Bankenrettung in Italien Und wieder müssen Steuerzahler für Pleitebanken zahlen

Bei der Abwicklung zweier Banken im Veneto werden Milliarden aus der Staatskasse fließen. Damit wird das politische Versprechen gebrochen, wonach Misswirtschaft in der Finanzbranche nicht vom Steuerzahler aufgefangen werden soll.

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Und wieder müssen Steuerzahler für die Abwicklung zweier Pleitebanken zahlen. Quelle: REUTERS

Es war ein großes Versprechen. „Nie wieder“ würden Steuerzahler für die Misswirtschaft im Bankensektor aufkommen müssen, versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel im November 2014. Neue EU-Regeln für die Bankenabwicklung sollten dafür sorgen, dass Anteilseigner die Kosten einer Insolvenz tragen sollten – und nicht der Steuerzahler, wie es in der Finanzkrise so oft der Fall war. Die Regeln zur Bankenabwicklung sind Teil eines Großprojekts, das sich Bankenunion nennt und die europäische Finanzwirtschaft krisensicher machen sollte.

Doch die Regeln sind nichts wert. Am Sonntag Abend hat die EU-Kommission Subventionen für zwei Pleitebanken in der italienischen Region Veneto genehmigt. 4,8 Milliarden Euro an Staatsgeldern und zwölf Milliarden an Staatsgarantien sollen Gläubiger und Einleger der Veneto Banca und der Banca Populare di Vicenza vor Verlusten schützen. Einlagen sind nach EU-Recht bei einer Insolvenz nur bis zu einem Maximalbetrag von 100.000 Euro gesichert.

Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. „Das ist eine empörende Umgehung der Regeln der europäischen Bankenunion“, urteilt der finanzpolitische Sprecher der Grünenfraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold. „Wie schon beim Stabilitäts- und Wachstumspakt droht nun auch die Unglaubwürdigkeit der EU-Regeln der Bankenunion.“ Ähnlich entsetzt reagiert der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament, Markus Ferber (CSU): „Mit dieser Entscheidung geleitet die Kommission die Bankenunion zum Sterbebett.“

Wie konnte es zu dem Sündenfall kommen?

Die Einheitliche Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank war am Freitag zu dem Ergebnis gekommen, dass beide Banken vor der Insolvenz standen, nachdem sie mehrfach Kapitalanforderungen unterschritten hatten. Beiden Instituten war es nicht gelungen, sich frisches Kapital zu beschaffen. Die Europäische Bankenabwicklungsbehörde (SRB) unter der Leitung von Elke König hat beschlossen, dass eine Abwicklung nach europäischen Regeln nicht „im öffentlichen Interesse“ sei. Aus dieser Entscheidung folgte, dass die beiden maroden Banken nach italienischem Insolvenzrecht abgewickelt werden.

Italiens große Baustellen

Dabei muss der italienische Staat die weit weniger strengen Vorlagen der Bankenmitteilung der EU von 2013 beachten und nicht die Regeln EU-Abwicklungsrichtlinie. Die Italiener dehnten freilich auch noch die Möglichkeiten, die in der Bankenmitteilung vorgesehen sind, in höchst eigenwilliger Weise. Sie haben alle bevorzugten Gläubiger von der Haftung freigestellt. Dies soll eigentlich nur passieren, wenn andernfalls eine schwere Finanzkrise droht. Da es sich bei den bevorzugten Gläubigern in der Mehrzahl um Privatanleger handelte, wollte die italienische Regierung diese schützen – und nahm in Kauf, dass Steuerzahler die Rechnung bezahlen müssen.

Versprechen gebrochen, Regeln zu lasch

Die Vorgänge in Italien sind gleich aus mehrfacher Sicht irritierend. Zum einen zeigen sie, wie leer das Versprechen der Bankenunion war, Steuerzahler würden künftig nicht mehr zur Kasse gebeten. Gleichzeitig zeigen sie aber auch, dass die Regeln der Bankenunion zu lasch sind, wenn die Abwicklung kleiner Banken dann doch wieder national geschieht und nationale Regierungen dabei ihre Klientel bedienen können, in diesem Fall Privatinvestoren. „Die Angst vor der politischen Folgen der Gläubigerhaftung in Italien überwogen jede wirtschaftliche Vernunft“, kritisiert Giegold.

Wenn die EU-Kommission nun die italienischen Machenschaften mitträgt, dann widerspricht das auch der politischen Vernunft. Die Politik hatte den Bürgern versprochen, die Finanzwirtschaft zu zügeln. Banken haben nun keinen Anreiz, mit Augenmaß zu wirtschaften. Sie können in manchen Ländern der EU weiterhin darauf hoffen, im Ernstfall vom Staat gerettet zu werden.

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