Auch zur aggressiven Werbung der Commerzbank in Form von Begrüßungsgeld für Neukunden und Abschiedsprämien für Unzufriedene sagt Berlin nichts?
Müller: Die EU-Wettbewerbsaufseher in Brüssel prüfen vierteljährlich, ob wir Staatsmittel für ruinösen Wettbewerb einsetzen. Es ist doch nicht so, dass wir einen Sack Steuergeld an unsere Kunden verteilen, wie es manche Vertreter konkurrierender Bankenverbände gern darstellen. Die Commerzbank hat im Privatkundengeschäft einen Marktanteil von sechs Prozent, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken kommen auf rund 80 Prozent. Seien Sie als Journalisten doch froh, dass endlich mal jemand den Markt aufmischt …
Was kostet das Lockprogramm?
Müller: Das hat sich der Aufsichtsrat von Privatkundenvorstand Martin Zielke vorrechnen lassen. Unterm Strich lohnt es sich. Ich freue mich über jeden Kunden, den wir für 50 Euro gewinnen, denn auf dem Weg der klassischen Werbung müssten wir rund 500 Euro für jeden neuen Kontakt ausgeben.
Rechnet sich das wirklich? Auch für das Lockprogramm müssen sie Werbekosten zahlen.
Müller: Bei uns wird scharf gerechnet. Seien Sie gewiss, wir verschenken nichts. Übrigens denke ich, dass sich die Leute nicht wegen der Begrüßungsprämie für die Commerzbank entscheiden, sondern weil sie uns für eine ordentliche Bank halten. Das Geld deckt ja in erster Linie die Kosten, die dem Kunden beim Kontowechsel entstehen. Eine Abschiedsprämie trauen wir uns auch deshalb zu bieten, weil wir überzeugt sind, so guten Service zu leisten, dass die Leute bei uns bleiben.
Der Branchenprimus Deutsche Bank unterzieht sich einem Kulturwandel. Braucht die Commerzbank diesen auch?
Müller: Natürlich ist nicht alles perfekt, aber die Commerzbank pflegt eine gute Kultur. Menschen, die bei uns anfangen oder von der Konkurrenz in unser Haus wechseln, bestätigen mir, dass hier eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht. Unternehmenskultur ist ein Staffellauf über Generationen und lässt sich nicht mal eben über Nacht ändern wie der Anstrich eines Hauses. Zur Deutschen Bank möchte ich deshalb in aller Fairness sagen, dass der dortige Kulturwandel wohl seine Zeit in Anspruch nehmen wird. Wir bei der Commerzbank haben den Eigenhandel schon 2005 gestoppt. Dadurch sind uns einige Exzesse erspart geblieben, die sich im Investmentbanking weltweit abgespielt haben.
Das sind die größten Banken Deutschlands
2011 ist das letzte Jahr, für das die WestLB ihre Jahresbilanz bekannt gab. Die Bank, die zum Großteil dem Land Nordrhein-Westfalen, der NRW.Bank und den Sparkassenverbänden des Rheinlands und Westfalen-Lippe gehörte, ist mittlerweile zerschlagen. Die Zertifikategeschäfte übernahm die Helaba.
Bilanzsumme (2011): 167,90 Milliarden Euro
Die Postbank gehört zur Deutschen Post und betreut mit rund 19.000 Angestellten fast 14 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 192,00 Milliarden Euro
Die Eurohypo AG ist eine Tochter der Commerzbank - und ein Milliardengrab. Zehn Jahre nach der Gründung wird die Hypothekenbank nun zerschlagen. Die Eurohypo AG ist nach der WestLB die zweite deutsche Bank, die die Krise nicht überlebt hat. Jedoch ist ihre Bilanzsumme noch um einiges größer als die der Landesbank.
Bilanzsumme (2011): 203,00 Milliarden Euro
Auch die NordLB schaffte es nur mit Staatsmitteln, die Bankenkrise zu überstehen. Die EU-Bankenaufsicht verordnete der Bank der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ihr Eigenkapitalpolster gehörig aufzustocken.
Bilanzsumme (2011): 227,60 Milliarden Euro
Die BayernLB machte in den vergangenen Wochen mit einem Streit mit der EU-Kommission Schlagzeilen. Die in der Krise taumelnde Bank muss dem Land Bayern fünf Milliarden Euro an Krisenhilfen zurückzahlen.
Bilanzsumme (2011): 309,10 Milliarden Euro
Auch die Hypo Real Estate überlebte die Krise nur knapp: Die Immobilienbank wurde verstaatlicht und lagerte ihre Altlasten in eine Bad Bank aus. Bis 2015 muss die Hypo Real Estate jedoch wieder privatisiert werden, entschied die EU.
Bilanzsumme (2011): 236,60 Milliarden Euro
Die LBBW ist mit einer Bilanzsumme von über 370 Milliarden Euro die größte deutsche Landesbank. Das Geldinstitut gehört fast vollständig dem Land Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband des Landes und der Stadt Stuttgart.
Bilanzsumme (2011): 373,10 Milliarden Euro
Die deutsche Unicredit Bank AG, besser bekannt unter ihrem Markennamen Hypovereinsbank, ist ein Tochterunternehmen der größten italienischen Bank, Unicredit. Die italienische Großbank hat gerade eine Umstrukturierung angekündigt: Die Tochtergesellschaften und damit auch die Hypovereinsbank sollen mehr Autonomie bekommen.
Bilanzsumme (2011): 395,70 Milliarden Euro
Zur DZ Bank AG gehören neben der Volksbanken Raiffeisenbanken auch die Bausparkasse Schwäbisch Hall oder die R+V Versicherung. Die DZ Bank AG ist das Zentralinstitut für insgesamt 900 Genossenschaftsbanken mit rund 30 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 405,90 Milliarden Euro
Die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) ist die deutsche Förderungsbank unter Aufsicht des Finanzministeriums. Sie gibt Kredite an Existenzgründer und Firmen im Rahmen von Förderprogrammen der Bundesregierung und ist für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben zuständig.
Bilanzsumme(2011): 494,80 Milliarden Euro
Die Commerzbank belegt mit einer Bilanzsumme von über 600 Milliarden Euro Platz zwei unter den größten deutschen Banken. Die Bank ist in 52 Ländern vertreten und betreut nach eigenen Angaben rund 15 Millionen Privat- und eine Millionen Firmenkunden in der ganzen Welt.
Bilanzsumme (2011): 661,80 Milliarden Euro
Die international erfolgreiche Deutsche Bank nimmt unangefochten den ersten Platz der größten deutschen Banken ein. Ihre Bilanzsumme ist rund 3,5 mal so groß wie die der Commerzbank. Die Bank beschäftigt über 100.000 Mitarbeiter – knapp 50.000 davon in Deutschland.
Bilanzsumme (2011): 2164,10 Milliarden Euro
Wie viel der alten Dresdner-Bank-Kultur steckt noch in der Commerzbank?
Müller: Ich glaube, wir sind im Wesentlichen in der traditionellen Commerzbank-Kultur verblieben. Danach sollten Sie aber am besten die Mitarbeiter fragen. Mir gegenüber jedenfalls haben sich viele Ex-Dresdner-Banker sehr positiv über die Kultur unseres Hauses geäußert. Aus Mitarbeiterumfragen wissen wir, dass die Commerzbank als moderner und damit attraktiver wahrgenommen wird. Die Vorstände um Martin Blessing stehen für einen direkten, unkomplizierten und kompetenten Umgang. Das wird sehr positiv bei den Mitarbeitern aufgenommen.
Sie sind Mitglied der CDU und in Berlin bestens vernetzt. Hat sich das Verhältnis von Politikern zur Finanzwelt verändert?
Müller: Viele Politiker sind verärgert über die Banker, was ich verstehen kann, denn nicht alle aus dem Finanzsektor haben seit der Krise die nötigen Lehren gezogen. Die Mehrzahl der Unbelehrbaren sitzt aber eher in New York oder London als in Frankfurt und Zürich. Manches, was heute immer noch an angelsächsischen Börsenplätzen passiert, entspricht nicht unbedingt unseren Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft. Andererseits sind aber auch manche Reaktionen der Politik überzogen.