Deutsche Bank Millionenstrafe in russischer Geldwäsche-Affäre

Die Deutsche Bank kann eine ihrer juristischen Altlasten beilegen. Das größte deutsche Geldhaus kam in einem Geldwäsche-Skandal in Russland mit Strafen von umgerechnet knapp 600 Millionen Euro davon.

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Deutsche Bank: Millionenstrafe in russischer Geldwäsche-Affäre Quelle: dpa

Die Deutsche Bank sieht beim Aufräumen der unzähligen Altlasten allmählich wieder Land. Nach der milliardenschweren Einigung im US-Hypothekenstreit kann Vorstandschef John Cryan nun auch einen wichtigen Teil-Vergleich im Geldwäsche-Skandal in Russland vermelden: Mit Aufsichtsbehörden in New York und London handelte er dafür eine Strafe von insgesamt knapp 600 Millionen Euro aus. Deutschlands größtes Geldhaus kommt damit zunächst glimpflicher davon als befürchtet. Das sorgte bei Anlegern für Erleichterung. Die Jahresbilanz 2016, die Cryan am Donnerstag in Frankfurt präsentiert, wird wegen der Verfehlungen aus der Vergangenheit aber tiefrot sein.

Immerhin kann die Deutsche Bank ihren Blick nun mehr nach vorne richten und verstärkt an ihrer Strategie arbeiten. Der Umbau stehe auf einem sauberen Fundament, sagte Privatkunden-Chef Christian Sewing dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe). "Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder nachhaltig profitabel werden."

Die Russland-Affäre ist peinlich für das Institut. Sie kochte 2015 hoch - als das Geldhaus längst seinen sogenannten Kulturwandel ausgerufen und unsauberen Geschäften öffentlich abgeschworen hatte. Der Aufsichtsrat wurde davon kalt erwischt. Nach Ansicht der New Yorker Finanzaufsicht DFS hat die Deutsche Bank zahlreiche Gelegenheiten verpasst, die Machenschaften in Russland aufzudecken, zu untersuchen und zu stoppen. Dabei habe sie zu der Zeit längst gewusst, dass sie großen Nachholbedarf hatte, was die Einhaltung von Vorschriften betreffe, kritisierte DFS-Chefin Maria Vullo. Nach Einschätzung von Ermittlern konnten russische Kunden durch Aktiengeschäfte über die Bank seit 2011 Rubel-Schwarzgeld im Wert von rund zehn Milliarden Dollar waschen. Weil der Dollar betroffen war, schalteten sich auch die US-Behörden ein.

Selbst als eine andere europäische Bank die Frankfurter auf widersprüchliche Informationen zu einem der betroffenen Kunden hinwies, habe die Deutsche Bank nicht reagiert - und das später damit entschuldigt, dass der zuständige Manager zu viel zu tun gehabt habe, sagte die DFS-Chefin. Erst Ende 2014 - viel später als andere Institute - habe die Bank Russland als Hochrisiko-Land eingestuft. Nun bekommt sie für zwei Jahre einen Aufpasser zur Seite gestellt, der interne Abläufe gegen Geldwäsche unter die Lupe nehmen soll.

Zeitweise stand sogar der Verdacht im Raum, dass Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht worden sein könnten, die von den USA mit Sanktionen belegt sind. Das hätte die Strafe exorbitant nach oben schießen lassen. Cryan hatte gewarnt, die Deutsche Bank sei an dieser Stelle finanziell "verwundbar". Finanzkreisen zufolge legte das Institut für Russland sicherheitshalber etwa eine Milliarde Euro zur Seite.

Dass es nun deutlich günstiger wird - auch weil sich die Sanktions-Verstöße offenbar nicht belegen ließen -, hatte Reuters am Montagabend exklusiv aus Finanzkreisen erfahren. Wenige Stunden später gingen die New Yorker DFS und die britische Finanzaufsicht FCA an die Öffentlichkeit. Im Kern bemängelten sie zu laxe Kontrollen, lobten aber zugleich die Kooperationsbereitschaft der Bank bei der Aufklärung der Affäre. Deshalb gab es nach offiziellen Angaben einen Rabatt: Die DFS kassiert umgerechnet 397 Millionen Euro, die FCA 190 Millionen.

"Akzeptabel", schrieb Analyst Christian Koch von der DZ Bank in einer Kurzstudie. Er empfiehlt die Deutsche-Bank-Aktie aber weiterhin zum Verkauf, weil noch andere Rechtsrisiken schwelen. Auch die Russland-Affäre ist noch nicht ganz vom Tisch, unter anderem das US-Justizministerium ermittelt noch. Die Börsianer störte das zunächst nicht. Mit einem Plus von mehr als zwei Prozent war die Deutsche-Bank-Aktie am Dienstag zeitweise größter Dax-Gewinner.

Cryan, seit Juni 2015 im Amt, hat große Teile des Geschäfts in Russland eingedampft, insbesondere das Investmentbanking dort. Sein Vorstandskollege Karl von Rohr, der Rechtsexperte der Bank, entschuldigte sich nun das organisatorische Fehlverhalten und warb um Vertrauen: "Wir bauen die Geldwäsche-Überwachung und entsprechende Schulungen kontinuierlich aus", schrieb er an die weltweit rund 100.000 Mitarbeiter, der auf der Internetseite der Bank veröffentlicht wurde.

Die Deutsche Bank will den Russland-Skandal nach früheren Angaben noch in das abgelaufene Geschäftsjahr buchen, das wegen der Sieben-Milliarden-Dollar Strafe im US-Hypothekenskandal und der Kosten des Konzernumbaus ohnehin als weiteres Sanierungsjahr abgeschrieben ist. Von Reuters befragte Analysten erwarten, dass Cryan am Donnerstag einen Nettoverlust von rund 700 Millionen Euro präsentieren wird. Vor allem das Schlussquartal dürfte die Bilanz verhagelt haben. Fest steht bereits, dass es keine Dividende gibt.

Daneben hat die Bank den Bonustopf massiv zusammengestrichen. "Das hat auch etwas mit Anstand zu tun", betonte Privatkundenvorstand Sewing im "Handelsblatt". Zu den künftigen strategischen Weichenstellungen, insbesondere der Frage einer Kapitalerhöhung, hielt er sich bedeckt. Der Aufsichtsrat berät diese Woche in Frankfurt und erhofft sich mehr Klarheit, wohin die Reise geht, wie Insider berichten.

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