Bankenzukunft Banken - eine vom Aussterben bedrohte Spezies?

Während die Banken noch gegen die Regulierer und um das Vertrauen ihrer Kunden kämpfen, wollen ihnen neue Player aus Bereichen wie Mobile Payment oder Crowdfunding Marktanteile wegschnappen.

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Quelle: Marcel Stahn

Die Handlung des neuen Werbespots der Commerzbank ist nichts Besonderes. Eine junge Frau im Kapuzenpulli joggt durch Frankfurt, über den Main, vorbei an Marktständen läuft sie zu ihrem Arbeitsplatz, einem der großen Bankentürme. Die Joggerin ist Filialleiterin bei der "Bank an deiner Seite".

Besonders sind allerdings die Fragen, die der Spot stellt. "Woran liegt es, dass man den Banken nicht mehr vertraut?", fragt die Protagonistin. Es ist einer der ersten Versuche einer großen Bank, in aller Öffentlichkeit Fehler einzuräumen. Ob die Kunden ihrer Bank die neuen Einsichten abnehmen, sei einmal dahin gestellt. Diese Geschichte ist eine andere. Denn dieser neue, scheinbar selbstkritische Ton der Bank zeigt vor allem eins ganz deutlich: Die Finanzindustrie steckt in einem großen Dilemma, denn sie hat das Vertrauen ihrer Kunden nahezu komplett verspielt.

Nicht erst seit der Finanzkrise vertrauen Verbraucher ihrer Bank nicht mehr. Skandale gibt es schließlich weit und breit. Allein in der Affäre um den manipulierten Interbankenzinssatz Libor stehen zahlreiche Großbanken wie die Deutsche Bank oder die Schweizer UBS unter Verdacht. Namen von Händlern, die Milliarden verzockt haben, sind mittlerweile nicht mehr nur in Finanzkreisen geläufig. Jérôme Kerviel beispielsweise, der durch seine Zockereien sogar die Société Générale an den Rand des Ruins brachte, immerhin das zweitgrößte Institut Frankreichs.

Die größten europäischen Banken
Banco Santander Quelle: REUTERS
UBS Quelle: REUTERS
Lloyds Banking Quelle: dapd
ING Quelle: dapd
Société Générale Quelle: dpa
Royal Bank of Scotland Quelle: dapd
Crédit Agricole Quelle: dpa

Man könnte meinen, dass diese großen, öffentlichen Skandale der Großbanken den Kunden einer regionalen Sparkasse oder Volksbank wenig interessieren. Das mag sein. Allerdings sind Libor und Co. längst nicht der einzige Grund, warum Kunden ihrer Bank nicht mehr vertrauen. Viel tiefer sitzt das Unbehagen, Kunden fühlen sich nicht mehr gut beraten. Im Gegenteil, sie fühlen sich verraten und verkauft. Das Misstrauen, der Berater könnte einem die angeblich so renditeträchtige Lebensversicherung nur verkaufen, weil er selber dafür die höchste Provision kassiert, ist zu groß geworden. "Das Vertrauen der Bevölkerung in die Bankindustrie ist durchaus angeknackst", gibt auch Klaus Schilling, Bankberater bei Steria Mummert Consulting, zu.

Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) vertrauen nur noch 29 Prozent der Verbraucher ihrem Geldinstitut ganz oder zumindest überwiegend. Die Finanzindustrie hat damit die rote Laterne inne, sie liegt im Vergleich zu anderen Branchen auf dem letzten Platz. Selbst die Bundesregierung – normalerweise auch nicht gerade ein Vertrauensgarant – liegt mit 34 Prozent etwas weiter vorne in der Gunst der Verbraucher. Zum Vergleich: In anderen Ländern genießen Banken Vertrauenswerte von rund 80 Prozent.

Bisher nur am Rand betroffen

Genau dieser Vertrauensverlust könnte für eine große Umverteilung in der Bankindustrie sorgen. Glaubt man den Autoren des Buches "Finanzdienstleister der nächsten Generation – Die neue digitale Macht der Kunden", gibt es zahlreiche Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen, die den Vertrauensverlust der Bankkunden ausnutzen und den Großen in den nächsten Jahren dicht auf die Pelle rücken dürften. Das Buch enthält zahlreiche Artikel, die sich mit Trends und neuen Modellen der Bankbranche beschäftigen. Der Vertrauensverlust der etablierten Banken führe dazu, dass "global tätige Finanzkonzerne mit bekannten Namen in der Wahrnehmung nicht mehr per se als stabiler als neue Anbieter angesehen werden", schreiben Herausgeber Robert Lempka sowie Thomas Winkler und Marc Bernegger von der Next Generation Finance Invest AG, einer auf Finanz-Start Ups fokussierten Beteiligungsgesellschaft.

Die Aufsätze von Matthias Lamberti, Robert Lempka, Thomas Winkler, Marc Bernegger, Karl Matthäus Schmidt, Dirk Elsner und vielen mehr finden Sie in

Ähnlich sieht das Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Berliner Quirin Bank, einer Bank, die ausschließlich auf Honorarberatung setzt. "Die Bankbranche wird durch neue Player aufgebrochen, die den Vertrauensverlust der Banken für sich nutzen", sagt Schmidt. Denkbar seien beispielsweise Gehaltskonten bei PayPal, der Kauf von Anlageprodukten über Onlinehändler wie Amazon oder das iPhone als mobiler Bankschalter.

Stehen diese neuen Player schon längst in den Startlöchern? "Anders als andere Branchen war die Bankindustrie von der Digitalisierung bisher nur am Rand betroffen", sagt Schmidt. Anders sei das beispielsweise in der Musikbranche. Dort seien durch digitale Plattformen wie YouTube über 40 Prozent der Umsätze weggebrochen. "Die zunehmende Digitalisierung wird jetzt auch die Bankbranche treffen – und zwar nicht ohne Folgen", sagt Schmidt. Aber wie könnten die Folgen aussehen? Manch einer fragt sich bereits, ob Banken überhaupt noch gebraucht werden. So weit will Schmidt nicht gehen. Aber: "In den nächsten zehn Jahren wird es massive Veränderungen geben, bis hin zum Filialsterben und einem dramatischen Einbruch der Erlöse im Privatkundengeschäft", sagt Schmidt. Die Restrukturierung werde eine dauerhafte Aufgabe von Bankmanagern bleiben.

„Das Thema Digitalisierung steht bei den Bankmanagern oben auf der Prioritätenliste“, sagt Schilling. Das Problem werde ähnlich gravierend eingestuft wie die zunehmenden regulatorischen Anforderungen seitens der Regierung. Der aktuelle Vertrauensverlust in der Bevölkerung werde dagegen eher als ein temporäres Problem betrachtet. Allerdings geht nur eine Minderheit davon aus, dass der Vertrauensschaden schnell zu kitten sei.

Doch wer sind die digitalen Angreifer, die den Banken ihre Geschäfte streitig machen? Ein Blick in einzelne Geschäftsfelder der Branche zeigt, dass die Angreifer der neuen Finanzgeneration gegenüber der alten Generation bereits viel Boden gut gemacht haben.

Zahlungsverkehr

Das Smartphone als Einkaufsbegleiter
Wo das Smartphone beim Einkauf zum Einsatz kommtVirtueller SupermarktDie Schweizer Handelskette Coop betreibt in Zürich den ersten virtuellen Supermarkt. Passanten können im Vorbeigehen auf der bunten Plakatwand das gewünschte Produkt via Smartphone einscannen und bezahlen, und erhalten den Einkauf wenige Stunden später nach Hause geliefert. Quelle: Pressebild
Produkt-ScannerDas Berliner Startup Barcoo hat eine gleichnamige App veröffentlicht, die dem Benutzer, neben den gängigen Packungsangaben, zusätzliche Informationen zu Produkten liefert. Scannt der Benutzen den Barcode eines Artikels ein, gibt die App Auskunft über Testberichte, CO²-Bilanzen, Allergenen sowie Herkunft der Inhaltsstoffe, und findet dank Preisvergleich zudem den günstigsten Anbieter. Quelle: Pressebild
Drive-in-EinkaufIn einem Real-Markt in Köln-Porz entfällt künftig auch das Schleppen der Einkäufe. Die gewünschten Produkte werden per Smartphone eingescannt, anschließend wird der Einkauf bequem an einem Drive-In-Schalter bezahlt. Supermarkt-Helfer bringen daraufhin den Einkauf bis ans Auto. Quelle: Pressebild
Mobile BestellungBei der US-Imbisskette The Melt entfällt künftig das Warten an der Theke. Per App lässt sich das gewünschte Mittagessen vorbestellen und bezahlen, der Kunde braucht es anschließend nur noch im Lokal abzuholen.
Virtueller KleidertauschMit der App der Modekette Debenhams kann man sich den Gang in die Umkleidekabine sparen. Das Sortiment des Geschäfts lässt sich bequem auf dem Smartphone oder Tablet durchstöbern - und sogar anprobieren. Quelle: Pressebild
Der AufbauhelferKünftig hilft das Smartphone auch bei der Montage von Möbeln. Wirft die handelsübliche Bauanleitung eines Möbelstücks mehr Fragen auf , als sie klärt, reicht ein kurzes Berühren des Papiers mit dem Handy, und ein Montagevideo wird abgespielt. Quelle: Pressebild

Eine große Angriffsfläche für die neue digitale Finanzwelle bietet der klassische Zahlungsverkehr, bis vor einigen Jahren eine bombensichere Einnahmequelle für Geldinstitute. Hier fürchten die Institute mittlerweile um ihre Marktanteile – zu Recht. Denn wer online kauft, wickelt seine Zahlung oft mit Hilfe von Internet-Bezahldiensten wie PayPal ab. Das klassische Lastschriftverfahren droht, ins Hintertreffen zu geraten.

Denn PayPal, ein Tochterunternehmen des Onlinehändlers Ebay, streicht nicht nur die Transaktionen ein, sondern geht so auch auf Datenfang. Schließlich geben die Kunden bereitwillig ihre Kreditkartendaten preis – werden die beim Online-Bezahldienst gespeichert, ist das neue Küchengerät noch viel schneller bezahlt. Gleichzeitig generieren Banken so weniger Daten und verlieren wichtige Informationen über ihre Kunden.

Mittlerweile drängen immer mehr Bezahldienste auf den Markt. Erst Anfang dieser Woche machte der Kurznachrichtendienst Twitter seine Andeutungen wahr und verkündete, in Zukunft eine mobile Bezahlfunktion anzubieten. Kunden von American Express sollen ihr Kreditkartenkonto in den USA mit ihrem Twitter-Account verknüpfen können und dann per Hashtag bezahlen. Zwar soll das Angebot zunächst nur für Rabatte verfügbar sein, also eher wenig massentauglich sein. Beobachter halten es dennoch nur für eine Frage der Zeit, bis auch generell mit derartigen Online-Diensten bezahlt werden kann.

Noch vor Twitter dürfte allerdings das Smartphone zur mobilen Geldbörse werden – nicht nur für Käufer, sondern vor allem für Verkäufer. Denn auch kleine Händler oder sogar Obstverkäufer auf dem Wochenmarkt könnten in Zukunft die Zahlung per Kreditkarte anbieten – dank kleiner Kartenlesegeräte, die ans Smartphone angesteckt werden können. Gemeinsam mit einer entsprechenden App ist mobiles Bezahlen so nahezu überall möglich. Wie so häufig kommt auch dieses Modell aus den USA. Das Start-Up Square erobert dort kräftig Marktanteile. Vor allem der Einstieg der Kaffeekette Starbucks hat dem Unternehmen Schub verliehen. Amerikaner können ihren Café Latte auf dem Weg zur Arbeit jetzt per Smartphone bezahlen. Auch Kartenzahlungen wickelt Starbucks über Square ab.

Einen richtigen Durchbruch hat mobiles Bezahlen in Deutschland bisher noch nicht feiern können, die Erträge sind zu vernachlässigen. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass sich das in den kommenden Monaten ändern könnte. Dafür drängen einfach zu viele Anbieter auf den Markt. Beispielsweise bietet iZettle das mobile Kartenterminal fürs Smartphone. Das schwedische Start-Up ist seit Oktober letzten Jahres in Deutschland aktiv und hat vorher bereits Erfahrung in Skandinavien und Großbritannien gesammelt. Der Clou der Schweden: Sie bieten das Ansteckgerät auch Privatpersonen an. Selbst der Verkäufer auf dem Flohmarkt oder die Studentin, die sich durch Babysitten etwas dazuverdienen will, kann iZettle nutzen.

Mobile Payment

Die besten Shopping-Apps
Die besten Apps zum EinkaufenAmazon MobileDie App des US-Versandhändlers beeindruckt mit ihrer visuellen Produktsuche „Memo“ : Fotografiert der Nutzer ein beliebiges Produkt, erscheint kurz darauf der Link zur passenden Amazon-Seite. Bilderkennung und fleißige Mitarbeiter machen es möglich. Quelle: Screenshot
BarcooWer per Handykamera den Barcode auf einer Verpackung scannt, dem verrät die App Barcoo des Berliner Software-Anbieters checkitmobile unter anderem, wie viel das Produkt in anderen Läden kostet, welche Nährwerte es hat oder ob es Laktose enthält. Quelle: Screenshot
CoupiesWas früher das Gutscheinheft war, ist heute Coupies: Die App des gleichnamigen Kölner Startups zeigt Rabatte von Läden in der Umgebung an – zwei Mittagessen zum Preis von einem etwa oder Prozente beim Einkauf im Geschäft um die Ecke. Quelle: Screenshot
FastmallDas US-Startup FastMall hat Einkaufszentren in 31 Ländern kartiert. Besucher können sich per App wie mit einem Navi zum Shop ihrer Wahl führen lassen. Auch aktuelle Angebote von Geschäften blendet das Programm auf der Karte ein. Quelle: Screenshot
GrouponDas US-Werbeunternehmen Groupon vermittelt Rabatte in Geschäften, Online-Shops oder Restaurants, die nur dann zustande kommen, wenn sich genügend Interessenten finden. Mit der App können Nutzer per Mobiltelefon Angebote in der Nähe suchen, sie einkaufen und die Gutscheine vor Ort einlösen. Quelle: Screenshot
OdifyIm Restaurant nicht mehr auf den Kellner warten, sondern gleich per Smartphone bestellen: Das soll bald mit der App Ordify des Göttinger Startups Orderpass möglich sein. Darin können Restaurants ihre Speisekarten digital anbieten. Bestellt ein Kunde ein Menü, dann geht die Order auf direktem Weg in die Küche. Quelle: Screenshot
RepositoMit der App des Karlsruher Startups Reposito lassen sich Kassenzettel abfotografieren und in einem Online-Archiv als rechtsgültige Kopie für den Garantiefall aufbewahren. Per E-Mail erinnert die App automatisch an ablaufende Garantie- und Gewährleistungsfristen. Die App meldet sich auch, wenn ein Produkt aus dem Kassenzettelarchiv über das EU-Schnellwarnsystem Rapex zurückgerufen wird. Quelle: Screenshot

Neben iZettle drängt das deutsche Start-Up Payleven in den Markt für mobile Kartenzahlung. Gegründet von der Geburtsstation für Start-Ups, Rocket Internet, war auch hier das amerikanische Square das große Vorbild. Angesichts dieser zahlreichen neuen Marktteilnehmer ist es kaum verwunderlich, dass auch Bankmanager das Bezahlen per Smartphone als ernsthafte Konkurrenz betrachten. Fast 90 Prozent von ihnen glauben, dass sich bis 2020 die bargeldlose Bezahlung von EC- und Kreditkarten hin zu Smartphones und anderen mobilen Geräten wie Tablets verlagert. Das ergab eine von Steria Mummert und den Marktforschern von Lünendonk erstellte Studie zum Thema Zukunft der Banken 2020.

Aber was konkret heißt das für die Banken? Haben die den Kampf gegen die Angreifer schon verloren, bevor er überhaupt begonnen hat? "Die Banken haben erkannt, dass da einige neue Anbieter auf den Markt drängen", sagt Branchenkenner Schilling. Dementsprechend gebe es auch in den großen Häusern Überlegungen zur Einführung von neuen Systemen. Die dürften allerdings noch eine Weile auf sich warten lassen. Dennoch sieht Schilling noch keinen Grund zur Panik in den Frankfurter Banktürmen. "Generell befinden wir uns bei mobilen Bezahlsystemen noch in der Experimentierphase", sagt Schilling. "So schnell wie bisher erwartet, dürften sich diese aber nicht durchsetzen." Viele Anbieter werden sich ausprobieren, fraglich sei aber, ob sich die vielen kleinen Akteure alle am Markt halten würden. Wahrscheinlicher sei, dass sich am Ende einige wenige große Player durchsetzen werden.

Einer davon könnte Google sein. Lange waren es nur Gerüchte, der Suchmaschinenkonzern hätte eine Banklizenz. Im vergangenen Herbst kam dann die Meldung, der Konzern vergebe in Großbritannien Kredite an Händler – über eine eigene Kreditkarte. Bisher dient das wohl nur dazu, die Händler stärker an das Unternehmen zu binden. Dennoch: Mit Google Wallet verfügt auch der Suchmaschinenriese über ein eigenes Online-Bezahlsystem. Der Schritt zur Bank scheint nicht mehr weit. Und es gibt nicht wenige, die erwarten, dass zumindest ein Teil der Sparer dem US-Konzern ihr Geld ohne mit der Wimper zu zucken anvertrauen würde. Der Vertrauensverlust der alten Finanzgeneration macht’s möglich.

Das sind die größten Banken Deutschlands

Ob das allerdings für das Gros der Deutschen gilt, bleibt fraglich. Nicht nur, dass Konzerne wie Google hierzulande als Datenkraken gelten und ebenfalls nicht das beste Image genießen. Unabhängig von den Datenschutzbedenken sind deutsche Verbraucher für ihre große Vorliebe für Bargeld bekannt. Anders als unsere nordischen Nachbarn in Skandinavien, die fast alles mit Kreditkarte zahlen, greifen Deutsche gerne zum Geldschein.

Eine im Oktober letzten Jahres veröffentlichte Studie der Bundesbank zur Bargeldnutzung zeigt, dass Bargeld in Deutschland weiterhin die beliebteste Zahlungsform ist. Demnach verwenden private Verbraucher bei 53 Prozent ihrer Einkäufe und Ausgaben Bargeld. Zwar ist der Anteil gegenüber dem Jahr 2008 leicht um rund fünf Prozent gesunken. Dennoch scheint die Entfernung vom Bargeld in Deutschland nur sehr langsam voranzugehen. Während 2008 im Schnitt jeder 118 Euro im Portemonnaie hatte, sind es aktuell noch 103 Euro.

Crowdfunding boomt

Internationale und deutsche Crowdfunding-Plattformen
Kickstarter
startnext
MySherpas
VisionBakery
IndieGoGo
ArtistShare

Von dieser Vorliebe für Scheine und Münzen könnten Banken und Sparkassen am Ende profitieren, da sie anhand der Geldautomaten die Kunden in ihre Filiale locken. Denn am Bankschalter war es spürbar ruhiger geworden. "Zuletzt wurde deutlich, dass der Kontakt mit den Kunden in der Filiale rückläufig ist", sagt Steria Mummert-Berater Schilling. Die Banken hätten das aber mittlerweile erkannt und würden an Konzepten arbeiten, um der Entwicklung entgegenzuwirken.

Finanzierung und Kreditvergabe

Auch in den Geschäftsbereichen der Unternehmensfinanzierung oder der Kreditvergabe gibt es neue Akteure, die im Geschäftsbereich der Banken wildern. Es wäre allerdings vermessen zu behaupten, die Banken müssten bereits um ihre Vorherrschaft fürchten. Beispielsweise bei der privaten Kreditvergabe. Unternehmen wie Smava oder Auxmoney bieten Kredite von Privat an Privat, das sogenannte Peer-to-Peer Lending. Der eine bekommt ein Darlehen, der andere kassiert dafür Zinsen. So die Theorie. Doch gerade in Deutschland sind die Modelle bisher nicht aus ihrem Nischendasein heraus gekommen. Verbraucher sind zu Recht skeptisch, denn bei den Darlehen handelt es sich um sogenannte verwendungszweckfreie Kredite. Außerdem können sich die Verbraucher denken, dass Banken den Kreditsuchenden auf Smava oder Auxmoney das Geld nicht ohne Grund verweigern.

Besser sieht es dagegen im Bereich Crowdfunding aus, in Deutschland auch Crowdinvesting genannt. Die Schwarmfinanzierung boomt, immer mehr Portale kommen hinzu. Und so langsam professionalisieren sich die Portale zur Finanzierung von jungen Unternehmen. Mit Bergfürst verfügt mittlerweile der erste Anbieter auf dem Markt über eine Lizenz der Finanzaufsicht BaFin und darf deshalb mehr als 100.000 Euro vom Schwarm der Anleger einsammeln. Auch Seedmatch, die erste Plattform in Deutschland, bietet mittlerweile Finanzierungen bis 250.000 Euro an. Ob das Segment auch für Anleger lukrative Renditen bringt, wird sich allerdings erst in den nächsten Jahren zeigen. Erst dann dürften die ersten finanzierten Start-Ups die kritische Anfangsphase verlassen und Geld verdienen.

Die wichtigsten Fakten zu Crowdfunding

Allerdings sind die Banken weiterhin sehr zurückhaltend, was die Kreditvergabe anbelangt. Davon profitieren die Portale. "Der Trend weg von der Bankenfinanzierung hin zu alternativen Finanzierungsformen dürfte sich angesichts verschärfter regulatorischer Rahmenbedingungen fortsetzen", schreibt Dirk Elsner, Betreiber des beliebten Branchen-Blogs Blick Log, in seinem Beitrag in "Finanzdienstleister der nächsten Generation". Doch trotz der großen Zahl an Plattformen spiele Crowdfunding als wirkliche Alternative der Finanzierung von Unternehmen bisher keine Rolle. Im Sommer letzten Jahres lag das Marktvolumen gerade einmal bei insgesamt rund vier Millionen Euro.

Akuter Handlungsbedarf

Während der Überweisung eingeschlafen: Die spektakulärsten Bankenpannen
Citigroup Quelle: dpa
Fehlerquelle „Kopieren und Einfügen“: Die stolze Summe von 4.632.124.357.000.001 Euro hat die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See in Essen von einer Frau aus dem Schwarzwald 2015 gefordert. In einem Brief von Anfang März hatte die Minijob-Zentrale angekündigt, den 16-stelligen Betrag erneut von ihrem Konto einzuziehen. Der erste Abbuchungsversuch sei aus nicht ersichtlichen Gründen gescheitert. „Das Schreiben ging tatsächlich so raus“, bestätigte ein Sprecher. Zu dem Fehler sei es gekommen, weil eine Mitarbeiterin statt der zu zahlenden Summe eine Kundennummer in das Formular kopiert hatte. Tatsächlich sei es um einen niedrigen dreistelligen Betrag gegangen. Die Billiarden seien allerdings nie abgebucht worden, weil das Missgeschick zeitig aufgefallen sei. Bei einer Sozialversicherung mit 26.000 Mitarbeitern kämen natürlich Fehler vor, erklärte der Sprecher. „Dass aber jemand zu solch einer hohen, falschen Zahlung aufgefordert wird, ist nach meinem Wissen einmalig“, sagte Buschfort. Bei Banken kommen solche Pannen dagegen offenbar häufiger vor... Quelle: dpa
Weil ein Angestellter der Frankfurter Volksbank bei der Arbeit kurz einschlief, wäre ein Rentner beinahe um 222.222.222,22 Euro reicher gewesen, berichtete Spiegel Online 2013. Der Mann blieb mit dem Finger auf der "2" hängen und wies so statt 62,40 Euro mehr als 222 Millionen Euro an. Selbst bei einer Prüfung, die für alle Überweisungen jenseits von 100.000 Euro fällig ist, fiel der Fehler nicht auf. Erst ein dritter Mitarbeiter bemerkte, dass da irgendwas nicht stimmen kann, und stoppte die Überweisung. Pech für den Rentner, Glück für die Bank - denn die wäre im Zweifelsfall auf dem Schaden sitzen geblieben. Und die Geschichte wird noch kurioser: Denn der Mann, dem der Vertipper unterlief, war gar nicht befugt, die Beträge zu ändern. Er sollte lediglich die Bankleitzahl prüfen. Die Mitarbeiterin, die die Überweisung nicht genau genug prüfte, verlor ihren Job - konnte sich aber mittlerweile erfolgreich zurück ins Unternehmen klagen. Quelle: imago images
2012 wurde ein indischer Oberschullehrer über Nacht zum Milliardär. Grund war eine Fehlbuchung seiner Bank. Statt der erwarteten Zinszahlung von umgerechnet 150 Euro sah er plötzlich ein Guthaben von 496 Milliarden Rupien (7,5 Milliarden Euro) auf seinem Konto. Die betroffene Bank erklärte, es sei unklar, wie es zu dem Irrtum kam. Quelle: imago images
Während sich der Inder für einen Tag als Milliardär fühlen konnte, traf den dänischen Elektriker Dennis Pallesgaard bei der Kontrolle seiner Kontoauszüge fast der Schlag: Statt der erwarteten Abbuchung von 3200 Kronen für eine Hypothek wies die Bank einen Fehlbetrag von rund 63 Milliarden dänischer Kronen aus (etwa 8,5 Milliarden Euro). Der Grund für die Panne war schnell gefunden: Statt der Abbuchungssumme war die Kontonummer von seinem Konto abgezogen worden. Quelle: dpa
KfW Quelle: dpa
Bank of America Quelle: REUTERS

Eine echte Gefahr für Banken besteht also nicht, lediglich Alternativen. Außerdem darf keiner vergessen, dass auch Dienste wie Smava auf die Kooperation mit Banken angewiesen sind. Diese sind dazwischengeschaltet, um die aufsichtsrechtliche Abwicklung der Geschäfte zu übernehmen, da Smava oder Auxmoney eben keine Banklizenz haben.

Beratung

Die Beratung ist der Kernbereich, in dem klassische Banken das Vertrauen der Kunden verloren haben. Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Das haben scheinbar auch die Banken erkannt und wittern hier ihre Chance. "Vor allem in der Beratung sind die Banken intensiv damit beschäftigt, ihre mobilen Konzepte umzusetzen", sagt Schilling. Während die Institute im Bereich der Smartphone-Apps schon gut aufgestellt seien, sei die Integration von Tablet und Co. in die Kundenberatung der nächste Schritt. Anhand der mobilen Geräte soll die Beratung für den Kunden wieder transparenter werden. Gleichzeitig wird sie so flexibler. Während in einigen kleineren Häusern bereits laut über Beratung per Video nachgedacht wird, könnten andere zumindest Videoschaltungen mit externen Experten in ihren Filialen anbieten.

Zahlen zur Deutschen Bank

"Gerade regionale Banken und Sparkassen sollten sich auf ihre eigentliche Stärke konzentrieren, den persönlichen Kontakt mit dem Kunden", sagt Schilling. Denn im Gegensatz zu Großbanken wie der Deutschen Bank oder der Commerzbank haben die regionalen Institute gar nicht so hohe Vertrauensverluste zu verbuchen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass gerade dort die Wertschätzung der Kunden für den persönlichen Kontakt zum Bankberater in ein paar Jahren wieder zunimmt.

Doch egal, wie digital die Beratung der Geldinstitute wird, eine Bewegung können sie längst nicht mehr aufhalten. Denn früher verfügten Banken über eine Fülle von Kundendaten, wussten über dessen Lebensumstände Bescheid und konnten die Informationen gegenüber dem Kunden ausspielen. Der wiederum hatte nur wenige Möglichkeiten, sich unabhängig über seine Bank zu informieren. Heute dagegen findet der Kunde eine Fülle von Informationen über seine Bank im Internet. Viele Banken der neuen Generation wie die Direktbank MoneYou oder die Quirin Bank gehen zu Recht davon aus, dass Online-Bewertungsportale wie HolidayCheck oder Tripadvisor aus dem Hotelbereich auch im Bereich Banken noch stärker an Bedeutung gewinnen werden. Deshalb beschäftigen sich Bankmanager gerade unter Hochdruck mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung. Nur wer bei Google zuerst gefunden wird und die besten Kundenbewertungen hat, dürfte in Zukunft auch die meisten Produkte verkaufen.

David gegen Goliath

Das sind die besten Banken der Welt
Banken in 136 Ländern hat das US-Magazin „Global Finance“ für seine Rangliste der besten Banken 2012 unter die Lupe genommen. In die Wertung flossen dabei objektive Kriterien wie das Wachstum des verwalteten Vermögens oder die Profitabilität ebenso ein wie subjektive Einschätzungen von Bankberatern oder Analysten. Schließlich wurden in zwölf Kategorien Gewinner gekürt. Dies seien nicht immer die größten, aber sicher die besten Banken, betont das Magazin.Beste Sub-Depotbank: Citibank In der Kategorie beste Sub-Depotbank wurde die Citibank ausgezeichnet. Die US-Großbank verfüge vermögensrechtlich über das größte Depot-Netzwerk der Welt und decke damit 61 Märkte sowie 98,5 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ab. Als Sub-Depotbanken bezeichnet man Depotbanken, die von anderen Finanzinstituten in Ländern beauftragt werden, in denen diese selbst nicht tätig sind. Quelle: rtr
Bester Devisenhändler: Deutsche BankDie Deutsche Bank ist Dauer-Sieger in der Kategorie bester Devisenhändler. Das größte deutsche Finanzinstitut habe den größten, vielseitigsten und profitabelsten Devisenbereich aller Banken, heißt es bei „Global Finance“. Es ist nicht die einzige Kategorie, in der die Deutsche Bank gewonnen hat. Quelle: dapd
Bester Handelsfinanzierer: CitibankCitigroup-Chef Vikram Pandit kann sich auch in der Kategorie bester Handelsfinanzierer über einen Erfolg freuen. Citibank biete ihren Service in Sachen Handelsfinanzierung in 86 Ländern an und ermögliche es Unternehmen damit, in einer globalisierten Wirtschaftswelt und sich verschiebenden Handelsströmen stets über Geld zu verfügen. Quelle: dapd
Cash Management: CitibankUnd noch in einer dritten Kategorie siegt die Citibank. Auch beim Cash Management sieht „Global Finance“ die US-Großbank ganz vorne. Die entsprechende Sparte der Bank verfüge über eine beeindruckende Kundenliste, heißt es in der Begründung. Es umfasse multinationale Firmen ebenso wie Finanzinstitute, Regierungen und Notenbanken. Quelle: REUTERS
Beste Investmentbank: Goldman SachsDie bekannteste Investmentbank der Welt ist laut „Global Finance“ auch die beste. Vorstandschef Lloyd Blankfein und Goldman Sachs hätten im Jahr 2011 durch kreative Lösungen bei der Kapitalbeschaffung Marktanteile hinzugewonnen. Auf öffentlichen Aktienmärkten habe die Bank für ihre Kunden 54 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Keine andere Investmentbank komme an Goldman heran. Außerdem habe Goldman Sachs im zweiten Quartal 2012 trotz eines Rückgangs des Ergebnisses die Erwartungen der Analysten übertroffen. Quelle: dapd
Beste Depotbank: Bank of New York MellonLaut „Global Finance“ ist die BNY Mellon mit einer verwalteten Vermögenssumme von mehr als 27 Billionen Dollar die größte Depotbank der Welt. Die Bank habe die Prozessrisiken gemindert. Trotz eines Gewinneinbruchs im zweiten Quartal sei BNY Mellon die beste Depotbank der Welt. In einer Depotbank werden Sondervermögen wie Wertpapiere von Investmentfonds unabhängig verwahrt. Quelle: rtr
Beste Vermögensverwaltung: BlackrockDer US-Finanzdienstleister Blackrock gewinnt in der Kategorie beste Vermögensverwaltung. Blackrock sei mit 3,6 Billionen Dollar verwalteten Vermögens der größte Dienstleister der Welt in diesem Bereich. Das Geschäft mit der Beratung von Regierungen, Zentralbanken und Unternehmen in Sachen Risikomanagement floriere seit der Finanzkrise. Quelle: rtr

Letztlich ist es ein Kampf von David gegen Goliath. Doch Goliath hat es mit vielen Davids zu tun. Während die Finanzinstitute der alten Generation zwar damit glänzen, viele Finanzdienstleistungen unter einem Dach anbieten zu könne, nutzen nahezu alle neuen Akteure auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet die digitale Macht der Kunden und glänzen mit einer direkten Ansprache des Verbrauchers. Davon könnten aber auch die Banken der alten Generation profitieren, indem sie mit den neuen, aufstrebenden Dienstleistern kooperieren. Wie beispielsweise die genossenschaftliche DZ Bank mit iZettle. Die Bank ist nicht nur an der Zahlungsabwicklung beteiligt, auch die Kartenlesegeräte werden über ausgewählte Volks- und Raiffeisenbanken verteilt.

Fazit: Bei Banken oder Sparkassen von einer aussterbenden Spezies zu sprechen, wäre sicherlich zu weit gegriffen. Dafür ist nicht nur die Substanz der einzelnen Institute zu groß. Die Beispiele zeigen, dass es zwar neue Marktteilnehmer gibt, der Unterschied was die Marktanteile angeht aber noch immens ist. Außerdem erfordern viele Bankgeschäftsfelder einen komplexen, aber eben auch regulierten Apparat und können nicht von kleinen Einzelunternehmen abgedeckt werden. Dennoch sind sie wichtig. Das gilt auch für das umstrittene Investmentbanking – wenn es denn sinnvoll eingesetzt wird. Instrumente wie beispielsweise die Absicherung eines Unternehmens gegen Währungsrisiken machen entsprechende Investitionen oft erst möglich.

Dennoch: Gerade in Bereichen, die die Interaktion mit dem Kunden betreffen, müssen die traditionellen Institute der Finanzbranche Gas geben. Denn der Zug der digitalen Revolution hat längst Fahrt aufgenommen, und angesichts des Tempos hilft nur noch ein Turbo, um die Spitze wieder einzuholen.

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