Deutsche Bank Die verzweifelte Suche nach Schuldigen

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Sonderprüfung gefordert

Aktionäre sind vom Willen zur bedingungslosen Aufklärung jedoch nicht überzeugt. Aus ihrer Sicht ist es besonders heikel, dass mit Paul Achleitner auch ein amtierender Amtsträger unter Beschuss steht. Der Aufsichtsratschef taucht im Bericht der britischen FCA zur Libor-Affäre auf. Der Vorstand der Bank hat deshalb eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet.

In Achleitners Umfeld war zuletzt von einem Routineverfahren die Rede, das möglichst vor dem Aktionärstreffen abgeschlossen sein sollte. Das dürfte nun wohl nicht mehr klappen. Vom Wert der internen Prüfung sind einige Aktionäre ohnehin nicht überzeugt. Mit der Begründung, dass die Untersuchungen sowieso im Sande verlaufen würden, hat die Aktionärin Marita Lampatz als Erste eine Sonderprüfung gefordert. Nur ein externer Experte könne das Thema korrekt bewerten.

"Im Notfall spannt die Regierung ein Sicherheitsnetz"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Quelle: dpa
Martin Wansleben Quelle: dpa
Regierungspolitiker Quelle: REUTERS
John Mack, ehemaliger CEO von Morgan Stanley Quelle: REUTERS
Fondsmanager Marc Hellingrath, Union Investment Quelle: imago images
Christian Gattiker, Chefstratege und Leiter Research bei Julius Bär Quelle: REUTERS

Mittlerweile haben sich dem Begehren gewichtige Stimmen angeschlossen. So befürworten auch die einflussreichen Aktionärsberater ISS und Glass Lewis die Sonderprüfung. Es bestünden „erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Aufsichtsrats, mögliches Fehlverhalten seiner Mitglieder zu untersuchen“, heißt es in der ISS-Empfehlung.

Gewachsen sind die Bedenken durch den überraschenden Abgang des Aufsichtsrats Georg Thoma vor zwei Wochen. Der Anwalt hatte im Kontrollgremium den Ausschuss für Integrität geleitet, er war damit entscheidend an der Aufarbeitung juristischer Altlasten beteiligt. Mehrere Mitglieder des Kontrollgremiums meinen, dass Thoma seine Kompetenzen zunehmend überschritten hat. Sein Abschied weckt jedoch Befürchtungen, dass eine radikale Aufklärung bei der Bank nicht mehr erwünscht ist.

Auf allen Ebenen der Bank wird das bestritten. In Kreisen des Aufsichtsrats heißt es zudem, dass Mitglied Frank Bsirske bei einer Sitzung im Sommer als Erster die Frage aufwarf, ob die Aufarbeitung der Vergangenheit allmählich aus dem Ruder laufe. Der Chef der Gewerkschaft Verdi sollte der Vertuschung eigentlich unverdächtig sein.

Fehler im System

Tatsächlich hat der Aufsichtsrat in den vergangenen Jahren in etlichen Fällen mögliche Verfehlungen von Vorständen untersucht. Wie es in seinem Umfeld heißt, gab es seit 2012 rund ein Dutzend Verfahren. Erforderlich werden die, wenn sich ein Vorstand möglicherweise falsch verhalten oder Fehler durch mangelhafte Organisation in seinem Zuständigkeitsbereich begünstigt hat. Wenn der Aufsichtsrat nicht untersucht, haftet er im Zweifel selbst.

Anlässe dafür gab es reichlich. Neben der Libor-Manipulation hat die Bank auch mögliche Tricksereien im Devisen- und Edelmetallhandel sowie ihre Beteiligung an zweifelhaften Geschäften des italienischen Skandalinstituts Monte Paschi überprüft. Als die BaFin 2013 monierte, die Deutsche Bank treffe keine ausreichenden Vorkehrungen gegen Geldwäsche, ließ der Aufsichtsrat die Rolle des damals zuständigen Vorstands Stephan Leithner kontrollieren. Sanktionen blieben aus.

Übergroße Rücksichtnahme habe es dabei aber nicht gegeben. „Ich kann nicht erkennen, dass Manager geschont wurden“, sagt ein Mitglied des Aufsichtsrats. Im Zweifel habe schon der Austausch mit der BaFin dafür gesorgt, dass die Untersuchungen mit ausreichendem Engagement vonstatten gingen.

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