Besorgte Dax-Manager machen sich für die angeschlagene Deutsche Bank stark. Topmanager wie Siemens-Chef Joe Kaeser, Eon-Chef Johannes Teyssen und RWE-Chef Peter Terium betonten in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ die Bedeutung des Geldhauses für die deutsche Wirtschaft. „Die deutsche Industrie braucht eine Deutsche Bank, die uns in die Welt hinaus begleitet“, sagte der BASF-Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Hambrecht der Zeitung. Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte: „Starke deutsche Banken sind wichtig für eine starke deutsche Wirtschaft. Diese Verbindung ist eng. Und das wird so bleiben.“
Die Folgen der Niedrigzinsen und die immer strengeren Regeln der Aufsichtsbehörden lasten schwer auf den Geschäften der Deutschen Bank. Auslöser für die große Nervosität der vergangenen Tage ist die Drohung der US-Justiz, der Bank für Vergehen mit Hypothekenpapieren eine Strafe von 14 Milliarden US-Dollar aufzubrummen. Am Freitag war der Aktienkurs erstmals unter die Marke von 10 Euro gesunken. Hintergrund waren Berichte, einige Hedgefonds in den USA hätten Geschäfte mit der Bank zurückgefahren und Geldbestände aus dem Handelsbereich des Instituts abgezogen. Bis Börsenschluss hatten sich die Papieren aber wieder deutlich erholt.
Der Präsident der deutschen Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld, wollte die schwierige Lage der Deutschen Bank nicht kommentieren. Er sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ aber: „Ich warne davor, sich in eine Art Abwärtsspirale der negativen Wahrnehmung hineintreiben zu lassen. Nicht jede nervöse Marktreaktion ist durch objektive Fakten gedeckt.“ Richtig sei, dass es für jede große Bank Sanierungs- und Abwicklungspläne gebe.
Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)
"Die Deutsche Bank wird diese Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können. Das Eigenkapital von derzeit gut 60 Milliarden Euro sollte nicht weiter sinken. Das würde das Vertrauen in die Solidität weiter erschüttern. Die Gewinne der Bank sind derzeit so niedrig, dass sie kaum ausreichen werden, die Lücke zu füllen. Jetzt rächt sich, dass Bankenaufsicht und Bankenregulierer in den letzten Jahren nicht auf eine stärkere Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bank gedrängt haben."
"Jetzt kommt es mit Blick auf die Bank und die Beschäftigten darauf an, dass die Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Unsicherheiten schnell gelöst werden. Wir erwarten, dass man einen angemessenen Kompromiss finden wird."
"Ich rechne damit, dass die Deutsche Bank am Ende vier bis 5,5 Milliarden Dollar bezahlen muss - das ist etwas mehr als bisher erwartet. Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar. Auch der Streit der EU mit Apple und Google kann durchaus dazu führen, dass die Summe höher ausfällt als vergleichbare Strafzahlungen von US-Banken.
Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend. Die Deutsche Bank müsste sich dann Gedanken machen, ob sie im normalen Geschäft noch mehr Risiken abbauen kann. Wenn alle Stricke reißen, müsste die Deutschen Bank ihre Kronjuwelen verkaufen - die Vermögensverwaltung - oder eine Kapitalerhöhung in Angriff nehmen. Die Deutsche Bank muss die Probleme in jedem Fall aus eigener Kraft bewältigen. Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Staatshilfen geben wird.
Die deutsche Politik sollte sich nicht in die Verhandlungen über die Höhe der Strafe einmischen. Frankreich hat einst Öl ins Feuer gegossen, als es bei einer Milliarden-Strafe für BNP Paribas in den USA intervenierte. Das hat nichts gebracht, sondern die ganze Sache nur noch verschärft."
"Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen. Investoren wollen nicht, dass die Kapitalquote der Bank zu nah an den Mindestanforderungen der Regulierer liegt."
"Wir erwarten, dass das mögliche Verhandlungsergebnis deutlich unterhalb des ersten Vergleichsvorschlags liegen wird. Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen. Eine Strafzahlung oberhalb der bestehenden Rückstellungen würde die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung unseres Erachtens erhöhen."
"Das Justizministerium hat die Deutsche Bank dazu auserkoren, ihren Teil beim Stopfen des enormen US-Haushaltsdefizits beizutragen."
"Angesichts der prekären Finanzlage einiger europäischer Banken, von denen die Deutsche eine des risikobehaftetsten und systemrelevantesten ist, ist dies verstörend und wirkt kurzsichtig und unnötig strafend." Selbst ein Drittel der angedrohten Strafe von 14 Milliarden Dollar wäre eine schwere Last für eine Firma mit einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Euro. "Gigantische Forderungen unterminieren Banken, drohen einige der am meisten globalisierten, systemrelevanten Institute zu destabilisieren, just als ein Cocktail neuer Regulierungen und ultra-niedriger Zinsen die Ertragskraft zerstören. Es gibt Spekulationen um eine neue Ära der 'Auge-um-Auge'-Handelskriege. Die Deutsche Bank könnte der Prügelknabe für den Angriff der EU-Kommission auf Apple sein."
Hufeld sorgt sich um die Branche. „Die niedrigen Zinsen fressen sich wie ein schleichendes Gift in die Bankbilanzen hinein“, sagte er der Zeitung. Auf diese Bedrohung müssten die Institute schnell reagieren. „Man wird um schmerzhafte Einschnitte nicht herumkommen.“ Er erwarte, dass es auf dem deutschen Bankenmarkt in Zukunft vermehrt zu Fusionen kommen werde - vor allem zwischen kleineren Instituten der Genossenschaftsbanken und Sparkassen.
In der Union wächst indes nach den jüngsten Milliardenstrafen gegen Unternehmen in Europa und den USA einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge die Sorge vor einem transatlantischen Wirtschaftsstreit. „Was wir derzeit erleben, hat wirtschaftskriegsähnliche Züge“, sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU), der Zeitung. Die Schadensersatzforderungen gegen die Deutsche Bank bezeichnete er als „erpresserisch“.
Die Gesamtsumme der Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten lag bei der Deutschen Bank zuletzt bei rund 5,5 Milliarden Euro. Neben dem Streit mit der US-Justiz sind Ermittlungen wegen möglicher Geldwäsche in Russland das größte bekannte Verfahren. In Italien muss sich die Bank nun als Mitangeklagte vor Gericht verantworten. Es geht um mutmaßliche Unregelmäßigkeiten bei der italienischen Problembank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Das Verfahren soll am 15. Dezember beginnen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa. „Wir werden uns vor Gericht dazu äußern und nehmen heute keine Stellung dazu“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank am Sonntag.
Ärger gab es am Wochenende auch für einige Kunden der Deutschen Bank. Sie hatten kurzzeitig mit einer Störung auf ihren Konten zu kämpfen. Es habe vorübergehend in sehr begrenztem Maße ein IT-Problem gegeben, das kurzfristig behoben worden sei, sagte der Sprecher. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ darüber berichtet. Es sei aber nur eine begrenzte Zahl von Kunden betroffen gewesen, betonte der Sprecher. Es war die dritte IT-Panne bei der Deutschen Bank innerhalb weniger Monate.