Blick in die Bankengeschichte Warum die Deutschen die Sparkasse so schätzen

Seite 12/13

Gegengift zur Welt der Verschwendung

Auch, wenn ich das heute mit mehr Abstand betrachte: Du, liebe Sparkasse, hast mir das Sparen gelehrt. Sparen, das habe ich jetzt erst verstanden, ist nur ein anderes Wort für Stabilität. Wenn alle so wären wie Du, gäbe es keine Staatsschuldenkrise und keine Bankenzusammenbrüche.

Du bist das Gegengift zu einer Welt der Verschwendung und der Kreditnahme auf Kosten von Menschen, die erst noch geboren werden müssen. Das ist falsch, aber es ist üblich. Es ist gefährlich, aber das hindert die Welt nicht daran, das Leben auf Pump für modern zu halten.

Auch dazu hat der Historiker Garon etwas Schlaues gesagt: Sparen will gelernt sein. Und er lobt, dass in den deutschen Ländern dieser Lernprozess schon Ende des 18. Jahrhunderts begonnen habe. Genau zu der Zeit, in der Du Deinen Ursprung hast. Die Sparquote der Deutschen, also der Anteil, den sie von ihrem Einkommen sparen, liegt seit langem relativ stabil um die zehn Prozent.

Die Sparquote der Menschen in den USA, Garons Heimat, ging lange gegen null und steigt jetzt nur langsam an. Garons trauriges Fazit für seine Heimat, der er das deutsche Vorbild entgegenhält: „Ein Land kann sich nicht für stark und gesund halten, solange die Mehrheit seiner Bevölkerung über zu wenig Ersparnisse für Notfälle und Alter verfügt.“

Spanische Sparkassen Kern der Kreditkrise

So wie die Tugend des Sparens in Deutschland nahezu unverändert blieb, hat sich auch die Struktur des Bankwesens weitgehend erhalten. In Italien etwa wurden viele Sparkassen privatisiert und fusioniert, so entstand der mächtige Finanzkonzern Unicredit, bei dem nur noch kommunale Stiftungen, die einen Teil der Aktien halten, an die Vergangenheit erinnern.

In Frankreich haben sich Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusammengeschlossen, die in Deutschland immer noch jeder ein Reich für sich bilden. In Spanien sind die Sparkassen sogar der Kern der gegenwärtigen Kreditkrise und wurden daher zum Teil unter Druck der Regierung in Madrid und der Notenbank fusioniert, was ihre Probleme aber nicht wirklich gelöst hat.

In Deutschland ist das Sparkassensystem immer noch das gleiche. Dass Dein Reich heute so intakt ist, liegt auch daran, dass es hier nie eine Immobilien- und Kreditblase vergleichbar wie in den USA, Irland oder Spanien gegeben hat.

Aber wohl auch daran, dass wir es nicht ertragen könnten, wenn Du, liebe Sparkasse, jetzt auch noch ins Wanken geraten würdest. Mein Bild von Dir mag angesichts der Verfehlungen in London und anderswo verklärt sein, aber anders wäre das Leben eines Sparers im Moment wohl nicht zu ertragen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%