Commerzbank Martin Zielke muss noch nachlegen

Die Commerzbank 4.0 hat noch Luft nach oben. Vorab musste die Bank Grundzüge ihrer neuen Strategie veröffentlichen. Bisher wird sie dominiert von radikalen Sparmaßnahmen. Freitag muss Zielke erklären, wie er Geld verdienen will.

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Martin Zielke 2016 am Rande der Hauptversammlung der Commerzbank in Frankfurt am Main. Quelle: dpa

So hat sich Martin Zielke das vermutlich nicht vorgestellt: Schon bevor der Commerzbank-Chef seine neue Strategie verkünden konnte, ist einiges schief gelaufen. Erst enthüllte eine versehentlich online gestellte Meldung im Intranet der Bank schon am Mittwochabend pikante Details des gehüteten Plans, noch bevor der Aufsichtsrat der neuen Strategie überhaupt zustimmen konnte. Aufgrund von Medienberichten sah sich die Bank dann am Donnerstag dazu gezwungen, die Kapitalmärkte vorzeitig per adhoc über die groben Linien ihres Plans für die neue Commerzbank 4.0 zu informieren.

So ist nun klar, dass die Bank insgesamt 9600 Stellen abbauen will. Vor allem durch die Zusammenlegung von Geschäftsbereichen und der Digitalisierung von Prozessen sollen zahlreiche Jobs eingespart werden. Gleichzeitig wird das komplette Geldinstitut durchdigitalisiert, dafür werden 2300 neue Arbeitsplätze "in Wachstumsfeldern" geschaffen, netto baut die Bank bis Ende 2020 7300 Stellen ab.

Zielke beweist, dass er es mit dem Umbau ernst meint und sich nicht mit leeren Worten zufriedengibt. Sein Plan ist zugleich ein umfangreiches Aufräumen mit der Vergangenheit. Außerdem will er mit der Commerzbank 4.0 eine digitale, zukunftsfähige Bank schaffen. Das ist lobenswert. Aber kann die Bank plötzlich mehr Geld verdienen, nur weil sie digitaler wird? Das ist mehr als fraglich. Darauf muss der Commerzbank-Chef am Freitag Antworten liefern, wenn die Strategie offiziell verkündet wird. Zielke, der seit Mai dieses Jahres Chef der Bank ist, hat also noch Erklärungsbedarf und Luft nach oben.

Denn noch liest sich Zielkes Plan, den der Vorstand zusammen mit den Beratern von McKinsey ausgearbeitet hat, wie ein klassisches Beraterstück - das, was dominiert, sind die Sparmaßnahmen. Wie bereits durchgesickert war, will die Bank ihre Mittelstandsbank aufspalten. Künftig soll es vor allem zwei Segmente geben, eins für Privat- und Unternehmerkunden und eins für Firmenkunden. Gleichzeitig wird das Investmentbanking weiter reduziert. Wo genau die Bank Stellen abbauen wird, will sie noch nicht sagen, das sei noch Gegenstand von Verhandlungen heißt es. Insgesamt kommentiert die Bank die neue Strategie bisher nicht.

Zielke riskiert mit seinem neuen Plan viel, will er damit Erfolge feiern, wird der Commerzbank-Chef geduldig sein müssen. Denn vorerst kostet die Umstrukturierung vor allem eins: viel Geld. Segmente sollen auf ihre Werthaltigkeit überprüft werden, die Bank erwartet, deshalb im dritten Quartal rund 700 Millionen Euro abschreiben zu müssen. Das würde das Ergebnis ins Minus ziehen, aufs Jahr gesehen rechnet die Commerzbank mit einem "leicht positiven Konzernergebnis". Insgesamt soll die Restrukturierung rund 1,1 Milliarden Euro kosten.

Bluten müssen deshalb die Aktionäre, die Bank will "vorerst keine weiteren Dividendenzahlungen mehr vornehmen". Für Commerzbank-Aktionäre beginnt also eine neue Ausschüttungs-Durststrecke, die die Anteilseigner allerdings aus der Ära Blessing schon bestens kennen.

Was aufhorchen lässt: Trotz des radikalen Kostenschnitts rechnet die Commerzbank aufgrund der niedrigen Zinsen für 2020 nur mit einer Rendite auf Eigenkapital von sechs Prozent. Aus Sicht von Analysten zu wenig für ausschweifende Kursfantasien. Nach Bekanntwerden der Pläne rutschte die Aktie weit ins Minus.

Das zeigt: die Bank ist gefangen in den Krallen der niedrigen Zinsen, selbst schmerzhafteste Sparmaßnahmen reichen nicht aus, um Anlegern die Hoffnung auf eine profitable Bank zu vermitteln. Umso mehr kommt es am Freitag auf Zielke an. Er muss beweisen, dass er mehr kann als sparen.

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