In Schulnoten ausgedrückt hätten die beiden größten deutschen Banken wohl zwischen einer 4- und einer 5+ geschwankt, zwischen ausreichend und mangelhaft. Sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank sind heil durch den Stresstest der europäischen Bankenaufseher gekommen – in einer schweren Rezession würde die harte Kernkapitalquote der Deutschen Bank auf 7,8 Prozent fallen, die der Commerzbank gar auf 7,4 Prozent. Analysten hatten Werte unter sieben Prozent im Fall der Commerzbank und unter 7,5 Prozent im Fall der Deutschen Bank für besorgniserregend erklärt.
Trotzdem: mit dem Ergebnis liegen die beiden Frankfurter Institute unter den schwächsten zehn der insgesamt 51 Banken, welche die EU-Aufsichtsbehörde EBA in ihrem aktuellen Stresstest untersucht hat. Auch wenn der schlimmste anzunehmende Unfall vorerst nicht eingetreten ist, zeigt der Stresstest sowohl für die Deutsche Bank als auch für die Commerzbank deutlichen Handlungsbedarf auf. "Deutsche Mittelständler sind Weltklasse, aber die Banken fast auf Dritte-Welt-Niveau", sagte Experte David Hendler vom US-Analysehauses Viola Risk Advisors.
Insgesamt waren neun deutsche Banken unter den 51 von der EBA gestressten Instituten. Alle mussten sich einem Stress-Szenario unterziehen, beispielhaft symbolisiert durch einen Einbruch der Wirtschaft, steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Immobilienpreise. Das beste deutsche Ergebnis lieferte die NRW Bank, auch die Bayern LB und die Nord LB kamen im Stress-Szenario nur auf Kapitalquoten unter neun Prozent.
So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 große Banken aus 15 europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Sie prüfte mit der Europäischen Zentralbank eine ganze Reihe von Kennzahlen und testeten wie sich diese in verschiedenen Szenarien bis 2018 entwickeln dürften.
Zum einen spielte die EBA durch, wie es den Banken gehen wird, falls die Vorhersagen der Europäischen Kommission zur Konjunktur in den nächsten Jahren eintreten (Basisszenario). Zum anderen testeten sie die Institute auch im Szenario einer sehr viel schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung (Adverses Szenario).
So haben die neun geprüften deutschen Banken abgeschnitten:
Kernkapitalquote (2015): 11,99 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,41 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,34 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -365
Kernkapitalquote (2015): 12,13 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,13 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,42 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -471
Kernkapitalquote (2015): 13,50 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,17 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,53 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -397
Kernkapitalquote (2015): 11,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,08 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,80 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -332
Kernkapitalquote (2015): 15,98 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 15,58 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -658
Kernkapitalquote (2015): 13,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,42 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 10,10 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -301
Kernkapitalquote (2015): 12,09 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,16 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,62 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -347
Kernkapitalquote (2015): 42,54 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 39,44 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 35,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -714
Kernkapitalquote (2015): 11,67 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,90 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,55 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -211
„Der Stresstest zeigt, dass die deutschen Banken gerüstet sind, diesen ausgeprägten Schocks zu widerstehen", sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und zeigte sich zufrieden mit dem Abschneiden der deutschen Institute. Auch die Banken selbst zeigten sich erleichtert. „Wir sind 2016 mit einem besseren Ergebnis aus dem Test herausgekommen als 2014, obwohl der diesjährige Test anspruchsvoller war“, sagte Deutsche Bank-Chef John Cryan. Commerzbank-Risikovorstand Marcus Chromik erklärte, die Bank sei „widerstandsfähig und stressresistent“.
So schön das klingt, der Stresstest darf nicht verklären, dass die beiden börsennotierten deutschen Banken dringend ihre Kapitaldecke stärken müssen, allen voran die Deutsche Bank. Das Institut strebt bis Ende 2018 eine harte Kernkapitalquote von mindestens 12,5 Prozent an, kommt auf diesem Weg allerdings kaum voran. Ende Juni lag die Quote gerade mal bei 10,8 Prozent.
Fraglich ist vor allem, wo das frische Kapital herkommen soll. Eine Kapitalerhöhung, so heißt es, will Bankchef Cryan vorerst um jeden Preis vermeiden. Zunächst stehen andere Dinge an, unter anderem sollen die Rechtstreitigkeiten in den USA beigelegt werden, bevor ein Gang zum Kapitalmarkt in Frage käme.