Die Commerzbank schaltet unter dem neuen Vorstandschef Martin Zielke erst einmal in den Rückwärtsgang. Für das laufende Jahr setzt Deutschlands zweitgrößte Bank ein großes Fragezeichen hinter den erhofften Milliardengewinn.
Nach einem schwächeren ersten Quartal werde es in diesem Jahr "deutlich ambitionierter, das Konzernergebnis von 2015 zu erreichen", sagte der scheidende Vorstandschef Martin Blessing auf seiner letzten Hauptversammlung am Mittwoch in Frankfurt. Eigentlich wollte die Commerzbank die 1,06 Milliarden Euro leicht übertreffen, die sie im vergangenen Jahr unter dem Strich erwirtschaftet hatte.
An der Börse gab die Commerzbank-Aktie angesichts der trüberen Aussichten um bis zu 4,3 Prozent nach und war damit größter Verlierer im Dax.
Allein im ersten Quartal hat die Bank voraussichtlich weniger als halb so viel Gewinn erwirtschaftet wie Anfang 2015. Die Commerzbank habe einen "verhaltenen Jahresauftakt" hinter sich, weil sie wie viele andere Geldinstitute auch die niedrigen Zinsen und die schwachen Kapitalmärkte zu spüren bekommen habe, räumte Blessing ein. "Das Ergebnis der ersten drei Monate dürfte unter dem des letzten Quartals liegen."
Von Oktober bis Dezember hatte die Commerzbank 187 Millionen Euro verdient, im ersten Quartal 2015 waren es noch 366 Millionen. Die ersten drei Monaten sind vor allem für das Investmentbanking in der Regel die stärksten, für die Commerzbank spielt die Sparte allerdings eine untergeordnete Rolle.
Blessing übte erneut Kritik an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie habe mit ihren Anleihekäufen zwar die Finanzmärkte beruhigt, ihr Ziel aber verfehlt, dass die Banken mehr Kredite an die Wirtschaft vergeben. "Ich bezweifele, dass der erneut Schritt das tun wird." Ohne Strukturreformen in Europa blieben ihre Maßnahmen aber ein Strohfeuer. "Die mit dieser Politik verbundenen Fehlanreize werden uns noch Jahre belasten", sagte der Commerzbank-Chef.
10 Fragen zur neuen europäischen Einlagensicherung
Für die Sicherung von Spareinlagen gelten seit diesem Jahr einheitliche Regeln in Europa. Danach sollen je Konto 100.000 Euro gesetzlich geschützt sein. Aber noch haben nicht alle Staaten diese Vorschriften umgesetzt. In Deutschland ist die Sicherung deutlich höher, weil private Banken im Pleitefall Guthaben je nach Höhe ihres Eigenkapitals Kontoinhaber in Millionenhöhe entschädigen. Sparkassen oder Volksbanken lassen es laut Satzung gar nicht erst zu Pleiten einzelner Institute kommen, sodass theoretisch Guthaben in jeder Höhe geschützt sind.
Nein, denn die Schutzregeln ändern sich durch die europaweite Einlagensicherung nicht. Sie sorgen allerdings dafür, dass es nicht mehr darauf ankommt, ob eine Bank in einem überschuldeten Staat wie Griechenland sitzt oder in einem Land mit relativ ausgeglichenem Haushalt wie derzeit Deutschland. Zunächst steigt also nur der Schutz von Sparern in Krisenländern.
Nach den Plänen aus Brüssel soll es 2017 losgehen. Es gibt aber eine lange Übergangsphase bis 2024. Je nachdem wie der Gesetzgebungsprozess läuft, könnte es aber auch ein bis zwei Jahre länger dauern.
Nur solche Länder können auf zusätzliches Geld aus dem europäischen Einlagensicherungsfonds zugreifen, die ihre nationalen Sicherungstöpfe schon gefüllt haben. Der Schutz greift, wenn eine Pleitebank nach den Regeln des europäischen Abwicklungsmechanismus SRF stillgelegt wird.
Sie soll verhindern, dass Sparer Geld verlieren, nur weil ihre verschuldeten Heimatstaaten den Bankensektor des Landes destabilisieren. Die Verlagerung der Einlagensicherung weg von der nationalen auf die europäische Ebene soll den Sparerschutz unabhängig von der Finanzlage einzelner Mitgliedstaaten machen.
Vorbild ist die seit 1934 geltende Einlagensicherung für Banken in den USA. Diese gilt unabhängig davon, in welchem Bundesstaat eine Bank sitzt. Das bedeutet: Bekommt ein Bundesstaat Finanzprobleme, müssen sich die Sparer dieses Staats trotzdem nicht um ihre Bankeinlagen sorgen.
Die EU-Kommission will 45 Milliarden Euro von den Banken einsammeln. Allerdings leisten seine keine höheren Beiträge an die Sicherungsfonds als bisher, weil die Anteile für den europäischen Fonds von den Beiträgen an die nationalen Fonds abgezogen werden.
Diese werden ab 2024 nicht mehr gebraucht, um den gesetzlichen Schutz von 100.000 Euro je Konto aufrecht zu erhalten. Sie können aber als freiwillige nationale Zusatzversicherungen weiter genutzt werden.
Die europäische Einlagensicherung gilt für Großbanken und Landesbanken. Für Sparkassen und Volksbanken greift die Regelung nicht.
Nein, denn Sparer verlieren bei Bankenpleiten kein Geld, genau dafür soll der Einlagenschutz sorgen. Deutsche Steuerzahler und auch die Steuerzahler anderer EU-Länder haften allerdings auf ganz anderem Wege für die Schieflage des griechischen Finanzsystems – nämlich über die Kapitalspritzen für griechische Banken im Rahmen der Hilfsprogramme. Auch das soll die EU-Einlagensicherung verhindern, indem sie alle Staaten gleichermaßen zwingt, für den Schutz ihrer Sparer vorzusorgen.
Blessing versüßt den Aktionären den Abschied mit der ersten Dividende seit der Finanzkrise. Die Bank zahlt 20 Cent je Aktie für das Jahr 2015. Doch auch in Zukunft bleibe die Stärkung der Kapitalpolster aus eigener Kraft vorrangig, sagte er. Mit einer harten Kernkapitalquote von zwölf Prozent liege die Bank zwar inzwischen im europäischen Mittelfeld. "Dennoch ist dies kein Grund, sich auszuruhen." Mit einer Welle von Kapitalerhöhungen hatte Blessing die Kapitaldecke nach der Finanzkrise aufgestockt und die milliardenschweren Staatshilfen nach der Übernahme der Dresdner Bank damit zurückgezahlt. "Dass dies auch zulasten der Erträge ging, haben wir bewusst in Kauf genommen", sagte Blessing.
Der 53-Jährige verlässt die Bank Ende April. Er hatte nach acht Jahren als Vorstandschef seinen Vertrag nicht verlängern wollen. Sein Nachfolger wird Privatkunden-Chef Martin Zielke. "Du bist in dieser herausfordernden Zeit genau der Richtige", rief Blessing Zielke zu. "Lassen Sie die Finger von weiteren abenteuerlichen Akquisitionen", mahnte Aktionärsvertreter Klaus Nieding von der DSW den neuen Commerzbank-Chef. "Gerade noch ausreichend" sei Blessings Bilanz. Man müsse ihm aber zu Gute halten, in der Krise "nicht einfach davongelaufen" zu sein.