Der letzte Tanz Österreich stolpert in die Krise

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Ohne frisches Geld geht es nicht

Merkel und Barroso in Berlin

Die Hypo Alpe Adria steht unterdessen mit dem Rücken zur Wand. Spätestens im April braucht die Klagenfurter Bank wieder frisches Steuergeld, um die Abwicklung weiter fortsetzen zu können.

Doch immer wenn es ernst wird, ducken sich die Eliten in der Alpenrepublik weg. Bundeskanzler Faymann und sein Vize Spindelegger finden für den Promi-Auftrieb auf den Opernball zwar Zeit, doch für kritische Fragen von Journalisten gibt es in deren Terminkalender keine Lücken. Seit Monaten weicht der farblose Regierungschef Faymann dem Thema Hypo aus. Ein Aufschrei der Öffentlichkeit bleibt aus.

Die Verantwortungslosigkeit ist längst Teil der DNA der Zweiten Republik. Das Wiener Theaterleben war seit jeher ein guter Gradmesser für die Lagen und die Schieflagen in Österreich. Das verantwortungslose Finanzchaos am Burgtheater besitzt in dieser Zeit Symbolcharakter. In dem Staatsbetrieb haben sich der Verdacht auf Bilanz- und Urkunden- sowie Beweismittelfälschung, Geldwäsche und Untreue durch die ehemalige Vizedirektorin Silvia Stantejsky erhärtet. Das erbrachte Ende vergangener Woche eine Untersuchung von KPMG. Das Schlimmste: Den Manager der Staatsbühne waren die angeblich kriminellen Machenschaften in der Burg gar nicht aufgefallen.

Im trostlosen Nurejew-Saal, nur wenige Schritte von der Wiener Staatsoper, stellt sich einer der Verantwortlichen kritischen Fragen. Ganz in Schwarz gekleidet, nimmt der Holdingschef der österreichischen Bundestheater, Georg Springer, auf einem harten, ebenfalls schwarzen Holzstuhl Platz. Die Szenerie erinnert an eine Beerdigung. Und tatsächlich trägt Springer etwas zu Grabe: seine Unversehrtheit. Und er macht etwas sehr Unösterreichisches. Er bekennt sich wenigstens zu seiner Mitschuld. „Ja, ich bin mitverantwortlich. Das ist überhaupt keine Frage“, sagte der Aufsichtsratschef des Wiener Burgtheaters. Stille.

Doch Konsequenzen zieht der promovierte Jurist nicht. In anderen Ländern wäre der Rücktritt nach dieser Aussage folgerichtig gewesen. Doch in Österreich ticken die Uhren anders. Der 63-jährige Holdingchef wird bis zum Ende seines Vertrags, nämlich bis 31. Dezember 2014, im Amt bleiben. So viel ist sicher. Mit seiner Haltung ist er nicht allein. Auch Burgtheaterchef Matthias Hartmann, der den öffentlichen Auftritts Springers persönlich mitverfolgte, beruft sich darauf, dass er sich vor allem um die Künste, nicht um die Bilanzen kümmert. Auch Hartmann, ein deutscher und früher Intendant in Bochum, will selbstverständlich bleiben.

Der Mangel an Verantwortung und die fehlende Rücktrittskultur verschärfen die Probleme der Alpenrepublik an allen Fronten. „Wenn eine Person in höchster Verantwortung ein System außer Kraft setzt, haben Sie keine Möglichkeiten draufzukommen, bis zu dem Zeitpunkt, in dem alles explodiert“, sagte der Theatermann Springer. Doch ist das wirklich wahr? Meistens ist es eine ganze Clique, die ein System außer Kraft setzt.

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