Letzteres sorgt für gesteigerte Unruhe. Denn Experten halten es für wahrscheinlich, dass die Regulierer die Anforderungen hier nochmals empfindlich verschärfen. Schlimmstenfalls müsste die Deutsche Bank ihre Bilanz dann von aktuell 1,5 Billionen Euro um 500 Milliarden schrumpfen. Ungemach droht auch vom geplanten Trennbanken-Gesetz. Wenn die Bank Teile des Investmentbankings abspalten muss, braucht sie noch mehr Kapital.
Mit kosmetischen Korrekturen ist es da nicht getan. Das weiß niemand so gut wie Krause. „Er kennt die Bank vermutlich besser als jeder andere“, sagt ein langjähriger Top-Manager. Ein früherer enger Mitarbeiter staunt noch heute darüber, wie akribisch und schnell sich der Finanzchef nach seinem Wechsel zur Bank dort eingearbeitet hat. „Bei Konferenzen ist er fast immer am besten vorbereitet“, sagt auch einer, der ihn seit vielen Jahren gut kennt.
Das legen seine spärlichen öffentlichen Auftritte zumindest nahe. Bei denen präsentiert er sich meist im Schatten der Chefs als deren versierter Fachmann fürs Dröge. Beflissen und klar referiert er über Rückstellungen, risikogewichtete Aktiva und Core-Tier-One-Quoten. Humor fehlt bei solch rhetorischem Schwarzbrot naturgemäß ebenso wie visionäre Weitsicht.
Herr der Zahlen
Zumindest bei Investoren hat er sich so viel Respekt verschafft. So wenig sie die Aktie der Bank mögen, so sehr schätzen sie Krause persönlich. „Er war immer offen und hilfreich im Dialog“, sagt ein Fondsmanager. Das Vertrauen hat sich für die Bank ausgezahlt: Dass sie ihr Kapital in den vergangenen Jahren um insgesamt 24 Milliarden Euro erhöhen konnte, gilt nicht zuletzt als Krauses Verdienst.
Dass dessen biedere Fassade vielleicht nicht alles ist, erkannten nicht nur verdutzte Banker im Frühjahr 2011. Noch in München hatte sich Krause von seiner langjährigen Frau getrennt, nun tauchten in einer Sonntagszeitung Fotos auf, die ihn mit seiner neuen Lebensgefährtin in südfranzösischem Luxusambiente zeigten. Die hatte, wie zu lesen war, früher als Model gearbeitet, den Schwerpunkt ihrer Erwerbsarbeit aber mittlerweile auf Design und Vertrieb von Taschen aus Schlangenleder verlegt.
Dass hinter dem Herrn der Zahlen ein leichtfüßiger Lebemann steckt, bestreiten Kollegen und Weggefährten energisch. Krause sei uneitel und bodenständig geblieben. Auch wenn in der Garage des Ex-Automanagers noch ein paar Sportwagen stünden, habe er sich Distanz zu allzu offensichtlichen Insignien des Erfolgs bewahrt. „Der ist auch glücklich, wenn er zelten geht. Der braucht das alles nicht“, sagt einer, der mit ihm befreundet ist.
Die Deutsche-Bank-Doppelspitze in Zitaten
Am 1. Juni 2012 übernahmen Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Deutsche-Bank-Führung. Ein Rückblick in Zitaten:
„Schöne Broschüren, wo alles richtig beschrieben ist, werden uns nicht einen Millimeter voranbringen.“
„Die Deutsche Bank ist nicht gefährlich.“
„Anshu sagte mir einmal, dass er mit mir mehr spricht als mit seiner Frau. Das ist langfristig natürlich gar nicht gut für die Ehe.“
„Das ist tatsächlich vergleichbar mit einer Ehe. Man muss viel einbringen, aber man hat auch gemeinsame Werte.“
„Ich bin etwas heiser, ich musste öfter telefonieren.“
„Zuallererst Kapital, daneben Kosten, Kompetenzen, Kunden und Kultur.“
„Ein kultureller Wandel ist zwingend erforderlich.“
„Wer bei uns arbeitet und diese Werte nicht respektiert, der sollte besser gehen, das haben wir jedem gesagt.“
„Heute können wir sagen, dass der Hungermarsch vorbei ist.“
„Wir stellen uns der Kritik. Das bedeutet nicht, dass wir jedem nachgeben, der meint, die Bank an den Pranger stellen zu können.“
„Wir haben gewisse Fehler gemacht. Ich übernehme dafür die Verantwortung.“
„Keine deutsche Bank ist so global wie wir, keine globale Bank ist so deutsch wie wir.“
„Wir wollen nicht nur als eine anständige Bank wahrgenommen werden, sondern wir wollen auch eine anständige Bank sein.“
„Es ist ein Fakt, dass man den Banken das Vertrauen entzogen hat.“
Unabhängig
Die Haltung führen Weggefährten auf seinen Lebensweg zurück. Krause kam erst mit knapp 20 Jahren zum BWL-Studium nach Deutschland. Aufgewachsen ist er in Kolumbien, wo sein Vater für VW arbeitete. Die Jahre haben ihn geprägt, noch heute reist er regelmäßig dorthin. „Südamerika hat ihn gelassen und unabhängig gemacht“, sagt ein Freund. So sei er zwar enorm ehrgeizig, halte aber nicht viel von den üblichen Intrigen in den Chefetagen. „Der kann da morgen hinausgehen und ist trotzdem glücklich“, sagt der Weggefährte.
Die Unabhängigkeit hilft ihm bei seiner aktuellen Aufgabe. Die Grundsatzdiskussionen finden bislang nur im Vorstand statt, doch was davon nach außen dringt, beeindruckt. „Ich habe noch nie einen derart grundlegenden und gut strukturierten Prozess erlebt“, lobt ein Aufsichtsrat.
Es ist tatsächlich eine mehr als umfassende Analyse des Status quo und aller Stärken und Schwächen, mit der Krause die Bank in ihre Einzelteile zerlegt, um sie daraus möglichst zukunftsträchtig neu zusammenzusetzen. Er hat eine enorm komplexe Datensammlung angerichtet und in einer sogenannten Matrix wieder geordnet.