Das Beispiel zeigt, wo die Reise hingeht. Vor einiger Zeit waren Plattformen, auf denen Bankkunden auf mehrere Konten gleichzeitig zugreifen konnten, ein Angebot, was Fintechs wie beispielsweise N26 vorbehalten war. Mittlerweile gehören solche Apps und Plattformen allerdings auch bei den „alten“ Banken zum Standard. Selbst zehn große Sparkassen arbeiten zusammen an „Yomo“, einer ähnlichen App, mit der alle Bankgeschäfte über das Smartphone abgewickelt werden können. Fintechs müssen sich also ebenfalls schnell weiterentwickeln, um ihr Alleinstellungsmerkmal nicht zu verlieren.
Kopieren
Einige Banken geben dagegen offen zu, Modelle von Fintechs im Zweifel auch einfach zu kopieren. Eines der bekanntesten Kopier-Beispiele ist Paydirekt, das Online-Bezahlsystem deutscher Banken und Sparkassen. Als Vorbild für mehr Nachahmerei dient das allerdings bisher nicht. Zunächst kam das Projekt nicht ins Laufen, der Start verzögerte sich immer weiter. Vor allem bei den Sparkassen nahmen Absprachen und Sicherheitsbedenken vor der Einführung der Paypal-Kopie viel Raum ein. Letztlich weihten die Sparkassen das Projekt erst im Rahmen des Sparkassentags im Mai ein, während einige andere Banken wie die Commerzbank Paydirekt schon im November 2015 für ihre Kunden bereit hielten.
Die lange Wartezeit hat das Produkt nicht unbedingt besser gemacht. „Die Bedienung ist ein Alptraum“, sagt ein Fintech-Unternehmer hinter vorgehaltener Hand. Die Banken und Sparkassen hätten damit versucht, ein nicht existentes Problem zu lösen. Schließlich gibt es mit Paypal bereits einen global aktiven Zahlungsdienstanbieter, da war also gar keine Lücke.
So digitalisieren Banken ihr Geschäftsmodell
Durch Auswertung des Kundenverhaltens über alle Kanäle (Online, Mobil, Filiale) können Kundenbedürfnisse besser gefiltert werden und so der ideale Zeitpunkt für eine individuelle Kundenansprache identifiziert werden.
Quelle: Roland Berger
Die Neukundengewinnung ist in den letzten Jahren sehr schwierig geworden. Banken müssen daher innovative Ideen entwickeln, um Neukunden mit einfachen und digitalisierten Produkten zu überzeugen.
Es reicht nicht aus, Geschäftsmodelle zu optimieren. Banken müssen auch ihr Wachstum vorantreiben und neue Geschäftsfelder erschließen.
Durch Kooperationen mit branchenfremden digitalen Playern oder FinTech-Unternehmen bekommen Banken direkten Zugang zu innovativen Ideen und lernen die Denkweise der "Digital Natives".
Fehler müssen erlaubt sein, denn nur so können sich Organisationen in dem sich ständig ändernden digitalen Umfeld weiterentwickeln.
Digitalisierung ermöglicht eine neue Art des Kundenservice. Um diese Chancen nutzen zu können, muss ein radikaler Kulturwandel in den Banken stattfinden.
Die Digitalisierung muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Back Office stattfinden, damit auch komplexe Finanzprodukte schnell und zuverlässig abgewickelt werden können.
Erfolgversprechender ist ein Commerzbank-Projekt - auch Deutschlands zweitgrößte Bank scheut sich nicht, Fintechs im Zweifel zu kopieren. Vorstandschef Martin Zielke erklärte vor kurzem, man könne jeweils schnell entscheiden, ob man kooperieren wolle oder ein Geschäftsmodell übernehmen. Ihre Kontowechsel-App, mit der Kunden ihr Konto per Handy umziehen können, wird beispielsweise vom Start-up Fino Digital betrieben und auch entwickelt. Zugleich hat die Bank über ihre Innovationsplattform main incubator im Juni Main Funders gegründet, eine Online-Plattform zur Kreditvergabe.
Dabei handelt es sich um einen Online-Marktplatz, auf dem Kreditsuchende und Geldgeber direkt zusammengebracht werden. Bisher waren es vor allem Fintechs wie Auxmoney oder Funding Circle, die den Markt für diese sogenannte „Peer-to-peer“-Kreditvergabe bestimmten. Nun können auch Commerzbank-Firmenkunden auf Main Funders direkt um eine Finanzierung ihrer Projekte werben.
Die Probleme der FinTech-Branche
Geschäftsmodell: Schwarmkredite
Nutzer: 1.173.000
Eigentümer: Index Ventures, Union Square Ventures
Probleme: Viele Inkassofälle
Geschäftsmodell: Schwarmkredite
Nutzer: 250.000
Eigentümer: Rocket Internet
Probleme: Strengerer Kleinanlegerschutz
Geschäftsmodell: Anlagen im Ausland
Nutzer: 25.000
Eigentümer: Index Ventures, Ribbit Capital
Probleme: Konkurrenz durch Klone
Geschäftsmodell: Mittelstandsfinanzierung
Nutzer: 43.000
Eigentümer: Index Ventures, Temasek, Blackrock
Probleme: Strengerer Kleinanlegerschutz
Der Vorteil gegenüber den reinen Fintechs: Die Plattform ist nur für Commerzbank-Kunden zugänglich, im Hintergrund besteht also eine gemeinsame Basis für Transaktionen. Bisher sei das Interesse sehr groß, heißt es bei main incubator auf Anfrage. Zu der Frage, ob bereits ein Kredit über den Marktplatz vermittelt wurde, wollte sich main incubator nicht äußern.
Kein Allheilmittel
Eine Patentlösung gibt es laut Marktbeobachtern nicht. „Banken sollten sich nicht festlegen, sondern von Fall zu Fall prüfen, ob sie kooperieren, kopieren oder vielleicht kaufen wollen“, sagt KPMG-Experte Korschinowski. Eins ist gleichzeitig klar: eine Modeerscheinung, ein vorübergehendes Phänomen, sind Fintechs nicht. Je flexibler Banken also im Umgang mit den jungen Technologieunternehmen sind, desto besser.