Deutsche-Bank-Prozess um CO2-Rechte Verteidigung wirft Richter Vorverurteilung vor

Eigentlich war der Emissionshandel eine gute Idee. Doch das Geschäft mit CO2-Zertifikaten lockte Kriminelle. Auch Deutsche-Bank-Mitarbeiter sollen geholfen haben, den Fiskus um Millionen zu betrügen.

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Ein Angeklagter wird im Landgericht von seinen Verteidigern vor den Blicken der Fotografen abgeschirmt Quelle: dpa

Mit verhärteten Fronten hat am Montag der Prozess um eine Beteiligung von ehemaligen und aktuellen Deutsche-Bank-Mitarbeitern am betrügerischen Handel mit Luftverschmutzungsrechten begonnen. In Serie warfen Verteidiger dem Vorsitzenden Richter Martin Bach und seinen Beisitzern am Landgericht eine „Vorverurteilung“ der sieben Angeklagten vor und forderten per Befangenheitsantrag deren Absetzung. Bach bestand auf einer schleunigen Fortsetzung der Hauptverhandlung - „auch im Interesse der Angeklagten, die schon lange auf eine Entscheidung warten“.

Erst am Nachmittag konnte vor der 2. Großen Wirtschaftsstrafkammer die 865 Seiten dicke Anklageschrift in Auszügen verlesen werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wirft den Angeklagten „schwere bandenmäßige Steuerhinterziehung“ vor. Die Anklagebehörde beschuldigt die inzwischen 34- bis 65-Jährigen, sich von Herbst 2009 bis Frühjahr 2010 an einem kriminellen Umsatzsteuer-Karussell beteiligt zu haben - als Geschäftskundenbetreuer, Mitarbeiter der Handelsabteilung oder der Steuerabteilung der Deutschen Bank.

Der Vorwurf: Hinterziehung von 220 Millionen Euro Umsatzsteuer beziehungsweise Beihilfe dazu. Von den sieben Angeklagten arbeitet nur noch einer für Deutschlands größtes Geldhaus, auch er wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe suspendiert. Das Verfahren gegen eine ehemalige Rohstoffhändlerin wurde abgetrennt. Am Donnerstag (18.2.) wollen sich die Angeklagten zu den Vorwürfen äußern.

Die Brennpunkte der Deutschen Bank
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FrankfurtIn der Deutschen-Bank-Zentrale fürchten einige Manager zu viel Einfluss der Investmentbanker. Als Beleg sehen Skeptiker die Besetzung der Top-Position im Risikomanagement durch einen Getreuen von Co-Chef Jain. Quelle: Laif
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Beim Handel mit Rechten zum Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) wurden nach Erkenntnissen der Ermittler über deutsche Gesellschaften Emissionsrechte aus dem Ausland gekauft und im Inland über Zwischenfirmen weiterverkauft, ohne Umsatzsteuer zu bezahlen. Die jeweils letzte Gesellschaft in der Kette veräußerte die Papiere wieder ins Ausland. Dafür ließen sich die Betrüger vom Finanzamt Umsatzsteuer zurückerstatten, die nie gezahlt worden war.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, CO2-Handelspartner unzureichend geprüft zu haben und interne Kontrollgremien der Bank „selektiv und teilweise wahrheitswidrig“ über Verdachtsmomente informiert zu haben, um „die Fortsetzung des als äußerst profitabel eingeschätzten Handels nicht zu gefährden“. Die Staatsanwaltschaft beruft sich unter anderem auf Aussagen der Angeklagten aus regelmäßigen Telefonkonferenzen zum Emissionshandel.

Die Ermittlungen laufen seit Jahren. Öffentlich geworden waren sie durch eine Razzia bei der Deutschen Bank im April 2010. In einem ersten Prozess 2011 wurden sechs Bankkunden wegen schwerer Steuerhinterziehung rechtskräftig zu Haftstrafen zwischen drei Jahren sowie sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt. Damals hatte Bach als Vorsitzender Richter deutliche Kritik an der Rolle der Deutschen Bank geäußert.

Die Verteidigung monierte, Äußerungen von Bach in einem ZDF-Beitrag aus dem Mai 2013 („Unheimliche Geschäfte - Die Skandale der Deutschen Bank“) ließen den Schluss zu, für das Gericht stehe die Schuld der Angeklagten bereits fest. In einem Vorgespräch zur Hauptverhandlung habe Bach zudem den Eindruck erweckt, ein Geständnis sei die einzige Alternative für die Angeklagten. „Sie wollen hier mit einer Dampfwalze über die Angeklagten hinwegfahren“, sagte ein Anwalt.

Die Bank sitzt auch im aktuellen Verfahren formal nicht auf der Anklagebank. Ein Sprecher des Instituts betonte: „Die Deutsche Bank hat den Handel mit CO2-Zertifikaten bereits im Jahr 2010 eingestellt und die Steuern an das Finanzamt zurückerstattet.“ Die betroffenen Mitarbeiter seien bei Bekanntwerden der Vorwürfe „sofort freigestellt“ worden. „Die Deutsche Bank kooperiert mit den Behörden.“

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