Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Bankette. Bei öffentlichen Auftritten trägt der bekennende Buddhist Chen Feng schlicht-traditionelle Kleidung. Nichts weist darauf hin, dass der Mann mit dem bescheidenen Lächeln und den weichen Gesichtszügen als Gründer und Chef der HNA Group einer der wichtigsten Wirtschaftsführer Chinas ist.
In Deutschland ist sein Konglomerat, zu dem weltweit Fluglinien, Hotels und Logistikunternehmen gehören, bisher so gut wie unbekannt. Doch das ändert sich gerade gewaltig. Chen ist weltweit auf milliardenschwerer Einkaufstour, und die macht offenbar selbst vor angeschlagenen deutschen Unternehmen nicht halt. So kauft HNA gerade den Flughafen im rheinland-pfälzischen Hahn und soll an einem Einstieg bei der Fluglinie Air Berlin interessiert sein. Das lange nachgesagte Interesse an der HSH Nordbank hat HNA inzwischen verloren. Wichtigstes Engagement aber ist die Beteiligung bei der Deutschen Bank. Mit einem Anteil von knapp zehn Prozent ist HNA gerade erst zum größten Aktionär des Instituts aufgestiegen.
Es begann mit Airlines
HNA ist in den vergangenen Jahren rasend schnell gewachsen, hoch verschuldet und nahezu intransparent. Angefangen hat Chen 1993 mit der neu gegründeten Hainan Airlines, mit nur einem Flugzeug. Heute zählen weltweit fast 20 weitere Fluggesellschaften zu seinem Reich, darunter Hong Kong Airlines, Tianjin Airlines und Lucky Air. HNA gehört zu den führenden Adressen in der chinesischen Logistik und Reisebranche, allein 450 Hotels soll das Unternehmen weltweit besitzen.
Wenn es um sein Unternehmen geht, ist es bei Chen denn auch mit der Zurückhaltung vorbei. „Wir haben ein Wunder erschaffen“, tönte der 63-Jährige im vergangenen Jahr bei einem Vortrag in den USA. Alle 20 Sekunden starte weltweit ein HNA-Flieger. „Und wir werden noch 1000 weitere Flugzeuge kaufen“, sagte Chen. Schon seit 2015 zählt HNA laut US-Magazin „Fortune“ zu den 500 größten Unternehmen der Welt. Geht es nach Chen, ist damit noch lange nicht Schluss. In zehn Jahren soll der Konzern unter den Top Ten der Welt sein.
Um das Ziel zu erreichen, kauft HNA ein ausländisches Unternehmen nach dem anderen auf. Dabei haben die Chinesen allein in den vergangenen Monaten eine zweistellige Milliardensumme investiert. Zuletzt hat Chen etwa für sechs Milliarden Dollar den US-Elektrogroßhändler Ingram Micro übernommen, sich für 6,5 Milliarden Dollar ein Viertel der Hotelkette Hilton gesichert und den Schweizer Airline-Caterer Gategroup Holdings für 1,5 Milliarden Dollar gekauft. Und das alles, obwohl die Regierung in Peking Übernahmen chinesischer Konzerne im Ausland durch strengere Kapitalverkehrskontrollen bremsen will.
In Zukunft soll die Gruppe vor allem im Finanzsektor wachsen. Dabei setzt das Unternehmen auch auf den wachsenden Wohlstand der Chinesen. Die wollen ihr Geld sicher anlegen. Am besten bei Chen.