Deutsche-Bank-Prozess Josef Ackermann erhebt Vorwürfe gegen Richter

Der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann meldet sich im Betrugsprozess um Medienmogul Kirch zu Wort: Er wirft den Richtern am Oberlandesgericht München vor, tendenziöse Fragen gestellt zu haben.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Im Betrugsprozess gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und weitere Spitzenbanker macht das Gericht den Angeklagten Hoffnung auf ein zügiges Ende. Zwar sei das Verfahren erheblich im Rückstand mit der Beweisaufnahme und mit einem Abschluss des Verfahrens vor August nicht zu rechnen, sagte Richter Peter Noll in der Verhandlung in München. Er deutete aber an, dass er ein Ende des Prozesses noch in diesem Jahr erwarte: "Ich rede jetzt nicht vom nächsten Jahr. Ich rede davon, dass man vor der Sommerpause voraussichtlich nicht durchkommt", sagte Noll.

Das Gericht hat bis zum 4. August noch drei Verhandlungstage angesetzt und dann - nach dreiwöchiger Auszeit - wieder ab 28. August Termine reserviert.

Kirch-Prozess: Das ABC einer Affäre

Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Vorstände von Deutschlands größter Bank sollen ein anderes Gericht belogen haben, um eine milliardenschwere Schadenersatzklage des Medienmoguls Leo Kirch abzublocken. Durch abgestimmte Aussagen sollen die fünf Männer laut Anklage versucht haben, die Richter zu täuschen und die Deutsche Bank vor Schadenersatzzahlungen an Kirch zu schützen.

Der Vorsitzende Richter Guido Kotschy hatte damals bereits während des Prozesses Zweifel an den Aussagen der Top-Banker geäußert und damit die Münchner Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Ackermann wies die Betrugsvorwürfe erneut zurück. „Ich habe vor dem Oberlandesgericht nach bestem Wissen und Gewissen das ausgesagt, woran ich mich erinnert habe.“ Auch die anderen Angeklagten hatten die Vorwürfe zurückgewiesen.

Ackermann: "Nahe dran, aufzustehen und mich zu verabschieden"

Zudem erhob Ackermann an diesem Prozesstag schwere Vorwürfe gegen Richter des Münchner Oberlandesgerichts. Die Juristen hätten ihm im Prozess um Schadenersatz für die Pleite des Medienkonzerns Kirch vor vier Jahren tendenziöse Fragen gestellt, um dadurch ihre vorgefertigte Meinung zu bestätigen, beklagte Ackermann am Dienstag vor dem Landgericht München. „Die Atmosphäre und die Art der Befragung kamen mir feindselig vor.“ Die Richter hätten einen rauen, unfreundlichen Ton angeschlagen und seine Aussage von Anfang an angezweifelt. „Ich war zeitweise nahe dran, aufzustehen und mich zu verabschieden.“

In der Aussage von Ackermann und den anderen Angeklagten im Schadenersatzprozess 2011 ging es um die Frage, ob die Bank Kirch im Jahr 2002 absichtlich in die Enge getrieben hat, um danach durch einen Beratungsauftrag bei der Zerschlagung des Unternehmens Geld zu verdienen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft haben sich die Angeklagten vor Gericht in diesem Punkt nicht richtig geäußert: Denn sie hatten vor dem Oberlandesgericht erklärt, es habe keinen Beschluss für ein Beratungsmandat der Kirch-Gruppe gegeben. Darin sehen die Ermittler einen Widerspruch zu dem Protokoll einer Vorstandssitzung aus dem Januar 2002, wenige Monate vor der Insolvenz der Kirch-Gruppe.

Aus diesem ergäben sich Hinweise darauf, dass die Bank doch Interesse an einem Beratungsmandat gehabt habe. Ackermann betonte aber, er sei immer gegen ein Mandat mit der Kirch-Gruppe gewesen. „Hätte ich mich für ein Mandat interessiert, wäre ich sicher aktiv geworden.“

Medienunternehmer Leo Kirch hatte die Deutsche Bank sein Leben lang für die Pleite seines Unternehmens verantwortlich gemacht und Schadenersatz in Milliardenhöhe gefordert, weil der damalige Chef Rolf Breuer öffentlich die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt hatte. In einem Vergleich einigten sich beide Seiten letztlich auf 925 Millionen Euro. Ackermann sprang Breuer aber zur Seite: Dieser habe damals nur ausgesprochen, was ohnehin bekannt war. „Dass es uns mehr als ein Jahrzehnt beschäftigten und wir eines Tages hier sitzen würden, hätte sicher niemand vorausgesehen.“

Bei Prozessbeginn Ende April sah es zunächst nach einem sehr langen Verfahren aus. Wegen der umfangreichen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft zu dem mehr als zehn Jahre währenden Streit zwischen Kirch und der Bank drohte der Strafprozess anfangs sogar zu platzen. Gericht und Verteidiger hatten sich von der schieren Menge überrascht gezeigt und Zweifel geäußert, sich selbst rechtzeitig einen Überblick verschaffen zu können. Doch nun scheint ein Ende in Sicht. "Ich sehe nicht mehr so viele Zeugen", sagte Fitschens Verteidiger Hanns Feigen und zählte drei Namen auf. Richter Noll regte an, die Aussagen der Zeugen aus den Akten der Staatsanwaltschaft zu studieren, statt sie im Gericht zu vernehmen. "Wir schauen uns das gern mal an", sagte Staatsanwalt Stephan Necknig.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%