Deutsche Bank Der Zickzackkurs zermürbt die Postbank

Die Integration in die Deutsche Bank lässt von der Postbank wohl nicht viel übrig, Tausende Jobs fallen weg. Ob sich das lohnt, ist offen.

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Postban und die Integration in die Deutsche Bank Quelle: imago images

Vor dem gläsernen Eingang der Bonner Postbank-Zentrale trifft sich an diesem Morgen die Angst. „Wir werden zusammengelegt, es wird Massenentlassungen geben“, sagt ein Beschäftigter. „Sie können uns nicht einfach vor die Tür setzen“, sagt ein Kollege. Die Angestellten sorgen sich – um ihre Bank, ihren Arbeitsplatz, ihre Zukunft. Und das vermutlich zu Recht. Denn zwei Tage zuvor ist eingetreten, was viele seit Monaten befürchtet hatten. Die Deutsche Bank wird die Postbank nicht wie angekündigt verkaufen oder an die Börse bringen, sondern integrieren. Damit ist eine lange Hängepartie zu Ende. Die Zitterpartie für die Beschäftigten fängt erst an.

Unsicher sind auch die Perspektiven der Deutschen Bank. Die Kehrtwende wird teuer und stiftet interne Unruhe. Analysten bezweifeln, dass die Bank ihre Einsparziele erreichen kann. Vor allem aber muss das Institut endlich eine überzeugende Strategie für das deutsche Privatkundengeschäft liefern, mit dem es sich seit Jahrzehnten schwertut.

Das zu stärken war das Ziel, als Josef Ackermann im Herbst 2008 bei der Postbank einstieg. Die Bank übernahm die Mehrheit der Aktien des ehemaligen Dax-Konzerns, legte Abteilungen zusammen, trieb die Kooperation voran. Im April 2015 kündigte sie dann die Trennung an. Nun, keine zwei Jahre später, ist wieder alles anders.

Die teuersten Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank

Für den stets etwas zerquält wirkenden Vorstandschef John Cryan ist das unerfreulich. Zwar hat der Brite erkennen lassen, dass er den Abschied im Grunde für wenig sinnvoll hält. Trotzdem hatte er eine strategische Wende ausgeschlossen. Die Postbank solle endlich zeigen, dass sie Konzepte umsetzen kann. „It’s all about Execution“ betitelte Cryan eine seiner ersten Präsentationen.

Intern trifft der Missmut vor allem Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Der hatte Ende 2014 eine neue Strategie entwerfen lassen. Was die Bank dann Anfang 2015 präsentierte, überzeugte die Investoren wenig. Dass die Trennung ohne Weiteres gelingen würde, schien schon da fraglich. „Sie ist die eindeutig bessere Option – auch für die Postbank“, verteidigte Achleitner das Konzept.

Schließlich hatte er einen Plan verworfen, den der damalige Privatkundenchef Rainer Neske favorisierte und der dem nun beschlossenen verdächtig gleicht. Hätte die Bank ihn damals umgesetzt, hätte sie einen hohen dreistelligen Millionenbetrag gespart. So viel hat die Trennung seitdem gekostet. Die Umkehr dürfte nun ähnlich teuer werden. „Achleitner ist für das Hickhack verantwortlich“, sagt ein Manager. „Es ist erstaunlich, dass Investoren das mitmachen.“

Deshalb wächst die Sorge um Deutschlands größte Bank
Josef Ackermann, Angela Merkel Quelle: AP
Das Bild zeigt den damaligen Bankchef Rolf-E. Breuer nach der Verkündung der Bankers-Trust-Übernahme im Jahr 1998. Quelle: dpa Picture-Alliance
Lehman-Brothers-Mitarbeiter nach der Kündigung 2008 in London. Quelle: REUTERS
Die Folgen der Immobilienkrise Quelle: dpa
Schwaches KerngeschäftNach der Finanzkrise gab es zwei wesentliche Entwicklungen unter globalen Großbanken. Die in den USA beheimateten Institute (Bild: New Yorks Finanzdistrikt) – mit zwangsweiser Staatshilfe versorgt – konnten die Krise beschleunigt hinter sich lassen. Sie wuchsen gar zu neuer Größe. Die andere Gruppe stutzte das Investmentbanking, dass weniger lukrativ wurde und mit weniger Mitarbeitern zu leisten war – und fokussierte sich auf die hauseigene Vermögensverwaltung. Die Deutsche Bank suchte den Mittelweg aus eigener Kraft: keine Staatshilfe, kein großer Strategieschwenk. Die Folge: Dutzende Strafzahlungen etwa wegen Zinsmanipulationen schlugen ins Kontor, während gleichzeitig das Kerngeschäft litt. Quelle: dpa
Riskante Finanzierung Quelle: dpa
Wenig Reserven Quelle: dpa

Letztlich blieb der Bank nichts anderes übrig, als die Richtung abermals zu ändern. Kaufinteressenten für die Postbank fragten nur locker an, ein Börsengang hätte nicht den angestrebten Ertrag gebracht. Ihre schwache Kapitalbasis will die Deutsche Bank nun durch eine Kapitalerhöhung von acht Milliarden Euro und den Teilbörsengang der Vermögensverwaltung stärken.

Blau-gelbe Jonglierübungen

Wirklich überraschend kommt der Beschluss nicht. Schon im April 2016 hatte die WirtschaftsWoche berichtet, dass aus dem angestrebten Abschied nichts werden dürfte. Obwohl Vorstand und Pressestelle offiziell weiter an den Plänen festhielten, rechnete intern seit Sommer kaum jemand mit deren Verwirklichung. Dass sich Führungskräfte der Postbank immer noch Anstecker mit der Aufschrift „Fit für die Börse 2.0“ ans Jackett hefteten, wirkte zunehmend bizarr.

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Dabei hatte die Aussicht auf die erneute Selbstständigkeit bei ihnen zunächst Euphorie ausgelöst. So richtig wohlgefühlt hatten sich die meisten in der Deutschen Bank nie, zu sehr unterschied sich ihre hemdsärmelige Kultur vom distinguierten Auftreten der Abgesandten aus Frankfurt. Teamspiele wie gemeinsame Jonglierübungen mit blauen und gelben Bällen halfen da wenig. Geradezu prophetisch wirkt heute das damals intern verbreitete Schaubild eines Reißverschlusses mit gelben und blauen Zähnen. Erst ging der zu, dann ging er auf.

Nun geht er wieder zu. „Die Enttäuschung ist groß, die Gräben sind tief“, sagt ein Postbank-Aufsichtsrat. „Die Vorbehalte gegen die Deutsche Bank sind noch größer als bei der ersten Integration.“ Helfen könnte allein Sicherheit darüber, wie es weitergeht.

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