Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bank einer Feierstunde glich. Da trat der selbstbewusste Bankchef Josef Ackermann vor die versammelten Journalisten und verkündete eine deutlich selbstbewusstere als selbstkritische Bilanz. Die Ergebnisse hätten sich trotz des schwierigen Umfelds positiv entwickelt. Das Geschäftsmodell der Bank habe sich bewährt, sie sei gestärkt aus der Krise hervorgegangen und können nun wieder angreifen. Sie werde von der Schwäche ihrer Wettbewerber profitieren. Sie sei ein Gewinner.
Wenn nun Ackermanns Nachnachfolger John Cryan vor die Presse tritt, sind die Vorzeichen gänzlich andere. Die Bank wird den höchsten Verlust ihrer Geschichte vermelden. Sie kämpft mit unabsehbaren Altlasten, sie ist dramatisch zurückgefallen, während ihre Wettbewerber davonziehen. 9000 Stellen sollen in den kommenden Jahren wegfallen, die Bilanz deutlich schrumpfen. Cryan versprüht keinen Glanz, er ist ein tief besorgter Arbeiter, der sich fast schon verzweifelt gegen den Niedergang stemmt. Von Wachstum ist längst keine Rede mehr. Cryans Aufgabe ist es, das Überleben des Instituts zu sichern.
Leicht ist das nicht. Gerade erst hat die Ratingagentur Moody’s die Bonität der Bank deutlich abtgestuft. Der Aktienkurs ist in den vergangenen Tagen auf ein Rekordtief gefallen. Deshalb fürchten viele in der Bank, dass ihr Institut ein Übernahmekandidat ist. Doch selbst das dürfte eine viel zu optimistische Einschätzung der eigenen Situation sein. Die Risiken aus insgesamt 6000 juristischen Verfahren sind immer noch so schwer abschätzbar, dass kein Wettbewerber sich ernsthaft an die Bank heranwagen wird.
So trudelt die Bank weitgehend perspektivlos dahin. Eine neue Strategie sollte eigentlich die Wende zum Guten bringen. Sie sieht vor, dass sich die Bank auf ihre historischen Kernaktivitäten fokussiert und so langfristig zu neuer Stärke findet. Sie soll sich vor allem auf die großen Unternehmen konzentrieren, sie weltweit in allen Finanzfragen begleiten. In der Folge sollen Randaktivitäten wegfallen. Die Bank will die Postbank verkaufen und einzelne Aktivitäten im Investmentbanking zurückfahren.
Wo die Deutsche Bank überall Ärger hat
Im Juni wurde bekannt, dass Ermittler rund um den Globus dem Verdacht nachgehen, russische Kunden könnten über die Deutsche Bank Rubel-Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar gewaschen haben. Die Bank hat versprochen, zur Aufarbeitung der Affäre mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Mehrere Mitarbeiter in der Moskauer Niederlassung wurden deshalb vor die Tür gesetzt, darunter auch der ehemalige Chef-Händler in Russland, Tim Wiswell.
Inzwischen hat die Affäre eine neue Dimension erreicht: Das US-Justizministerium und die Finanzbehörde von New York (DFS) prüfen laut einem Medienbericht, ob die Bank gegen Sanktionen verstoßen hat. Dabei gehe es auch um die Frage, ob Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht wurden und ob die Bank intern geeignete Vorkehrungen getroffen hat, um solche Verstöße zu verhindern.
Schon länger steht die Deutsche Bank im Verdacht, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die USA gegen Länder wie den Iran verhängt haben. Die Gespräche über einen Vergleich laufen, wie Insider berichten. Intern gab es zuletzt die Hoffnung, dass dieses Thema zeitnah abgeschlossen werden kann. Die Bank hat betont, sie habe sich bereits 2007 aus Iran-Geschäften zurückgezogen. Einige andere Finanzinstitute mussten für Vergleiche in der Sache bereits tief in die Tasche greifen: Die französische BNP Paribas zahlte knapp neun Milliarden Dollar, die Commerzbank 1,45 Milliarden Dollar.
Ende 2013 zahlte die Deutsche Bank 1,4 Milliarden Euro für die Beilegung ihres größten Rechtsstreits im Zusammenhang mit fragwürdigen Hypothekengeschäften in den USA. Das Institut soll vor der Finanzkrise beim Verkauf von Wertpapieren, die mit Hypotheken unterlegt sind, falsche Angaben gemacht haben. Andere Verfahren, die die amerikanischen Federal Housing Finance Agency (FHFA) gegen die Deutsche Bank und weitere Häuser angestrengt hatte, sind aus dem Vergleich jedoch ausgeklammert. Auch andere Klagen liegen noch auf dem Tisch und könnten potenziell viel Geld kosten.
Die Bank ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts München mitverantwortlich für die Pleite des Medienkonzerns im Jahr 2002. Grund ist ein Interview des damaligen Bankchefs Rolf Breuer, in dem dieser Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit gesät hatte. Anfang 2014 einigten sich die Streitparteien in einem Vergleich zwar auf Schadenersatz von 925 Millionen Euro. Doch die strafrechtlichen Ermittlungen gegen einzelne Spitzenmanager der Bank wegen versuchten Prozessbetrugs liefen weiter. Die Staatsanwaltschaft München erhob schließlich Anklage gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen sowie die früheren Spitzenmanager Josef Ackermann, Rolf Breuer und Clemens Börsig. Prozessauftakt war im April, das Verfahren zieht sich. Die Ermittlungen wurden zudem auf den heutigen Rechtsvorstand Stephan Leithner und die Anwälte der Bank ausgeweitet.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Bank wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Betrug mit CO2-Verschmutzungsrechten. Rund 500 bewaffnete Polizisten und Steuerfahnder hatten deshalb Ende 2012 den Hauptsitz der Bank in Frankfurt und andere Büros durchsucht. Co-Chef Fitschen und der langjährige Finanzvorstand Stefan Krause gehörten zu ursprünglich 25 Mitarbeitern der Bank, gegen die in der Affäre wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Denn Fitschen und Krause hatten die auf dem CO2-Betrug basierende Steuererklärung unterzeichnet. Im August diesen Jahres erhob die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt schließlich gegen acht beteiligte Kundenbetreuer und Händler der Deutschen Bank Anklage wegen "bandenmäßiger Steuerhinterziehung".
Wegen der Manipulation wichtiger Referenzzinssätze wie Euribor und Libor musste die Deutsche Bank viel Geld abdrücken. Die EU-Kommission verhängte Ende 2013 eine Strafe von 1,7 Milliarden Euro gegen sechs Großbanken, davon entfiel mit 725 Millionen Euro der Löwenanteil auf das Frankfurter Geldhaus. Die Behörden in Großbritannien und den USA brummten der Bank eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar auf. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat in ihrem Bericht zur Zinsaffäre eine Reihe von Top-Managern scharf angegriffen und ihnen zu laxe interne Kontrollen beziehungsweise eine mangelnde Aufklärung der Tricksereien vorgeworfen. Darunter war auch Co-Vorstandschef Anshu Jain, der im Frühsommer sein Amt zur Verfügung stellte. Einen Zusammenhang zwischen dem Rücktritt und dem BaFin-Bericht wies die Bank allerdings zurück.
Mit vier mutmaßlich in den Zinsskandal verwickelten Händlern hat sich die Deutsche Bank in Frankfurt nach langem Hin und Her auf einen Vergleich geeinigt, der ebenfalls Geld kostete.
Ob das Zinskapitel wirklich abgeschlossen ist, ist offen. In den USA könnten auch Sammelklagen von Anlegern gegen die Bank zugelassen werden. Sie müssen aber eindeutig nachweisen, dass ihnen durch die Manipulationen Nachteile entstanden sind.
Aufseher, darunter auch die BaFin, gehen dem Verdacht nach, dass Banken am billionenschweren Devisenmarkt ebenfalls getrickst haben. Einige internationale Großbanken haben in der Sache bereits milliardenschwere Vergleiche geschlossen. Die Deutsche Bank als einer der größten Devisenhändler der Welt nicht. Sie hat Finanzkreisen zufolge aber mehrere Händler vom Dienst suspendiert. Sie stehen offenbar im Verdacht, an Referenzkursen gedreht zu haben. Die Deutsche Bank hat erklärt, dass sie zur Aufklärung des Skandals mit verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet und zudem eine interne Untersuchung gestartet hat. Diese Untersuchung ergab nach Angaben aus Finanzkreisen, dass es bislang keinerlei Hinweise auf Tricksereien bei den großen Währungen Euro, Dollar, Pfund und Yen gibt, wohl aber vereinzelt beim russischen Rubel und dem argentinischen Peso.
Vom Haken sind die Frankfurter aber nicht: In der US-Niederlassung der Bank installierte die New Yorker Finanzaufsicht DFS einen Kontrolleur, der sich Finanzkreisen zufolge nun schon seit einigen Monaten das elektronische Devisenhandelssystem genauer anschaut. Demnach sind Algorithmen der Plattform "Autobahn" Teil der Ermittlungen.
Amerikanische und deutsche Aufseher gehen zudem dem Verdacht nach, dass Geldhäuser den viel beachteten Marktindex für Swap-Geschäfte (Isdafix) zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Sie haben auch dazu Informationen von der Deutschen Bank angefordert.
Das US-Justizministerium ermittelt seit mehr als fünf Jahren gegen Finanzinstitute in der Schweiz wegen mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Haken haben die Behörden seit 2013 auch die Deutsche Bank. Deren Schweizer Tochter erstatte Selbstanzeige. Finanzkreisen zufolge hat sich die Deutsche Bank bei den US-Behörden gemeldet, weil sie den Verdacht hegte, einige US-Kunden könnten ihr Vermögen in der Schweiz vor dem heimischen Fiskus versteckt haben. Seither würden Daten an die USA geliefert und Anfragen beantwortet. Eine Strafzahlung könne die Bank damit aber wohl nicht abwenden, sondern nur auf einen Rabatt hoffen. Eine Entscheidung steht noch aus. Das Bußgeld kann sich auf bis zu 50 Prozent der versteckten Gelder belaufen.
Doch inzwischen meinen immer mehr Investoren, dass auch diese abgespeckte Version der Deutschen Bank angesichts ihrer aktuellen Schwäche immer noch eine Nummer zu groß ausgefallen ist. Denn in dem von ihr avisierten Geschäftsfeld konkurriert sie mit scheinbar übermächtigen US-Instituten. Statt Übernahmeplänen machen in Frankfurt inzwischen Zerschlagungsszenarien die Runde. Die Bank könne sich in einen Teil für Privat- und kleinere Firmenkunden und in eine Investmentbank aufspalten, mutmaßen Investmentbanker. Es wäre das Ende eines Instituts, das einst zu den wichtigsten in der Welt zählte.
Dass es tatsächlich so weit kommt, ist zweifelhaft. Noch immer hat die Deutsche Bank auf ihrem Heimatmarkt eine starke Marke, in vielen Segmenten des Investmentbankings ist sie zwar zurückgefallen, aber global und vor allem in Europa immer noch bei den ersten Adressen dabei. Dennoch ist klar, dass dem Institut Jahre der Bescheidenheit, der schmerzhaften Schrumpfung bevorstehen. Wie konnte es soweit kommen? Was hat sie bloß so ruiniert?
Zu hoher Preis
Wer den Absturz verstehen will, muss in den Jahren vor der Finanzkrise anfangen. Es ist die Zeit der ganz großen Gewinne, der fetten Boni, der großen Ziele. Die Deutsche Bank soll global in der ersten Liga mitspielen, in der sie sich spätestens seit der Übernahme des US-Instituts Bankers Trust zu Hause fühlt. Ackermann strebt eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent an. Anders als vielfach dargestellt ist das kein Hirngespinst eines überehrgeizigen angeblichen Supermanagers. Es ist ein Wert, den Investoren von Banken verlangen. Die Deutsche Bank erreicht die Zahl kaum. Aber sie kommt ihr doch sehr nahe.
Allerdings zahlt sie dafür langfristig einen hohen, zu hohen Preis. Denn schon damals hat die Bank ein Problem, dass ihr auch heute noch zu schaffen macht. Anders als ihre Wettbewerber verdient sie auf ihrem Heimatmarkt mit Privatkunden und Unternehmen zwar ordentlich, aber nicht ausreichend Geld. Die Konkurrenz von Sparkassen und Volksbanken drückt die Preise.
Um das Ziel zu erreichen setzt die Bank deshalb voll auf das Investmentbanking. Sie heuert Banker von der Konkurrenz an, die nicht zur Deutschen Bank kommen, weil das eine großartige Marke ist. Sie fangen bei der Bank an, weil sie in ihr die geeignete Plattform sehen, um ihre persönliche Vermögenssituation zu optimieren. Die Bank lässt sie gewähren. Die Kontrollen sind lax, die Boni hoch. Gut ist, was Geld bringt. Auch wenn die Gewinne kurzfristig sind.
Falsche Anreize sind nicht der einzige Fehler dieser Zeit. Die Eigenkapitalrendite lässt sich optimieren, indem die Gewinne steigen. Sie lässt sich aber auch steigern, indem die Kapitalbasis reduziert wird. Die Deutsche Bank führt in den Jahren vor der Krise mehrere milliardenschwere Aktienrückkaufprogramme durch, das letzte noch Anfang 2007. Der Kurs kommt gut an, die Aktie steigt auf knapp über 100 Euro. Aber er reduziert auch die Stabilität der Bank, im globalen Vergleich zählt sie nun zu den am schwächsten gepolsterten Instituten. Das macht sie verwundbar, als Ende 2007 die große Krise aufzieht. Es geht jetzt um die Existenz.
Es bleibt ein Verdienst Ackermanns, dass die Bank diese unter seiner Führung zwar verwundet, aber nicht entscheidend verletzt übersteht. Ackermann weiß, dass in der Krise auch und vor allem Psychologie zählt. Er redet die Bank stark, erklärt, dass er sich schämen würde, Staatshilfe anzunehmen. Damit eckt er an, erreicht aber, dass der Markt der Bank vertraut. Sie bekommt weiter Liquidität, sie muss kein frisches Kapital aufnehmen.
So bleibt Ackermanns Erbe zwiespältig. In seine Amtszeit fallen die Verfehlungen, die zu Milliardenstrafen geführt haben oder noch führen werden. Er hat die Bank einseitig auf Wachstum ausgerichtet, er hat in den Jahren vor der Krise nicht gebremst, unter ihm wurden Kontrollen vernachlässigt. Man muss ihm aber zugutehalten, dass er seine Fehler zuletzt zumindest teilweise einsah. Bei seinen letzten Auftritten äußerte er sich stets kritisch über die Abhängigkeit von der Investmentbank. Der Nutzen vieler Produkte sei allenfalls zweifelhaft, erklärte er öffentlich. Um die Bank auf eine stabilere Grundlage zu stellen, kaufte er die Postbank. Eine grundlegende Restrukturierung, eine deutliche Reduzierung der Aktivitäten im Investmentbanking, gab es unter ihm allerdings bis zuletzt nicht.
Machtkampf
Ob er sie seinem Nachfolger überlassen wollte? Das Ende der Ära Ackermann war geprägt von einem beispiellosen Machtkampf mit dem damaligen Aufsichtsratschef Clemens Börsig. Ackermann hätte gerne den damaligen Bundesbankchef Axel Weber an der Spitze der Bank gesehen. Die Vorbehalte in der Bank waren gewaltig und es ist müßig zu fragen, ob Weber die bessere Wahl gewesen wäre. Vielleicht hätte seine Nähe zu den globalen Regulatoren einige folgenschwere Fehleinschätzungen verhindert. Und ganz sicher wäre seine persönliche Integrität weniger kritisch hinterfragt worden als die Anshu Jains, den Börsig dann gemeinsam mit Jürgen Fitschen an die Spitze der Bank setzte.
Von Anfang an musste Jain als früherer Leiter des Investmentbankings gegen gewaltiges Misstrauen ankämpfen. Das wuchs umso mehr, je mehr Skandale aufgedeckt wurden. Da half es wenig, dass Jain kräftig das Gesicht verzog, wenn er erklärte, wie sehr ihn die Libor-Affäre anwidere. Seine Glaubwürdigkeit war und blieb angeschlagen. Und das durchaus zu recht, wie sich erst spät herausstellte. So monierten Aufsichtsbehörden, dass die Bank bei der Aufklärung der Skandale keinesfalls so willig kooperierte, wie sie öffentlich verkündete. Die Hinhaltetaktik zahlte sich nicht aus, im Gegenteil: Für die Manipulation des Libors musste die Bank die bisher mit Abstand höchste Strafe zahlen.
Die ist allerdings kaum ausschlaggebend für die aktuelle Schwäche der Bank. Jains größte Fehler fanden in der Ausrichtung des Geschäfts statt. Er und Fitschen setzten darauf, dass die Bank anders als Wettbewerber ohne tiefe Einschnitte auskommen und davon mittelfristig profitieren würde. Als erfahrener Händler wettete Jain auf ein Comeback des Markts für festverzinsliche Papiere, auf dem die Deutsche Bank zu den wichtigsten Adressen zählte. Hier sollte sie Marktanteile gewinnen, das reichlich sprudelnde Geld würde reichen, um die Altlasten abzubauen.
Die Rechnung ist nicht aufgegangen, die Bank muss diese Schnitte nun nachholen. Sie fallen umso härter aus, weil Jain auch darauf setzte, dass der Eifer der Regulierer erlahmen würde. Stattdessen führten diese die sogenannte Leverage Ratio ein, die für Großbanken auch noch deutlich härter ausgefallen ist als erwartet. Die Deutsche Bank ist von ihr besonders hart getroffen, sie ist vor allem verantwortlich für die aktuelle Schrumpfkur.
Es wäre leicht, die gesamte Ära Jain als verlorene Zeit abzutun. Doch es gab auch bescheidene Erfolge: Immerhin gelangen der Bank zwei große Kapitalerhöhungen, ohne diese stünde sie noch wesentlich schlechter da. Allerdings wurde das Geld nicht wie angekündigt für Wachstum investiert, sondern ging vor allem für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten drauf. Entsprechend erschüttert ist das Vertrauen der Investoren.
Für Cryan wird es schwer, dieses wieder zu gewinnen. Die immer noch immensen Rechtsrisiken haben Zweifel aufkommen lassen, dass die Bank ohne weitere Kapitalerhöhung auskommt. Ob der Börsengang der Postbank in diesem Jahr wie geplant gelingt, ist ebenfalls offen. Was derzeit aber vor allem fehlt, ist eine überzeugende Perspektive. Mit der einstigen Größe ist es vorbei, die Ansprüche müssen deutlich schrumpfen. Aber was kommt dann? Cryan muss Antworten geben, die in die Zukunft weisen und sich nicht in einem bloßen „So-nicht-mehr“ erschöpfen. Einfach sind die ganz sicher nicht zu finden. Und es ist allenfalls ein schwacher Trost, dass die Bank nun nahe am Tiefpunkt angekommen scheint. Von dem aus kann es besser werden. Es muss aber nicht.