Commerzbank Zwischen Umbruch und Angriff

Commerzbank-Chef Martin Zielke präsentiert am Donnerstag seine erste Bilanz. Es dürfte für einen dreistelligen Millionengewinn reichen. Wichtiger ist, wie Zielkes Umbau vorankommt. Denn Analysten vermissen Perspektiven.

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Abbau eines Commerzbank-Schriftzugs. Quelle: dpa

Die Commerzbank ist in einer Übergangsphase. Mal wieder. Im Mai hat Vorstandschef Martin Zielke die Geschäfte von Vorgänger Martin Blessing übernommen. Im September verkündete er die lange erwartete neue Strategie. Und nun? Jetzt heißt es für Anleger und Investoren mal wieder abwarten.

Schon beim Enthüllen der neuen Ziele hatte der Vorstand erklärt, dass der Umbau viel Zeit und Geld kosten werde und daher zunächst nicht mit großen Gewinnen zu rechnen sei. Von einer Dividende ganz zu schweigen. Entsprechend dürfte auch bei der Präsentation der Bilanz 2016 am Donnerstag der Fokus auf anderen Themen liegen. Wie greift der Umbau? Wie kommt der Stellenabbau voran? Und vor allem: Wie realistisch sind die Wachstumsziele?

Für das abgelaufene Jahr erwarten Analysten, dass unterm Strich am Ende rund 249 Millionen Euro übrig bleiben. Das deckt sich mit den Erwartungen, die Finanzchef Stephan Engels Anfang November geschürt hatte. Damals hieß es, die Bank rechne mit einem dreistelligen Millionengewinn.

So soll das neue Filialnetz der Commerzbank aussehen

Damit dürften Zielkes erste Zahlen deutlich geringer ausfallen als die des Vorjahres. 2015 hatte die Bank erstmals seit Langem einen Gewinn jenseits der Milliardengrenze erzielt. Laut Equinet-Analyst Philipp Häßler dürfte das vor allem an der gestiegenen Risikovorsorge liegen. Profitiert haben dürfte Zielke zudem von der Einigung im Streit um die Hypo Alpe Adria. Die Bank rechnete für das vierte Quartal mit 140 Millionen Euro an Sondereinnahmen.

Belasten dürften dagegen weiter die Schiffskredite, die die Bank in ihrem Abbausegment gebündelt hat. Wie bei anderen Schiffsfinanzierern dürfte auch bei der Commerzbank die Risikovorsorge für die maroden Darlehen im vierten Quartal 2016 noch mal gestiegen sein, darauf deuten die sinkenden Charterraten hin.

Schwerwiegender als die Schiffskredite sind aber laut Analysten die mauen Zukunftsaussichten von Deutschlands zweitgrößter Bank, insbesondere was die Margen angeht. Vor allem langfristig sei kaum signifikantes Ertragswachstum zu erkennen, die niedrigen Zinsen drücken mit aller Kraft auf die Margen.

Mit der dritten Abbauwelle in acht Jahren will die Commerzbank 7100 Jobs streichen. Seit 2013 gibt es bei der Bank bereits 4750 Stellen weniger. Arbeitnehmervertreter sprechen von einem "Kahlschlag".

Schon bei der Präsentation der neuen Strategie musste Zielke einräumen, dass die Bank trotz aller Umbauten ihre Kapitalkosten nicht verdient. Das wäre erst bei steigenden Zinsen wieder der Fall. Da der Commerzbank-Chef selber nicht an eine schnelle Zinswende glaubt, braucht er am Donnerstag eine plausible Wachstumsgeschichte, um Analysten und Investoren langfristig zu überzeugen.

Bleibt die Frage, wie weit die Bank mit der Umsetzung ihrer neuen Strategie bereits vorangekommen ist. Bis zuletzt wurde das Privatkundengeschäft immer mehr zum Zugpferd der gesamten Bank. In den ersten neun Monaten 2016 lag die operative Eigenkapitalrendite bei über 30 Prozent, während es in der Mittelstandsbank gut zehn Prozent waren. Da der Bereich auch weniger umgebaut wird als die Firmenkundensparte, kommt nun zunächst alles auf das Privatkundengeschäft an. Bis 2020 will die Commerzbank in Deutschland zwei Millionen Neukunden gewinnen. Damit wird die bisherige Expansionsstrategie im Bereich von Vorstand Michael Mandel nicht nur fortgesetzt, sondern auch noch ausgebaut. Zwischen Ende 2012 und Ende 2016 waren es eine Million neue Kunden.

Die Sparer sollen angelockt werden

Kostenlose Girokonten und Kooperationsangebote mit Amazon oder Tchibo sollen die Sparer zur Commerzbank gelockt werden. Im Dezember gab sich Mandel optimistisch. "Wir haben bisher ein gutes Jahr 2016 hingelegt - sowohl was die Profitabilität als auch was das Wachstum angeht", sagte Mandel der Nachrichtenagentur dpa. Insgesamt betreut die Commerzbank rund zwölf Millionen Privatkunden in Deutschland.

Trotzdem sind die ausgerufenen Ziele eine Hausnummer, dass geben auch Commerzbanker zu. Immerhin ist die Bank nicht die einzige in Deutschland, die weiterhin auf ein kostenloses Girokonto setzt. Stattdessen hofft die Bank, an Standorten, an denen Konkurrenten Filialen schließen, die Lücke zu schließen. Im Gegensatz zu anderen Instituten will Deutschlands zweitgrößte Bank an ihrem Filialnetz festhalten und weiterhin rund 1000 Geschäftsstellen in Deutschland betreiben. Ein beachtlicher Teil davon soll allerdings als kleinere "City-Filiale" betrieben werden.

Möglich machen könnten das schnelle Kundenplus auch Zukäufe. Erst im Dezember verkündete die Commerzbank-Tochter comdirect den Kauf des Online-Brokers Onvista. Schon vorher hatte Zielke erklärt, auch die Töchter comdirect sowie die polnische mBank sollten ihren Beitrag zum Wachstum leisten. Aber auch die Commerzbank selber dürfte den Markt für Zukäufe sondieren. Es heißt, die Bank sei unter den Interessenten für die Oldenburgische Landesbank (OLB), welche die Allianz losschlagen will. Lange durfte die Commerzbank aufgrund der Staatshilfe nicht zukaufen, das Verbot wurde allerdings im März 2014 aufgehoben.

Während Mandels Privatkundensparte vor allem für Wachstum sorgen soll, steckt der Firmenkundenbereich noch mitten im Umbau, nachdem Zielke die Mittelstandsbank und das Investmentbanking zusammengelegt hat. Wachsen will die Bank zwar auch hier, allerdings fallen die Ziele deutlich bescheidener aus. Laut Zielke liegt das daran, dass die Bank hier eben schon von einem sehr hohen Niveau komme. Zuletzt erklärte Firmenkundenvorstand Michael Reuther, man wolle rund 10.000 neue Kunden gewinnen, vor allem Mittelständler mit einem Umsatz von 15 bis 100 Millionen Euro.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Firmenkundensparte und Investmentbanking könnte auch helfen, die Bank noch attraktiver zu machen für Kapitalmarktgeschäfte. Zwar liegt die Commerzbank im Geschäft mit Unternehmensanleihen oder gedeckten Anleihen weit vorne, sie war zuletzt aber nur an wenigen Börsengängen oder Kapitalerhöhungen beteiligt. Immer häufiger wählen deutsche Unternehmen ausländische Banken für derartige Transaktionen. Auf dem Markt für Eigenkapitalemissionen erreichte die Deutsche Bank laut Reuters-Daten 2016 gerade mal Rang 5, die Commerzbank landete weit hinten auf dem 15. Platz. Einen Teil des Geschäfts mit Derivaten hatte die Bank schon im Zuge der neuen Strategie aufgegeben, es war zu kapitalintensiv.

Zurück zum Ursprung

Insgesamt hat der Umbau der Bank gerade erst begonnen und es dürfte noch eine Weile dauern, bis die Bank wieder voll auf Angriff gehen kann. Dazu gehört auch der schmerzhafte Stellenabbau, den Zielke durchzieht. Insgesamt streicht die Bank netto rund 7300 ihrer gut 45.000 Vollzeitstellen. Aber ohne dieses Schrumpfen geht es wohl nicht, das haben sie in Frankfurt erkannt. Erst dann, so geben einige Commerzbanker zu, habe die Bank wieder eine Größe, mit der sie umgehen kann.

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