Die Handlung des neuen Werbespots der Commerzbank ist nichts Besonderes. Eine junge Frau im Kapuzenpulli joggt durch Frankfurt, über den Main, vorbei an Marktständen läuft sie zu ihrem Arbeitsplatz, einem der großen Bankentürme. Die Joggerin ist Filialleiterin bei der "Bank an deiner Seite".
Besonders sind allerdings die Fragen, die der Spot stellt. "Woran liegt es, dass man den Banken nicht mehr vertraut?", fragt die Protagonistin. Es ist einer der ersten Versuche einer großen Bank, in aller Öffentlichkeit Fehler einzuräumen. Ob die Kunden ihrer Bank die neuen Einsichten abnehmen, sei einmal dahin gestellt. Diese Geschichte ist eine andere. Denn dieser neue, scheinbar selbstkritische Ton der Bank zeigt vor allem eins ganz deutlich: Die Finanzindustrie steckt in einem großen Dilemma, denn sie hat das Vertrauen ihrer Kunden nahezu komplett verspielt.
Nicht erst seit der Finanzkrise vertrauen Verbraucher ihrer Bank nicht mehr. Skandale gibt es schließlich weit und breit. Allein in der Affäre um den manipulierten Interbankenzinssatz Libor stehen zahlreiche Großbanken wie die Deutsche Bank oder die Schweizer UBS unter Verdacht. Namen von Händlern, die Milliarden verzockt haben, sind mittlerweile nicht mehr nur in Finanzkreisen geläufig. Jérôme Kerviel beispielsweise, der durch seine Zockereien sogar die Société Générale an den Rand des Ruins brachte, immerhin das zweitgrößte Institut Frankreichs.
Man könnte meinen, dass diese großen, öffentlichen Skandale der Großbanken den Kunden einer regionalen Sparkasse oder Volksbank wenig interessieren. Das mag sein. Allerdings sind Libor und Co. längst nicht der einzige Grund, warum Kunden ihrer Bank nicht mehr vertrauen. Viel tiefer sitzt das Unbehagen, Kunden fühlen sich nicht mehr gut beraten. Im Gegenteil, sie fühlen sich verraten und verkauft. Das Misstrauen, der Berater könnte einem die angeblich so renditeträchtige Lebensversicherung nur verkaufen, weil er selber dafür die höchste Provision kassiert, ist zu groß geworden. "Das Vertrauen der Bevölkerung in die Bankindustrie ist durchaus angeknackst", gibt auch Klaus Schilling, Bankberater bei Steria Mummert Consulting, zu.
Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) vertrauen nur noch 29 Prozent der Verbraucher ihrem Geldinstitut ganz oder zumindest überwiegend. Die Finanzindustrie hat damit die rote Laterne inne, sie liegt im Vergleich zu anderen Branchen auf dem letzten Platz. Selbst die Bundesregierung – normalerweise auch nicht gerade ein Vertrauensgarant – liegt mit 34 Prozent etwas weiter vorne in der Gunst der Verbraucher. Zum Vergleich: In anderen Ländern genießen Banken Vertrauenswerte von rund 80 Prozent.
Bisher nur am Rand betroffen
Genau dieser Vertrauensverlust könnte für eine große Umverteilung in der Bankindustrie sorgen. Glaubt man den Autoren des Buches "Finanzdienstleister der nächsten Generation – Die neue digitale Macht der Kunden", gibt es zahlreiche Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen, die den Vertrauensverlust der Bankkunden ausnutzen und den Großen in den nächsten Jahren dicht auf die Pelle rücken dürften. Das Buch enthält zahlreiche Artikel, die sich mit Trends und neuen Modellen der Bankbranche beschäftigen. Der Vertrauensverlust der etablierten Banken führe dazu, dass "global tätige Finanzkonzerne mit bekannten Namen in der Wahrnehmung nicht mehr per se als stabiler als neue Anbieter angesehen werden", schreiben Herausgeber Robert Lempka sowie Thomas Winkler und Marc Bernegger von der Next Generation Finance Invest AG, einer auf Finanz-Start Ups fokussierten Beteiligungsgesellschaft.
Ähnlich sieht das Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Berliner Quirin Bank, einer Bank, die ausschließlich auf Honorarberatung setzt. "Die Bankbranche wird durch neue Player aufgebrochen, die den Vertrauensverlust der Banken für sich nutzen", sagt Schmidt. Denkbar seien beispielsweise Gehaltskonten bei PayPal, der Kauf von Anlageprodukten über Onlinehändler wie Amazon oder das iPhone als mobiler Bankschalter.
Stehen diese neuen Player schon längst in den Startlöchern? "Anders als andere Branchen war die Bankindustrie von der Digitalisierung bisher nur am Rand betroffen", sagt Schmidt. Anders sei das beispielsweise in der Musikbranche. Dort seien durch digitale Plattformen wie YouTube über 40 Prozent der Umsätze weggebrochen. "Die zunehmende Digitalisierung wird jetzt auch die Bankbranche treffen – und zwar nicht ohne Folgen", sagt Schmidt. Aber wie könnten die Folgen aussehen? Manch einer fragt sich bereits, ob Banken überhaupt noch gebraucht werden. So weit will Schmidt nicht gehen. Aber: "In den nächsten zehn Jahren wird es massive Veränderungen geben, bis hin zum Filialsterben und einem dramatischen Einbruch der Erlöse im Privatkundengeschäft", sagt Schmidt. Die Restrukturierung werde eine dauerhafte Aufgabe von Bankmanagern bleiben.
„Das Thema Digitalisierung steht bei den Bankmanagern oben auf der Prioritätenliste“, sagt Schilling. Das Problem werde ähnlich gravierend eingestuft wie die zunehmenden regulatorischen Anforderungen seitens der Regierung. Der aktuelle Vertrauensverlust in der Bevölkerung werde dagegen eher als ein temporäres Problem betrachtet. Allerdings geht nur eine Minderheit davon aus, dass der Vertrauensschaden schnell zu kitten sei.
Doch wer sind die digitalen Angreifer, die den Banken ihre Geschäfte streitig machen? Ein Blick in einzelne Geschäftsfelder der Branche zeigt, dass die Angreifer der neuen Finanzgeneration gegenüber der alten Generation bereits viel Boden gut gemacht haben.
Zahlungsverkehr
Eine große Angriffsfläche für die neue digitale Finanzwelle bietet der klassische Zahlungsverkehr, bis vor einigen Jahren eine bombensichere Einnahmequelle für Geldinstitute. Hier fürchten die Institute mittlerweile um ihre Marktanteile – zu Recht. Denn wer online kauft, wickelt seine Zahlung oft mit Hilfe von Internet-Bezahldiensten wie PayPal ab. Das klassische Lastschriftverfahren droht, ins Hintertreffen zu geraten.
Denn PayPal, ein Tochterunternehmen des Onlinehändlers Ebay, streicht nicht nur die Transaktionen ein, sondern geht so auch auf Datenfang. Schließlich geben die Kunden bereitwillig ihre Kreditkartendaten preis – werden die beim Online-Bezahldienst gespeichert, ist das neue Küchengerät noch viel schneller bezahlt. Gleichzeitig generieren Banken so weniger Daten und verlieren wichtige Informationen über ihre Kunden.
Mittlerweile drängen immer mehr Bezahldienste auf den Markt. Erst Anfang dieser Woche machte der Kurznachrichtendienst Twitter seine Andeutungen wahr und verkündete, in Zukunft eine mobile Bezahlfunktion anzubieten. Kunden von American Express sollen ihr Kreditkartenkonto in den USA mit ihrem Twitter-Account verknüpfen können und dann per Hashtag bezahlen. Zwar soll das Angebot zunächst nur für Rabatte verfügbar sein, also eher wenig massentauglich sein. Beobachter halten es dennoch nur für eine Frage der Zeit, bis auch generell mit derartigen Online-Diensten bezahlt werden kann.
Noch vor Twitter dürfte allerdings das Smartphone zur mobilen Geldbörse werden – nicht nur für Käufer, sondern vor allem für Verkäufer. Denn auch kleine Händler oder sogar Obstverkäufer auf dem Wochenmarkt könnten in Zukunft die Zahlung per Kreditkarte anbieten – dank kleiner Kartenlesegeräte, die ans Smartphone angesteckt werden können. Gemeinsam mit einer entsprechenden App ist mobiles Bezahlen so nahezu überall möglich. Wie so häufig kommt auch dieses Modell aus den USA. Das Start-Up Square erobert dort kräftig Marktanteile. Vor allem der Einstieg der Kaffeekette Starbucks hat dem Unternehmen Schub verliehen. Amerikaner können ihren Café Latte auf dem Weg zur Arbeit jetzt per Smartphone bezahlen. Auch Kartenzahlungen wickelt Starbucks über Square ab.
Einen richtigen Durchbruch hat mobiles Bezahlen in Deutschland bisher noch nicht feiern können, die Erträge sind zu vernachlässigen. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass sich das in den kommenden Monaten ändern könnte. Dafür drängen einfach zu viele Anbieter auf den Markt. Beispielsweise bietet iZettle das mobile Kartenterminal fürs Smartphone. Das schwedische Start-Up ist seit Oktober letzten Jahres in Deutschland aktiv und hat vorher bereits Erfahrung in Skandinavien und Großbritannien gesammelt. Der Clou der Schweden: Sie bieten das Ansteckgerät auch Privatpersonen an. Selbst der Verkäufer auf dem Flohmarkt oder die Studentin, die sich durch Babysitten etwas dazuverdienen will, kann iZettle nutzen.
Mobile Payment
Neben iZettle drängt das deutsche Start-Up Payleven in den Markt für mobile Kartenzahlung. Gegründet von der Geburtsstation für Start-Ups, Rocket Internet, war auch hier das amerikanische Square das große Vorbild. Angesichts dieser zahlreichen neuen Marktteilnehmer ist es kaum verwunderlich, dass auch Bankmanager das Bezahlen per Smartphone als ernsthafte Konkurrenz betrachten. Fast 90 Prozent von ihnen glauben, dass sich bis 2020 die bargeldlose Bezahlung von EC- und Kreditkarten hin zu Smartphones und anderen mobilen Geräten wie Tablets verlagert. Das ergab eine von Steria Mummert und den Marktforschern von Lünendonk erstellte Studie zum Thema Zukunft der Banken 2020.
Aber was konkret heißt das für die Banken? Haben die den Kampf gegen die Angreifer schon verloren, bevor er überhaupt begonnen hat? "Die Banken haben erkannt, dass da einige neue Anbieter auf den Markt drängen", sagt Branchenkenner Schilling. Dementsprechend gebe es auch in den großen Häusern Überlegungen zur Einführung von neuen Systemen. Die dürften allerdings noch eine Weile auf sich warten lassen. Dennoch sieht Schilling noch keinen Grund zur Panik in den Frankfurter Banktürmen. "Generell befinden wir uns bei mobilen Bezahlsystemen noch in der Experimentierphase", sagt Schilling. "So schnell wie bisher erwartet, dürften sich diese aber nicht durchsetzen." Viele Anbieter werden sich ausprobieren, fraglich sei aber, ob sich die vielen kleinen Akteure alle am Markt halten würden. Wahrscheinlicher sei, dass sich am Ende einige wenige große Player durchsetzen werden.
Einer davon könnte Google sein. Lange waren es nur Gerüchte, der Suchmaschinenkonzern hätte eine Banklizenz. Im vergangenen Herbst kam dann die Meldung, der Konzern vergebe in Großbritannien Kredite an Händler – über eine eigene Kreditkarte. Bisher dient das wohl nur dazu, die Händler stärker an das Unternehmen zu binden. Dennoch: Mit Google Wallet verfügt auch der Suchmaschinenriese über ein eigenes Online-Bezahlsystem. Der Schritt zur Bank scheint nicht mehr weit. Und es gibt nicht wenige, die erwarten, dass zumindest ein Teil der Sparer dem US-Konzern ihr Geld ohne mit der Wimper zu zucken anvertrauen würde. Der Vertrauensverlust der alten Finanzgeneration macht’s möglich.
Das sind die größten Banken Deutschlands
2011 ist das letzte Jahr, für das die WestLB ihre Jahresbilanz bekannt gab. Die Bank, die zum Großteil dem Land Nordrhein-Westfalen, der NRW.Bank und den Sparkassenverbänden des Rheinlands und Westfalen-Lippe gehörte, ist mittlerweile zerschlagen. Die Zertifikategeschäfte übernahm die Helaba.
Bilanzsumme (2011): 167,90 Milliarden Euro
Die Postbank gehört zur Deutschen Post und betreut mit rund 19.000 Angestellten fast 14 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 192,00 Milliarden Euro
Die Eurohypo AG ist eine Tochter der Commerzbank - und ein Milliardengrab. Zehn Jahre nach der Gründung wird die Hypothekenbank nun zerschlagen. Die Eurohypo AG ist nach der WestLB die zweite deutsche Bank, die die Krise nicht überlebt hat. Jedoch ist ihre Bilanzsumme noch um einiges größer als die der Landesbank.
Bilanzsumme (2011): 203,00 Milliarden Euro
Auch die NordLB schaffte es nur mit Staatsmitteln, die Bankenkrise zu überstehen. Die EU-Bankenaufsicht verordnete der Bank der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ihr Eigenkapitalpolster gehörig aufzustocken.
Bilanzsumme (2011): 227,60 Milliarden Euro
Die BayernLB machte in den vergangenen Wochen mit einem Streit mit der EU-Kommission Schlagzeilen. Die in der Krise taumelnde Bank muss dem Land Bayern fünf Milliarden Euro an Krisenhilfen zurückzahlen.
Bilanzsumme (2011): 309,10 Milliarden Euro
Auch die Hypo Real Estate überlebte die Krise nur knapp: Die Immobilienbank wurde verstaatlicht und lagerte ihre Altlasten in eine Bad Bank aus. Bis 2015 muss die Hypo Real Estate jedoch wieder privatisiert werden, entschied die EU.
Bilanzsumme (2011): 236,60 Milliarden Euro
Die LBBW ist mit einer Bilanzsumme von über 370 Milliarden Euro die größte deutsche Landesbank. Das Geldinstitut gehört fast vollständig dem Land Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband des Landes und der Stadt Stuttgart.
Bilanzsumme (2011): 373,10 Milliarden Euro
Die deutsche Unicredit Bank AG, besser bekannt unter ihrem Markennamen Hypovereinsbank, ist ein Tochterunternehmen der größten italienischen Bank, Unicredit. Die italienische Großbank hat gerade eine Umstrukturierung angekündigt: Die Tochtergesellschaften und damit auch die Hypovereinsbank sollen mehr Autonomie bekommen.
Bilanzsumme (2011): 395,70 Milliarden Euro
Zur DZ Bank AG gehören neben der Volksbanken Raiffeisenbanken auch die Bausparkasse Schwäbisch Hall oder die R+V Versicherung. Die DZ Bank AG ist das Zentralinstitut für insgesamt 900 Genossenschaftsbanken mit rund 30 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 405,90 Milliarden Euro
Die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) ist die deutsche Förderungsbank unter Aufsicht des Finanzministeriums. Sie gibt Kredite an Existenzgründer und Firmen im Rahmen von Förderprogrammen der Bundesregierung und ist für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben zuständig.
Bilanzsumme(2011): 494,80 Milliarden Euro
Die Commerzbank belegt mit einer Bilanzsumme von über 600 Milliarden Euro Platz zwei unter den größten deutschen Banken. Die Bank ist in 52 Ländern vertreten und betreut nach eigenen Angaben rund 15 Millionen Privat- und eine Millionen Firmenkunden in der ganzen Welt.
Bilanzsumme (2011): 661,80 Milliarden Euro
Die international erfolgreiche Deutsche Bank nimmt unangefochten den ersten Platz der größten deutschen Banken ein. Ihre Bilanzsumme ist rund 3,5 mal so groß wie die der Commerzbank. Die Bank beschäftigt über 100.000 Mitarbeiter – knapp 50.000 davon in Deutschland.
Bilanzsumme (2011): 2164,10 Milliarden Euro
Ob das allerdings für das Gros der Deutschen gilt, bleibt fraglich. Nicht nur, dass Konzerne wie Google hierzulande als Datenkraken gelten und ebenfalls nicht das beste Image genießen. Unabhängig von den Datenschutzbedenken sind deutsche Verbraucher für ihre große Vorliebe für Bargeld bekannt. Anders als unsere nordischen Nachbarn in Skandinavien, die fast alles mit Kreditkarte zahlen, greifen Deutsche gerne zum Geldschein.
Eine im Oktober letzten Jahres veröffentlichte Studie der Bundesbank zur Bargeldnutzung zeigt, dass Bargeld in Deutschland weiterhin die beliebteste Zahlungsform ist. Demnach verwenden private Verbraucher bei 53 Prozent ihrer Einkäufe und Ausgaben Bargeld. Zwar ist der Anteil gegenüber dem Jahr 2008 leicht um rund fünf Prozent gesunken. Dennoch scheint die Entfernung vom Bargeld in Deutschland nur sehr langsam voranzugehen. Während 2008 im Schnitt jeder 118 Euro im Portemonnaie hatte, sind es aktuell noch 103 Euro.
Crowdfunding boomt
Von dieser Vorliebe für Scheine und Münzen könnten Banken und Sparkassen am Ende profitieren, da sie anhand der Geldautomaten die Kunden in ihre Filiale locken. Denn am Bankschalter war es spürbar ruhiger geworden. "Zuletzt wurde deutlich, dass der Kontakt mit den Kunden in der Filiale rückläufig ist", sagt Steria Mummert-Berater Schilling. Die Banken hätten das aber mittlerweile erkannt und würden an Konzepten arbeiten, um der Entwicklung entgegenzuwirken.
Finanzierung und Kreditvergabe
Auch in den Geschäftsbereichen der Unternehmensfinanzierung oder der Kreditvergabe gibt es neue Akteure, die im Geschäftsbereich der Banken wildern. Es wäre allerdings vermessen zu behaupten, die Banken müssten bereits um ihre Vorherrschaft fürchten. Beispielsweise bei der privaten Kreditvergabe. Unternehmen wie Smava oder Auxmoney bieten Kredite von Privat an Privat, das sogenannte Peer-to-Peer Lending. Der eine bekommt ein Darlehen, der andere kassiert dafür Zinsen. So die Theorie. Doch gerade in Deutschland sind die Modelle bisher nicht aus ihrem Nischendasein heraus gekommen. Verbraucher sind zu Recht skeptisch, denn bei den Darlehen handelt es sich um sogenannte verwendungszweckfreie Kredite. Außerdem können sich die Verbraucher denken, dass Banken den Kreditsuchenden auf Smava oder Auxmoney das Geld nicht ohne Grund verweigern.
Besser sieht es dagegen im Bereich Crowdfunding aus, in Deutschland auch Crowdinvesting genannt. Die Schwarmfinanzierung boomt, immer mehr Portale kommen hinzu. Und so langsam professionalisieren sich die Portale zur Finanzierung von jungen Unternehmen. Mit Bergfürst verfügt mittlerweile der erste Anbieter auf dem Markt über eine Lizenz der Finanzaufsicht BaFin und darf deshalb mehr als 100.000 Euro vom Schwarm der Anleger einsammeln. Auch Seedmatch, die erste Plattform in Deutschland, bietet mittlerweile Finanzierungen bis 250.000 Euro an. Ob das Segment auch für Anleger lukrative Renditen bringt, wird sich allerdings erst in den nächsten Jahren zeigen. Erst dann dürften die ersten finanzierten Start-Ups die kritische Anfangsphase verlassen und Geld verdienen.
Die wichtigsten Fakten zu Crowdfunding
Beim Crowdfunding stellt der Projektinitiator seine Idee auf einer Plattform vor, legt eine Summe fest, die er erreichen möchte, und bietet den Unterstützern je nach Summe, die sie bieten, eine Gegenleistung. Unterstützer bekommen so beispielsweise bei einer Filmproduktion eine Kinokarte oder eine Danksagung auf der ersten Seite, wenn es um ein Buchprojekt geht. Wer also finanzielle Unterstützung leistet, erhält meist etwas Besonderes für sein Geld. Ist die Summe komplett in der Projektzeit durch Unterstützer finanziert, bekommen die Projektinitiatoren das Geld ausbezahlt, um ihre Idee dann in die Tat umzusetzen.
Beim Crowdinvesting wird ein Projekt ebenso vorgestellt wie beim Crowdfunding. Die Unterstützer sind hier aber Investoren. Sie bekommen meistens keine Gegenleistung in Form von spezifischen „Dankeschöns“, sondern erhalten Anteile am Projekt und werden am Gewinn beteiligt. So etwa bei einem Filmprojekt je Anteil zum Beispiel einen Euro pro verkaufter Kinokarte.
Wenn ein Projekt in der Finanzierungsphase die Zielsumme nicht erreicht, gibt es kein Geld für das Projekt. Die Gelder fließen dann an die Unterstützer zurück. Nur wenn die Summe zu 100 Prozent (oder mehr) erreicht wurde, geht das Geld an das Projekt.
Jeder potenzielle Unterstützer soll die Chance bekommen möglichst alles über das Projekt zu erfahren. Dabei geht es darum, dass in einem Crowdfunding-Projekt nicht nur die Ideen und Pläne vorgestellt werden, sondern die Kostenstruktur und natürlich die Menschen im Einzelnen, die hinter der Idee stehen.
Viele kleine Beträge können viel erreichen: Beim Crowdfunding bedeutet das Prinzip des Micropayments, dass auch Kleinstbeträge von wenigen Euros oder sogar Cents gezählt werden. Dies ist bei vielen Projekten der Fall.
Beim Seedcapital handelt es sich um die Art von Crowdfunding, bei dem es um die Finanzierung von Start-ups geht. Das gesammelte Geld ermöglicht dabei erst die Gründung eines Unternehmens.
Allerdings sind die Banken weiterhin sehr zurückhaltend, was die Kreditvergabe anbelangt. Davon profitieren die Portale. "Der Trend weg von der Bankenfinanzierung hin zu alternativen Finanzierungsformen dürfte sich angesichts verschärfter regulatorischer Rahmenbedingungen fortsetzen", schreibt Dirk Elsner, Betreiber des beliebten Branchen-Blogs Blick Log, in seinem Beitrag in "Finanzdienstleister der nächsten Generation". Doch trotz der großen Zahl an Plattformen spiele Crowdfunding als wirkliche Alternative der Finanzierung von Unternehmen bisher keine Rolle. Im Sommer letzten Jahres lag das Marktvolumen gerade einmal bei insgesamt rund vier Millionen Euro.
Akuter Handlungsbedarf
Eine echte Gefahr für Banken besteht also nicht, lediglich Alternativen. Außerdem darf keiner vergessen, dass auch Dienste wie Smava auf die Kooperation mit Banken angewiesen sind. Diese sind dazwischengeschaltet, um die aufsichtsrechtliche Abwicklung der Geschäfte zu übernehmen, da Smava oder Auxmoney eben keine Banklizenz haben.
Beratung
Die Beratung ist der Kernbereich, in dem klassische Banken das Vertrauen der Kunden verloren haben. Hier besteht akuter Handlungsbedarf. Das haben scheinbar auch die Banken erkannt und wittern hier ihre Chance. "Vor allem in der Beratung sind die Banken intensiv damit beschäftigt, ihre mobilen Konzepte umzusetzen", sagt Schilling. Während die Institute im Bereich der Smartphone-Apps schon gut aufgestellt seien, sei die Integration von Tablet und Co. in die Kundenberatung der nächste Schritt. Anhand der mobilen Geräte soll die Beratung für den Kunden wieder transparenter werden. Gleichzeitig wird sie so flexibler. Während in einigen kleineren Häusern bereits laut über Beratung per Video nachgedacht wird, könnten andere zumindest Videoschaltungen mit externen Experten in ihren Filialen anbieten.
Zahlen zur Deutschen Bank
beträgt aktuell die Bilanzsumme der Deutschen Bank. Sie ist damit mehr als dreimal so groß wie der Branchenzweite Commerzbank.
Privatkunden haben Deutsche und Postbank zusammen. Damit sind sie in diesem Geschäft mit Abstand die dominierende Geschäftsbank.
für insgesamt fast 70 Milliarden Euro hat die Deutsche Bank 2011 in Deutschland begleitet, so viele wie keine andere Bank.
"Gerade regionale Banken und Sparkassen sollten sich auf ihre eigentliche Stärke konzentrieren, den persönlichen Kontakt mit dem Kunden", sagt Schilling. Denn im Gegensatz zu Großbanken wie der Deutschen Bank oder der Commerzbank haben die regionalen Institute gar nicht so hohe Vertrauensverluste zu verbuchen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass gerade dort die Wertschätzung der Kunden für den persönlichen Kontakt zum Bankberater in ein paar Jahren wieder zunimmt.
Doch egal, wie digital die Beratung der Geldinstitute wird, eine Bewegung können sie längst nicht mehr aufhalten. Denn früher verfügten Banken über eine Fülle von Kundendaten, wussten über dessen Lebensumstände Bescheid und konnten die Informationen gegenüber dem Kunden ausspielen. Der wiederum hatte nur wenige Möglichkeiten, sich unabhängig über seine Bank zu informieren. Heute dagegen findet der Kunde eine Fülle von Informationen über seine Bank im Internet. Viele Banken der neuen Generation wie die Direktbank MoneYou oder die Quirin Bank gehen zu Recht davon aus, dass Online-Bewertungsportale wie HolidayCheck oder Tripadvisor aus dem Hotelbereich auch im Bereich Banken noch stärker an Bedeutung gewinnen werden. Deshalb beschäftigen sich Bankmanager gerade unter Hochdruck mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung. Nur wer bei Google zuerst gefunden wird und die besten Kundenbewertungen hat, dürfte in Zukunft auch die meisten Produkte verkaufen.
David gegen Goliath
Letztlich ist es ein Kampf von David gegen Goliath. Doch Goliath hat es mit vielen Davids zu tun. Während die Finanzinstitute der alten Generation zwar damit glänzen, viele Finanzdienstleistungen unter einem Dach anbieten zu könne, nutzen nahezu alle neuen Akteure auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet die digitale Macht der Kunden und glänzen mit einer direkten Ansprache des Verbrauchers. Davon könnten aber auch die Banken der alten Generation profitieren, indem sie mit den neuen, aufstrebenden Dienstleistern kooperieren. Wie beispielsweise die genossenschaftliche DZ Bank mit iZettle. Die Bank ist nicht nur an der Zahlungsabwicklung beteiligt, auch die Kartenlesegeräte werden über ausgewählte Volks- und Raiffeisenbanken verteilt.
Fazit: Bei Banken oder Sparkassen von einer aussterbenden Spezies zu sprechen, wäre sicherlich zu weit gegriffen. Dafür ist nicht nur die Substanz der einzelnen Institute zu groß. Die Beispiele zeigen, dass es zwar neue Marktteilnehmer gibt, der Unterschied was die Marktanteile angeht aber noch immens ist. Außerdem erfordern viele Bankgeschäftsfelder einen komplexen, aber eben auch regulierten Apparat und können nicht von kleinen Einzelunternehmen abgedeckt werden. Dennoch sind sie wichtig. Das gilt auch für das umstrittene Investmentbanking – wenn es denn sinnvoll eingesetzt wird. Instrumente wie beispielsweise die Absicherung eines Unternehmens gegen Währungsrisiken machen entsprechende Investitionen oft erst möglich.
Dennoch: Gerade in Bereichen, die die Interaktion mit dem Kunden betreffen, müssen die traditionellen Institute der Finanzbranche Gas geben. Denn der Zug der digitalen Revolution hat längst Fahrt aufgenommen, und angesichts des Tempos hilft nur noch ein Turbo, um die Spitze wieder einzuholen.