Banken Wie lukrativ die Postbank-Kunden wirklich sind

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Großer Vorsprung: Privatkundenmarkt in Deutschland (Millionen Kunden)

Die Mitarbeiter der Postbank Finanzberatung AG sind nicht festangestellt, sondern selbstständige Handelsvertreter. Für jedes verkaufte Produkt oder neuen Kunden erhalten sie eine Provision. Hinzu kommt ein Bonus am Ende des Jahres für diejenigen, die ihre Verkaufsziele erreichen.

Weil neue Kunden abseits der Großstädte schwer zu gewinnen sind, werden regelmäßig Vertriebsaktionen gestartet, sei es vor Baumärkten und Einkaufszentren oder auf Messen. Die Berater, die vor der Disko mit Getränkegutscheinen wedelten, hatten es nicht auf Personen abgesehen, die der Bank besonders hohe Umsätze versprechen. Es wurden gezielt nur junge Menschen unter 26 Jahren angesprochen, die das Konto auch ohne den sonst vorgeschriebenen Mindesteingang von 1250 Euro pro Monat kostenlos bekommen. Ältere Kunden würden ein Konto, das sie gar nicht nutzen wollen, nämlich schnell wieder kündigen, sobald die Postbank pro Monat 5,90 Euro Gebühren abbucht.

Der Abschluss mit jungen Kunden sei „oftmals der Anfang einer langjährigen und vertrauensvollen Kundenbeziehung“, so die Postbank. Da diese Konten naturgemäß weniger häufig genutzt werden, gibt es für sie auch weniger Provision. Die volle Höhe von 100 Euro gibt es nur für Kunden, die das Girokonto auch aktiv nutzen und monatlich mehr als 1250 Euro überwiesen bekommen. Für Kunden unter 26 bekommen die Verkäufer nur 25 Euro. Von April an sollen laut internen Unterlagen der Postbank, die der WirtschaftsWoche vorliegen, zudem Kunden ihr Girokonto nur noch bis zum Alter von 21 Jahren ohne Mindesteingang kostenlos nutzen können.

Werden die neu geworbenen Konten nicht genutzt oder nur kleine Summen eingezahlt, bekommt der Berater keine oder nur einen Teil der Provision. Die Postbank gibt hierzu an, dass das Konto „nach einer bestimmten Zeit als aktiv identifiziert“ werden müsse, wobei sie aber „die mit der Lebensphase zusammenhängenden Kriterien“ berücksichtige.

Einfacher Trick: Doppelte Kunden, doppelter Bonus

Doch das gilt nicht für den Jahresbonus. Um ihn zu bekommen, müssen die Berater eine fixe Zahl von Kunden – abzüglich der Kündigungen – gewinnen. Sie fließen dann in die Jahresbilanz des Beraters ein, wenn die Konten aktiviert sind, also Geld eingezahlt wird. Damit das in jedem Fall geschieht, zahlen Berater wie Peter B. selbst ein Startguthaben von zehn Euro ein. Für sie ist das ein lohnendes Geschäft.

Um die Vorgaben für Neukunden beim Bausparen zu erreichen, werden die Kunden offenbar mitunter auch mal gedoppelt. Der Trick ist einfach: Ein langjähriger Kunde schließt einen neuen Bausparvertrag ab. Der Berater kann durch kleine Änderungen, etwa bei der Schreibweise des Namens, erreichen, dass der Altkunde vom System als Neukunde behandelt wird und eine eigene Stammnummer erhält. Der WirtschaftsWoche liegen Unterlagen vor, die das belegen.

Bei wie vielen der 14,1 Millionen Postbank-Kunden es sich um Doubletten handelt, lässt sich nicht bestimmen. Berater Peter B.*: „Unter den Kollegen ist diese Methode bekannt.“ Die Postbank sagt dazu, dass ihre System über eine Doublettenprüfung verfügten, die Ähnlichkeiten im Namen und der Adresse filtert. Zudem fänden stichprobenartig Qualitätsprüfungen statt. Komplett verhindern könne dies einen Missbrauch „natürlich nicht“.

Dass die Finanzberater zu solchen Mitteln greifen, hat nicht nur mit Geldgier zu tun, sondern auch mit Druck von oben. In einer Vertriebsdirektion im Süden Deutschlands ist der so gnadenlos, dass den Beratern solche Nothilfen kaum zu verdenken sind.

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