Kollegen beschrieben. Regelmäßig saß er schon um 7.30 Uhr am Schreibtisch. Er gilt zudem als geradlinig. „Wenn er etwas will, dann setzt er das durch. Dann stellt sich ihm niemand in den Weg.“ Dabei mangelt es ihm an diplomatischem Geschick – „einen Mittelweg zu suchen, mit dem beide Parteien zufrieden sind, ist nicht sein Ding“, heißt es. Er sei sehr impulsiv und könne regelrecht „fies“ werden, wenn ihm jemand in die Quere kommt. Das hätten auch einige Volksbanker, also immerhin Anteilseigner der DZ Bank, schon mal zu spüren bekommen. Vergangene Fehden könne er nicht einfach ausblenden. Genau das könnte ihm bei der WestLB noch einige Probleme bereiten. Die Eigentümer sind chronisch zerstritten, hier ist nicht nur ein Vorstandschef mit diplomatischem Geschick von Nöten, sondern auch jemand, der in einer Organisation, in der Streitereien zur Tagesordnung gehören, die Sachthemen nicht aus den Augen verliert.

Seine Vorbilder

Der künftige WestLB-Chef gehörte bei den Genossen zum Clan des ehemaligen DZ-Bank-Chefs Ulrich Brixner. Die beiden seien sich ähnlich, und deshalb wollte Brixner, so heißt es aus der Bank, Hilgert auch gern zu seinem Nachfolger machen. Doch im Aufsichtsrat fand sich für die Personalie keine Mehrheit. Vor allem die Arbeitnehmervertreter sollen gegen ihn gewesen sein. Sie wollten nicht noch einmal solch einen „harten Hund“ an der Spitze ihres Unternehmens haben, heißt es aus Bankkreisen. Sollte sich Hilgert bei der WestLB ein Vorbild an seinem ehemaligen Chef nehmen, wird er sich zwar einen Namen als Sanierer, sicherlich aber keine Freunde machen. Brixner hatte bei der DZ Bank, die 2001 aus den genossenschaftlichen Spitzeninstituten GZ- und DG Bank entstanden war, zunächst einmal aufgeräumt. 1500 Arbeitsplätze wurden gestrichen. Dabei hat sich Brixner einige Gefechte mit den Betriebsräten geliefert. Der ehemalige DZ-Chef hat die Bank sehr straff und autoritär geführt. Ihm soll es an zwischenmenschlichem Geschick gefehlt haben, Ähnliches wird auch Hilgert nachgesagt.

Seine Ziele

Er hatte sich in den letzten Jahren unter der Herrschaft Brixners darauf fixiert, Vorstandschef zu werden. Dass schließlich Kirsch und nicht er gewählt wurde, konnte Hilgert nicht verwinden. Der neue Vorstandschef hatte sich noch bemüht, seinen Konkurrenten stärker einzubinden, und ihn zu seinem Stellvertreter gemacht. Doch das war dem Banker nicht genug. Mit dem Posten als Nummer zwei habe Hilgert sich bis zuletzt nicht identifizieren können und immer noch gehofft, dass Kirsch stolpert und er ihn beerben könne, heißt es aus dem Umfeld der Bank. Doch Kirsch hat bei der DZ Bank kaum Gegner, sowohl die Mehrheit seiner Vorstandskollegen als auch die Anteilseigner schätzen ihn. Dass für Hilgert noch der große Tag kommen könnte, wurde immer unwahrscheinlicher. Deshalb hätten sich beide Parteien im Oktober auch schließlich voneinander getrennt. Seitdem hatte der Ex-Vorstand eine neue Aufgabe gesucht. Das Angebot der WestLB-Eigentümer dürfte ihm gerade recht gekommen sein. Mit 54 ist er zu jung, um sich in den Ruhestand zu verabschieden, und zu alt, um noch einmal etwas völlig Neues anzufangen. Er wolle sich bei der WestLB nun einen Namen als Sanierer machen, „die Aktivitäten auf ein Kerngeschäft reduzieren, die Rationalisierungen durchführen und so die Bank für eine Fusion vorbereiten“, heißt es aus seinem Umfeld. Hilgert gehe es aber nicht nur um die Sache. „Wenn er kein anständiges Schmerzensgeld bekäme, würde er sich das nicht antun.“

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