Herr Müller, warum sollten die Aktionäre Ihnen im Mai eine zweite Amtszeit als Aufsichtsratschef gewähren?
Müller: Sie wollen, dass ich jetzt eine Wahlkampfrede halte. Aufsichtsratswahlen sind aber kein Wahlkampf. Fakt ist: Es ist gelungen, den Vorstand der Commerzbank mit relativ jungen und hoch qualifizierten Managern zu besetzen, die das Unternehmen in einem schwierigen Umfeld auf Erfolgskurs bringen werden. Als Aufsichtsratsvorsitzender habe ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen die strategischen Entscheidungen des Vorstands konstruktiv begleitet. Aus meiner Zeit als Vorstandssprecher weiß ich, wie einsam es bei wichtigen Entscheidungen an der Spitze sein kann. Vorstandschef Martin Blessing weiß, dass er sich in solchen Situationen an mich wenden kann.
Der Kapitalmarkt dagegen vertraut Blessing und seiner Mannschaft offenbar nicht mehr. Selbst massiver Stellenabbau kann die Aktie der Commerzbank nicht beflügeln. Sollten Sie vielleicht ein paar Vorstände austauschen?
Müller: Ihrer Darstellung widerspreche ich ganz entschieden. Ohne Rückenwind von den Märkten hätten wir 2011 keine Kapitalerhöhung von elf Milliarden Euro hinbekommen – die höchste in der Nachkriegszeit. Das war nur möglich, weil der Kapitalmarkt Blessing und seinem Team vertraut. Durch dieses Mammutprojekt haben wir übrigens fast 90 Prozent der stillen Einlagen vorzeitig zurückgezahlt. Auch die zusätzlichen Kapitalanforderungen aus dem EBA-Stresstest hat die Bank ohne Weiteres erfüllt. Ein weiterer Erfolg des Vorstands um Martin Blessing.
Die wichtigsten Sparten der Commerzbank
Diese Sparte schrieb 2011 einen operativen Verlust von 3,91 Milliarden Euro. Zur ABF zählen die gewerblichen Immobilien-, Schiffs-, und Staatskredite. Das ändert sich im Juli. Dann zählen Schiffskredite und ein Teil der Immobilienkredite zur Real Estate and Ship Finance. Der Rest wird in Non Core Assets abgewickelt.
Das operative Ergebnis 2011 betrug 375 Millionen Euro. Zu diesen Segment zählt das Vermögensmanagement und die Online-Tochter comdirect. Die Commerzbank möchte das Privatkundengeschäft weiter ausbauen, bisher sind die Erfolge übersichtlich.
Operatives Ergebnis 2011: 483 Millionen Euro. Zwischenzeitlich gab es große Probleme in der Sparte. Zu ihre zählen die polnische Tochter BRE, die jetzt wieder hohe Gewinne schreibt und die ukranische Bank Forum.
Das operative Ergebnis der Sparte betrug in vergangenen Jahr 583 Millionen Euro. Der Geschäftsbereich umfasst das kundenorientierte Investmentbanking und die Betreuung der kapitalmarktaffinen Kunden.
Diese Sparte lieferte 2011 ein operatives Ergebnis von 1,53 Milliarden Euro. Damit ist die Mittelstandsbank die wichtigste Sparte. Sie betreut mittelständische und große Unternehmenskunden, sowie institutionelle Kunden.
Sie haben 2008 als Aufsichtsratschef den Kauf der Dresdner Bank durchgezogen, obwohl sich abzeichnete, dass dies existenzgefährdend für ihr Unternehmen sein würde.
Müller: Ich würde die Dresdner Bank heute wieder kaufen, denn die Fusion wird sich im historischen Rückblick als strategisch richtig für die Commerzbank erweisen. Es dauert allerdings länger als gedacht, bis die Übernahme sich voll auszahlt. Zugegeben: Der Zeitpunkt war im Nachhinein unglücklich. Die Finanzkrise kam für uns alle unerwartet und brachte hohe Belastungen, die wir nicht vorhersehen konnten. Aber die Integration ist hervorragend gelaufen, wir haben viele Talente hinzugewonnen, bedienen heute 15 Millionen Privatkunden und haben mit der neuen Mittelstandsbank eine Perle im Konzern geschaffen.
Unter den Dresdnern waren aber auch Mitarbeiter, die Sie nicht haben wollten, weil sie nicht zur Unternehmenskultur der Commerzbank passten, bei der das Investmentbanking kein unkontrolliertes Eigenleben entfalten soll.
Müller: Richtig. Wir haben deshalb das übernommene Investmentbanking so weit abgeschmolzen, dass es zu unserem Geschäftsmodell passte. Unsere Investmentbanker verkaufen Finanzinstrumente zur Absicherung von Währungsrisiken, beraten bei Übernahmen, Börsengängen oder Anleiheemissionen. Bei der Entscheidung, keinen Eigenhandel zu betreiben, sind wir nach dem Kauf der Dresdner Bank geblieben. Rund zwei Drittel der Investmentbanker von Dresdner Kleinwort sind deshalb aus freien Stücken ausgeschieden.
Lehman-Pleite war nicht vorhersehbar
Hätten Sie mit der Akquisition damals nicht etwas warten sollen – die Finanzkrise zeichnete sich ja schon ab? Die Deutsche Bank hat die Postbank ja auch Schritt für Schritt übernommen statt alles auf einmal.
Müller: Es wäre unverantwortlich gegenüber unseren Aktionären gewesen, hätte ich die Lehman-Pleite vorausgeahnt und die Übernahme trotz dieses Wissens laufen lassen. Aber dieses Wissen fehlte damals. Außerdem läuft eine solche Transaktion nicht nach dem Motto „Wünsch Dir was“. Die Allianz wollte verkaufen, alles oder nichts, und hat nicht gefragt, ob wir das etwas früher machen wollen oder lieber etwas später. Wir mussten handeln, denn es gab auch noch andere ernsthafte Interessenten.
Jetzt haben Sie nach der Übernahme immer noch den Staat an Bord. War es das wert?
Müller: Ja, denn die Commerzbank hat heute doppelt so viel Eigenkapital und deutlich mehr Kunden wie vor der Fusion. Zudem haben wir unser internationales Geschäft beträchtlich ausgeweitet und wickeln jetzt 30 Prozent des deutschen Außenhandels ab. Die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen erzielt Rekordergebnisse, die Investmentbank ist profitabel.
Zugegeben, ihr Geschäft mit exportstarken deutschen Unternehmen läuft. Jedoch muss die Commerzbank Staatsanleihen sowie notleidende Immobilienkredite aus der untergegangenen Eurohypo in Milliardenhöhe entsorgen, die Schiffsfinanzierung stellt sie komplett ein.
Müller: Beim Kauf der Eurohypo 2005 konnte sich keiner vorstellen, dass einmal Zweifel an der Zahlungsfähigkeit von Mitgliedern der Eurozone entstehen würden. Doch 2011 mussten wir unsere Griechenlandanleihen plötzlich weitgehend abschreiben – kurz vorher hatte die Politik uns noch gebeten, unsere Bestände zu halten. Eine solche Entwicklung hat es zuvor nicht gegeben. Die Staatsschuldenkrise hat die Commerzbank stärker erwischt als andere Institute.
Machen Sie auch deshalb so lange weiter, um zu beweisen, dass Ihre strategischen Entscheidungen als Vorstands- und Aufsichtsratschef richtig waren?
Müller: Es läuft doch auch jetzt schon vieles gut, wie das Mittelstandsgeschäft oder die Investmentbank. Im Privatkundenbereich leiden wir genauso wie Sparkassen und Volksbanken unter den niedrigen Zinsen. Alle Banken können die Einlagen ihrer Kunden derzeit kaum noch gewinnbringend anlegen, weil das Zinsniveau aufgrund der expansiven Geldpolitik auf einem Tiefpunkt ist.
Also müssen Sie vielleicht doch nicht so viele Jobs streichen wie derzeit geplant?
Müller: Vor den Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern kann ich nichts zum Umfang des Stellenabbaus sagen. Der hängt auch davon ab, welche Reformen wir umsetzen können. Martin Blessing hat einmal treffend auf den Punkt gebracht, dass die Commerzbank mit ihren starren Öffnungszeiten selbst mancher Behörde noch hinterherhinkt. Wir müssen dringend kundenfreundlicher werden und auch am späteren Abend öffnen. Es gehört aber zur Kultur der Commerzbank, Stellenabbau sozialverträglich vorzunehmen. Mich würde sehr wundern, wenn das diesmal anders laufen sollte.
Große Nähe zu Mitarbeitern
Die Mitarbeiter mögen Sie, denn Sie pflegen als Fußballfan, Karnevalist und Bundeswehr-Reservist einen bodenständigen und volksnahen Stil. Martin Blessing dagegen, der ehemalige Unternehmensberater von McKinsey, wirkt manchmal kühl und technokratisch.
Müller: Es wäre doch erschreckend, wenn wir bei der Commerzbank Generation für Generation im einheitlichen Mao-Look auftreten würden. Außerdem bin ich vielleicht nicht ganz so volkstümlich, wie Sie es schildern – und ganz sicher ist Martin Blessing kein Technokrat. Aber er ist ein anderer Typ als ich und das ist auch gut so. Was er zum Beispiel viel besser als ich beherrscht, ist der Umgang mit den neuen Medien...
… also Blessing twittert lieber, während Sie gerade ein klassisches Interview geben?
Müller: ...ja, vielleicht. Aber Spaß bei Seite. Ich bin seit 42 Jahren bei der Commerzbank aktiv und konnte daher zahlreiche persönliche Kontakte in der Belegschaft knüpfen und eine große Nähe zu den Mitarbeitern aufbauen. In dieser Zeit haben wir viele Projekte auf den Weg gebracht, von denen Bank und Mitarbeiter profitieren. Ich denke da etwa an die Beurteilung von Vorgesetzten durch die Mitarbeiter, den Betriebskindergarten oder die Frauenförderung – schon als diese noch nicht in Mode war.
Jetzt sollen bis zu 6000 Stellen wegfallen, nachdem Sie wegen der Integration der Dresdner Bank bereits 9000 Jobs abgebaut haben. Können Sie das Ihren Mitarbeitern nicht ersparen?
Müller: Wir haben in bestimmten Bereichen für unsere Mitarbeiter keine Arbeit mehr und können nicht vernachlässigen, was sich auf dem Markt abspielt. Die Kunden suchen immer seltener Filialen auf, was für alle Banken gilt. Der technische Fortschritt ermöglicht den Kunden mobiles Banking zu jeder Tageszeit und den Banken effizienteres Arbeiten. In unserem Frankfurter Postzentrum etwa versenden wir täglich bis zu 60.000 Briefe, was mittlerweile nur eine Hand voll Mitarbeiter bewerkstelligt, statt zuvor knapp 80 Beschäftigte. Die Nachfrage nach Wertpapieren und Verbraucherkrediten ist auf einem Tiefstand, unsere Zins- und Provisionseinnahmen sind eingebrochen. Wenn ein Autohersteller keine Autos mehr verkauft, versteht jeder, dass Kapazität abgebaut werden muss. Bei Bankdienstleistungen ist das im Moment genauso.
Wie verhält sich eigentlich der Staat als großer Anteilseigner angesichts des Stellenabbaus?
Müller: Der Bund verhält sich wie ein professioneller institutioneller Investor.
Das heißt?
Müller: Der Bund ist mit zwei Mitgliedern im Aufsichtsrat vertreten, die genau hinschauen, was strategisch bei der Bank passiert. Aus der Geschäftsführung hält sich der Staat wie alle anderen Aktionäre aber ganz im Sinn guter Unternehmensführung heraus, obwohl er Großaktionär ist. Er beeinflusst nicht, wie viel Kredit wir an wen vergeben oder welche Personalpolitik wir betreiben. Nach dem Staatseinstieg hat sich für meine Arbeit als Aufsichtsrat nichts geändert. Übrigens ist auch der Politik klar, dass Beamte nicht die besseren Banker sind.
"Bei uns wird scharf gerechnet. Wir verschenken nichts."
Auch zur aggressiven Werbung der Commerzbank in Form von Begrüßungsgeld für Neukunden und Abschiedsprämien für Unzufriedene sagt Berlin nichts?
Müller: Die EU-Wettbewerbsaufseher in Brüssel prüfen vierteljährlich, ob wir Staatsmittel für ruinösen Wettbewerb einsetzen. Es ist doch nicht so, dass wir einen Sack Steuergeld an unsere Kunden verteilen, wie es manche Vertreter konkurrierender Bankenverbände gern darstellen. Die Commerzbank hat im Privatkundengeschäft einen Marktanteil von sechs Prozent, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken kommen auf rund 80 Prozent. Seien Sie als Journalisten doch froh, dass endlich mal jemand den Markt aufmischt …
Was kostet das Lockprogramm?
Müller: Das hat sich der Aufsichtsrat von Privatkundenvorstand Martin Zielke vorrechnen lassen. Unterm Strich lohnt es sich. Ich freue mich über jeden Kunden, den wir für 50 Euro gewinnen, denn auf dem Weg der klassischen Werbung müssten wir rund 500 Euro für jeden neuen Kontakt ausgeben.
Rechnet sich das wirklich? Auch für das Lockprogramm müssen sie Werbekosten zahlen.
Müller: Bei uns wird scharf gerechnet. Seien Sie gewiss, wir verschenken nichts. Übrigens denke ich, dass sich die Leute nicht wegen der Begrüßungsprämie für die Commerzbank entscheiden, sondern weil sie uns für eine ordentliche Bank halten. Das Geld deckt ja in erster Linie die Kosten, die dem Kunden beim Kontowechsel entstehen. Eine Abschiedsprämie trauen wir uns auch deshalb zu bieten, weil wir überzeugt sind, so guten Service zu leisten, dass die Leute bei uns bleiben.
Der Branchenprimus Deutsche Bank unterzieht sich einem Kulturwandel. Braucht die Commerzbank diesen auch?
Müller: Natürlich ist nicht alles perfekt, aber die Commerzbank pflegt eine gute Kultur. Menschen, die bei uns anfangen oder von der Konkurrenz in unser Haus wechseln, bestätigen mir, dass hier eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht. Unternehmenskultur ist ein Staffellauf über Generationen und lässt sich nicht mal eben über Nacht ändern wie der Anstrich eines Hauses. Zur Deutschen Bank möchte ich deshalb in aller Fairness sagen, dass der dortige Kulturwandel wohl seine Zeit in Anspruch nehmen wird. Wir bei der Commerzbank haben den Eigenhandel schon 2005 gestoppt. Dadurch sind uns einige Exzesse erspart geblieben, die sich im Investmentbanking weltweit abgespielt haben.
Das sind die größten Banken Deutschlands
2011 ist das letzte Jahr, für das die WestLB ihre Jahresbilanz bekannt gab. Die Bank, die zum Großteil dem Land Nordrhein-Westfalen, der NRW.Bank und den Sparkassenverbänden des Rheinlands und Westfalen-Lippe gehörte, ist mittlerweile zerschlagen. Die Zertifikategeschäfte übernahm die Helaba.
Bilanzsumme (2011): 167,90 Milliarden Euro
Die Postbank gehört zur Deutschen Post und betreut mit rund 19.000 Angestellten fast 14 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 192,00 Milliarden Euro
Die Eurohypo AG ist eine Tochter der Commerzbank - und ein Milliardengrab. Zehn Jahre nach der Gründung wird die Hypothekenbank nun zerschlagen. Die Eurohypo AG ist nach der WestLB die zweite deutsche Bank, die die Krise nicht überlebt hat. Jedoch ist ihre Bilanzsumme noch um einiges größer als die der Landesbank.
Bilanzsumme (2011): 203,00 Milliarden Euro
Auch die NordLB schaffte es nur mit Staatsmitteln, die Bankenkrise zu überstehen. Die EU-Bankenaufsicht verordnete der Bank der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ihr Eigenkapitalpolster gehörig aufzustocken.
Bilanzsumme (2011): 227,60 Milliarden Euro
Die BayernLB machte in den vergangenen Wochen mit einem Streit mit der EU-Kommission Schlagzeilen. Die in der Krise taumelnde Bank muss dem Land Bayern fünf Milliarden Euro an Krisenhilfen zurückzahlen.
Bilanzsumme (2011): 309,10 Milliarden Euro
Auch die Hypo Real Estate überlebte die Krise nur knapp: Die Immobilienbank wurde verstaatlicht und lagerte ihre Altlasten in eine Bad Bank aus. Bis 2015 muss die Hypo Real Estate jedoch wieder privatisiert werden, entschied die EU.
Bilanzsumme (2011): 236,60 Milliarden Euro
Die LBBW ist mit einer Bilanzsumme von über 370 Milliarden Euro die größte deutsche Landesbank. Das Geldinstitut gehört fast vollständig dem Land Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband des Landes und der Stadt Stuttgart.
Bilanzsumme (2011): 373,10 Milliarden Euro
Die deutsche Unicredit Bank AG, besser bekannt unter ihrem Markennamen Hypovereinsbank, ist ein Tochterunternehmen der größten italienischen Bank, Unicredit. Die italienische Großbank hat gerade eine Umstrukturierung angekündigt: Die Tochtergesellschaften und damit auch die Hypovereinsbank sollen mehr Autonomie bekommen.
Bilanzsumme (2011): 395,70 Milliarden Euro
Zur DZ Bank AG gehören neben der Volksbanken Raiffeisenbanken auch die Bausparkasse Schwäbisch Hall oder die R+V Versicherung. Die DZ Bank AG ist das Zentralinstitut für insgesamt 900 Genossenschaftsbanken mit rund 30 Millionen Kunden.
Bilanzsumme (2011): 405,90 Milliarden Euro
Die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) ist die deutsche Förderungsbank unter Aufsicht des Finanzministeriums. Sie gibt Kredite an Existenzgründer und Firmen im Rahmen von Förderprogrammen der Bundesregierung und ist für die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben zuständig.
Bilanzsumme(2011): 494,80 Milliarden Euro
Die Commerzbank belegt mit einer Bilanzsumme von über 600 Milliarden Euro Platz zwei unter den größten deutschen Banken. Die Bank ist in 52 Ländern vertreten und betreut nach eigenen Angaben rund 15 Millionen Privat- und eine Millionen Firmenkunden in der ganzen Welt.
Bilanzsumme (2011): 661,80 Milliarden Euro
Die international erfolgreiche Deutsche Bank nimmt unangefochten den ersten Platz der größten deutschen Banken ein. Ihre Bilanzsumme ist rund 3,5 mal so groß wie die der Commerzbank. Die Bank beschäftigt über 100.000 Mitarbeiter – knapp 50.000 davon in Deutschland.
Bilanzsumme (2011): 2164,10 Milliarden Euro
Wie viel der alten Dresdner-Bank-Kultur steckt noch in der Commerzbank?
Müller: Ich glaube, wir sind im Wesentlichen in der traditionellen Commerzbank-Kultur verblieben. Danach sollten Sie aber am besten die Mitarbeiter fragen. Mir gegenüber jedenfalls haben sich viele Ex-Dresdner-Banker sehr positiv über die Kultur unseres Hauses geäußert. Aus Mitarbeiterumfragen wissen wir, dass die Commerzbank als moderner und damit attraktiver wahrgenommen wird. Die Vorstände um Martin Blessing stehen für einen direkten, unkomplizierten und kompetenten Umgang. Das wird sehr positiv bei den Mitarbeitern aufgenommen.
Sie sind Mitglied der CDU und in Berlin bestens vernetzt. Hat sich das Verhältnis von Politikern zur Finanzwelt verändert?
Müller: Viele Politiker sind verärgert über die Banker, was ich verstehen kann, denn nicht alle aus dem Finanzsektor haben seit der Krise die nötigen Lehren gezogen. Die Mehrzahl der Unbelehrbaren sitzt aber eher in New York oder London als in Frankfurt und Zürich. Manches, was heute immer noch an angelsächsischen Börsenplätzen passiert, entspricht nicht unbedingt unseren Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft. Andererseits sind aber auch manche Reaktionen der Politik überzogen.
Privatkundengeschäft muss profitabel gemacht werden
Welche Vorbilder haben ihr Berufsleben geprägt?
Müller: Mir fällt es schwer, Ihnen ein konkretes Vorbild zu nennen. Geprägt hat mich mein Vater mit seinem Respekt vor der Würde des Menschen. Was mich sehr beeindruckt hat, ist eine Stelle aus dem Testament von Friedrich dem Großen, wonach der Mensch die Aufgabe hat, der Gesellschaft zu dienen. Der ehemalige US-Präsident John F. Kennedy hat dieses Motto in moderner Form auf den Punkt gebracht, indem er seine Bürger aufforderte, sich zu fragen, was sie für ihr Land tun können und nicht, was ihr Land für sie tun kann.
Sie sind 2008 als Vorstandschef direkt an die Aufsichtsratsspitze gewechselt. Das ginge heute nur mit Genehmigung der Aktionäre oder nach zwei Jahren Wartezeit. Eine gute Regelung?
Müller: Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich diese Vorschrift für populistisch und falsch halte. Ausbaden müssen das die Aktionäre. Für sie werden bald nur noch externe Vertreter im Aufsichtsrat sitzen, während die Arbeitnehmer durch Personen vertreten sind, die aus dem Unternehmen kommen oder sich schon lange mit diesem befassen und daher tiefe interne Detailkenntnisse besitzen.
Wenn Sie Wahlkampf für ihren Verbleib an der Aufsichtsratsspitze machen müssten: Welche Projekte planen sie für die kommenden fünf Jahre?
Müller: Ich finde es gut, dass im Aktienrecht kein polarisierender Wahlkampf vorgesehen ist. Aus Sicht des Aufsichtsrats ist entscheidend, dass der Vorstand die von ihm selbst gesetzten Ziele bis 2016 erreicht. Die wichtigsten Projekte der Commerzbank sind, das Privatkundengeschäft profitabel zu machen, die starke Stellung bei den Firmenkunden abzusichern und die Rolle des Investmentbankings als internationaler Nischenanbieter auszubauen.
Ist Martin Blessing jetzt ein Vorstandschef auf Bewährung? Oder berufen Sie sich auch wieder auf unvorhersehbare Umstände wie die Lehman-Pleite und die folgende Finanz- und Schuldenkrise, wenn er seine Ziele nicht erreicht?
Müller: Die Vokabel „auf Bewährung“ passt in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Aber eines ist klar: Wenn der Vorstand seine Ziele ohne sehr triftige Gründe verfehlt und die erwartete Leistung nicht bringt, muss der Aufsichtsrat handeln. Das ist ja ein ganz normaler Vorgang.
Aktionäre werfen Ihnen auf Hauptversammlungen Kapitalvernichtung vor. Ist der Aufsichtsrat für den niedrigen Aktienkurs verantwortlich?
Müller: Wir haben 2012 kein Kapital vernichtet und 2011 haben wir das Gewinnziel wegen der Abschreibung auf Staatsanleihen nicht erreicht. Zu meinen Zeiten als Vorstand gab es sogar Hedgefonds, denen die Kapitaldecke der Commerzbank mit 7,4 Prozent allen Ernstes zu dick war und die von mir gefordert haben, Aktien zurückzukaufen.
Was können Sie aufgrund Ihrer legendären politischen Kontakte im Sinne der Bank bewegen?
Müller: Die Bank wird nach innen und außen vom Vorstandsvorsitzenden vertreten, der für diese Aufgabe selbst bestens vernetzt ist. Wenn ich dies gelegentlich flankieren kann, tue ich das gerne. Wir ergänzen uns da sehr gut.