Bei Grenzen EU will Schlupflöcher für Banker-Boni schließen

Seit Jahresbeginn hat die EU Bonuszahlungen an Spitzenbanker begrenzt. Einige Banken umgehen die neuen Regeln, die EU-Kommission will dagegen vorgehen. Großbritannien lehnt die Vorgaben ab und kämpft vor Gericht dagegen.

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Neue EU-Regeln: Die britische Großbank Barclays und andere Banken umgehen die Regeln. Quelle: dpa

Luxemburg Die Europäische Union will Banken Tricksereien bei den neuen Grenzen für Bonuszahlungen nicht durchgehen lassen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier kündigte ein schnelles und koordinierte Vorgehen gegen mögliche Schlupflöcher an, wie er in einem öffentlich gewordenen Brief an die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA schrieb. Banker-Boni sind nach EU-Recht seit Jahresbeginn auf die Höhe des Jahresgehalts gedeckelt. Nur wenn die Aktionäre einer Bank zustimmen, dürfen Banker als Bonus maximal das Doppelte des Grundgehalts bekommen. Großbritannien kämpfte am Montag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die europaweiten Grenzen.

Einige Banken umgehen die neuen Regeln, indem sie ihren Top-Mitarbeitern feste Zulagen zum normalen Gehalt zahlen. Dazu zählen die britischen Großbanken Barclays, Bank of Scotland, Lloyds und HSBC. Barnier sprach in seinem Brief von „starken Bedenken“ gegen diese Praxis und schrieb an EBA-Chef Andrea Enria: „Es ist wichtig, nun eine gemeinsame proaktive Haltung bei diesem bedeutenden Thema einzunehmen.“ Die Bankenaufsichtsbehörde (EBA) legt fest, welche Mitarbeiter unter die neuen Regeln fallen.

Großbritannien hat sich von Anfang an gegen die EU-Vorschriften gewehrt, weil es um seinen Finanzplatz London fürchtet – wurde aber innerhalb der EU überstimmt. Daraufhin klagte London dagegen. Die britische Regierung bemängelt unter anderem die Rechtsgrundlage. In einer mündlichen Verhandlung in Luxemburg kritisierte ein Vertreter Großbritanniens, dass die Vorgaben nicht vom EU-Recht gedeckt seien: „Es ist nicht Aufgabe der [Europäischen] Union, eine Maximalschwelle festzulegen – und auch keine Mindestschwelle.“


Ziel war es, die Banken krisenfester zu machen

Umstritten war insbesondere, ob es sich um eine Beschränkung des Arbeitsentgelts handelt. London argumentiert so und verweist darauf, dass dies nicht in der Zuständigkeit der EU liege. Vertreter des EU-Parlaments hielten dagegen, dass es sich nicht um eine direkte Beeinflussung von Lohnobergrenzen handle. Ein Anwalt der EU-Kommission sagte: „Hier geht es nicht um die Tarifautonomie der Sozialpartner.“ Er fügte hinzu: „Hier geht es um übermäßige Anreize für einen kleinen Kreis von Menschen.“

Die Klage richtet sich gegen die EU-Gesetzgeber, also das Europaparlament und den Ministerrat. Verfahren vor dem EuGH dauern meist ein bis zwei Jahre. Als nächsten Schritt wird der einflussreiche Gutachter am EuGH am 20. November sein Gutachten vorlegen, das Urteil dürfte erst im nächsten Jahr fallen. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung – die Vorgaben gelten seit Anfang 2014.

Die EU hatte die schärferen Regeln nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehmann Brothers 2008 und der weltweiten Finanzkrise auf den Weg gebracht. Ziel war es, die Banken krisenfester zu machen. Hohe Boni für Banker gelten als ein Auslöser der Finanzkrise 2008/2009, weil Investmentbanker für Geldhäuser risikoreiche Geschäfte übernahmen, an denen sie selbst kräftig mitverdienten.

Die Klage der Briten hatte in Brüssel für Ärger gesorgt, weil EU-Parlamentarier darin Lobbypolitik und innenpolitische Motive sehen.

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