Bei vielen Instituten ist es ähnlich: Abläufe basieren auf Software, die hauseigene Programmierer vor Jahrzehnten geschrieben haben. An die haben die Banken neue Anwendungen angebaut, zusätzlich Systeme übernommener Konkurrenten integriert und so einen Flickenteppich geschaffen, in dem immer wieder Risse entstehen. Meist wurde die sparsamste Lösung gewählt. Denn die IT hatte keine Fürsprecher, Vorstände konnten sich kaum über die Modernisierung des Zahlungsverkehrs profilieren.
Das schafft heute Probleme – vor allem dann, wenn das komplexe Gemisch aus alten und neuen Programmen nicht kontrolliert werden kann, sagt Markus Alberth, IT-Experte der Managementberatung Capco. Besonders kompliziert wird die Sache dort, wo Banken gemeinsam mit ihren Kunden dem digitalen Zeitgeist folgen wollen. So würden viele Institute gern Zahlungen in Echtzeit anbieten, sind dazu aber technisch kaum in der Lage. „Die alten Systeme waren ursprünglich nie für Onlineanwendungen vorgesehen“, sagt Christian Tölkes vom Beratungsunternehmen Accenture.
Große Lösungen sind trotzdem nicht in Sicht – und vermutlich auch nicht empfehlenswert. Diverse ehrgeizige Projekte sind gescheitert. So floppte etwa die Plattform Magellan, auf der die Deutsche Bank das Geschäft mit der Postbank bündeln wollte. Die HypoVereinsbank musste vor einigen Jahren den Start ihrer Plattform Eurosig immer wieder verschieben. Ein kompletter Umbau sei so, „als würde man alle Knochen im Körper austauschen“, sagt der IT-Vorstand einer Bank. Wirkungsvoller wäre es, die IT-Landschaft wie eine Zwiebel zu häuten und schrittweise einzelne Teile auszutauschen.
Darauf drängen auch Bankenaufseher. In der Finanzkrise ab 2008 erkannten sie, dass viele Institute Daten nicht liefern konnten, mit denen sie ihre Stabilität bewerten wollten. Seitdem haben sie den Druck erhöht und detaillierte Regeln erlassen. Dabei klingt vieles selbstverständlich: Das Topmanagement soll sich mit der Technik beschäftigen, Verantwortungen klar sein, Notfallpläne existieren. Und Daten sollen möglichst automatisch übermittelt werden und vollständig ankommen. Die Praxis sieht mitunter anders aus.
So digitalisieren Banken ihr Geschäftsmodell
Durch Auswertung des Kundenverhaltens über alle Kanäle (Online, Mobil, Filiale) können Kundenbedürfnisse besser gefiltert werden und so der ideale Zeitpunkt für eine individuelle Kundenansprache identifiziert werden.
Quelle: Roland Berger
Die Neukundengewinnung ist in den letzten Jahren sehr schwierig geworden. Banken müssen daher innovative Ideen entwickeln, um Neukunden mit einfachen und digitalisierten Produkten zu überzeugen.
Es reicht nicht aus, Geschäftsmodelle zu optimieren. Banken müssen auch ihr Wachstum vorantreiben und neue Geschäftsfelder erschließen.
Durch Kooperationen mit branchenfremden digitalen Playern oder FinTech-Unternehmen bekommen Banken direkten Zugang zu innovativen Ideen und lernen die Denkweise der "Digital Natives".
Fehler müssen erlaubt sein, denn nur so können sich Organisationen in dem sich ständig ändernden digitalen Umfeld weiterentwickeln.
Digitalisierung ermöglicht eine neue Art des Kundenservice. Um diese Chancen nutzen zu können, muss ein radikaler Kulturwandel in den Banken stattfinden.
Die Digitalisierung muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Back Office stattfinden, damit auch komplexe Finanzprodukte schnell und zuverlässig abgewickelt werden können.
Trotz der Defizite klagen Branchenvertreter darüber, dass sie in den kommenden Jahren mehr als zehn Milliarden Euro ausgeben müssen, um die Anforderungen zu erfüllen. Doch immerhin haben die Banken die Budgets erhöht. Wenn gespart werden muss, setzen sie den Rotstift anderswo an. Aufseher registrieren allmähliche Fortschritte. Wenn sie Mängel entdecken, schauen sie intensiver hin, drängen auf Änderungen und verlangen im Zweifel mehr Vorsorge.
So wie bei der KfW. Die Förderbank hat sich wegen ihrer wackligen Computersysteme eine Rüge der BaFin eingefangen. Im vergangenen Sommer hatten Aufseher die IT überprüft; die Mängel waren so gravierend, dass die Bank nun zusätzlich Kapital vorhalten muss. Dabei war die KfW in der Finanzkrise mit einer Überweisung an das insolvente US-Institut Lehman Brothers zu zweifelhaftem Ruhm gelangt. Offenbar hat sie seitdem nicht alle Schwachstellen behoben. So überwies das Institut kürzlich versehentlich 7,6 Milliarden Euro an vier andere Banken. Ein Programmierer hatte an einer Schnittstelle zum Zahlungssystem gewerkelt und dabei Befehle in Wiederholungsschleife ausgelöst. Die unverhofft bedachten Banken überwiesen das Geld zurück.