Es ist aber auch schwer: Egal, wie sich die Politik zur Deutschen Bank äußert, es geht immer schief. Im Februar schwärmte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble angesichts der damaligen Börsenturbulenzen demonstrativ von der Stabilität der Deutschen Bank, was Investoren umso mehr verunsicherte. Und gerade erst ließ die Bundesregierung ausrichten, dass Staatshilfen für Deutschlands größte Bank selbst angesichts der Milliardenstrafe in den USA kein Thema seien. Das ließ den ohnehin geprügelten Kurs der Aktie nochmals nachgeben.
Für die Aktionäre der Deutschen Bank sieht es gerade so aus, als ob sich trotz des auf die Ära des Josef Ackermann gefolgten groß angelegten Kulturwandels nichts geändert hätte. Noch immer dominiert das Investmentbanking, zumindest was die hohen Rechtskosten angeht, die für Verfehlungen der Vergangenheit fällig werden.
Ob Deutschland sich eine Schieflage oder gar Pleite des Brockens Deutsche Bank wirklich leisten könnte? Wahrscheinlich kämen die volkswirtschaftlichen Kosten einer dadurch ausgelösten Finanz- und Wirtschaftskrise die Gesellschaft teurer als Milliardenhilfen, mit denen das Schlimmste verhindert würde. Der Staat würde sich dann für das kleinere von zwei Übeln entscheiden. Keine schöne Situation, aber Realpolitik. Trotz neuer Regulierung sind viele Banken noch immer so groß, dass ihr Zusammenbruch die gesamte Wirtschaft zumindest ihrer Heimatstaaten in den Ruin treiben könnte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte sich am Dienstag nicht zu möglicher staatlicher Unterstützung äußern. Auf eine entsprechende Frage auf einer Pressekonferenz mit dem Premierminister von Malaysia, Najib Razak, sagte sie, dass das Institut „ein Teil des deutschen Banken- und Finanzwesens ist und dass wir uns natürlich wünschen, dass alle Unternehmen, auch wenn es temporäre Schwierigkeiten gibt, eine gute Entwicklung nehmen.“ Darüber hinaus wolle sie das Thema nicht kommentieren.
Angesichts strengerer Regulierung, die auch auf die Verkleinerung von Banken abzielt, verliert die implizite Staatshaftung für Finanzinstitute aus Sicht von Investoren und Anlegern immer mehr an Bedeutung. Das macht die Kurse anfälliger für schlechte Nachrichten.
Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)
"Die Deutsche Bank wird diese Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können. Das Eigenkapital von derzeit gut 60 Milliarden Euro sollte nicht weiter sinken. Das würde das Vertrauen in die Solidität weiter erschüttern. Die Gewinne der Bank sind derzeit so niedrig, dass sie kaum ausreichen werden, die Lücke zu füllen. Jetzt rächt sich, dass Bankenaufsicht und Bankenregulierer in den letzten Jahren nicht auf eine stärkere Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bank gedrängt haben."
"Jetzt kommt es mit Blick auf die Bank und die Beschäftigten darauf an, dass die Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Unsicherheiten schnell gelöst werden. Wir erwarten, dass man einen angemessenen Kompromiss finden wird."
"Ich rechne damit, dass die Deutsche Bank am Ende vier bis 5,5 Milliarden Dollar bezahlen muss - das ist etwas mehr als bisher erwartet. Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar. Auch der Streit der EU mit Apple und Google kann durchaus dazu führen, dass die Summe höher ausfällt als vergleichbare Strafzahlungen von US-Banken.
Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend. Die Deutsche Bank müsste sich dann Gedanken machen, ob sie im normalen Geschäft noch mehr Risiken abbauen kann. Wenn alle Stricke reißen, müsste die Deutschen Bank ihre Kronjuwelen verkaufen - die Vermögensverwaltung - oder eine Kapitalerhöhung in Angriff nehmen. Die Deutsche Bank muss die Probleme in jedem Fall aus eigener Kraft bewältigen. Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Staatshilfen geben wird.
Die deutsche Politik sollte sich nicht in die Verhandlungen über die Höhe der Strafe einmischen. Frankreich hat einst Öl ins Feuer gegossen, als es bei einer Milliarden-Strafe für BNP Paribas in den USA intervenierte. Das hat nichts gebracht, sondern die ganze Sache nur noch verschärft."
"Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen. Investoren wollen nicht, dass die Kapitalquote der Bank zu nah an den Mindestanforderungen der Regulierer liegt."
"Wir erwarten, dass das mögliche Verhandlungsergebnis deutlich unterhalb des ersten Vergleichsvorschlags liegen wird. Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen. Eine Strafzahlung oberhalb der bestehenden Rückstellungen würde die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung unseres Erachtens erhöhen."
"Das Justizministerium hat die Deutsche Bank dazu auserkoren, ihren Teil beim Stopfen des enormen US-Haushaltsdefizits beizutragen."
"Angesichts der prekären Finanzlage einiger europäischer Banken, von denen die Deutsche eine des risikobehaftetsten und systemrelevantesten ist, ist dies verstörend und wirkt kurzsichtig und unnötig strafend." Selbst ein Drittel der angedrohten Strafe von 14 Milliarden Dollar wäre eine schwere Last für eine Firma mit einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Euro. "Gigantische Forderungen unterminieren Banken, drohen einige der am meisten globalisierten, systemrelevanten Institute zu destabilisieren, just als ein Cocktail neuer Regulierungen und ultra-niedriger Zinsen die Ertragskraft zerstören. Es gibt Spekulationen um eine neue Ära der 'Auge-um-Auge'-Handelskriege. Die Deutsche Bank könnte der Prügelknabe für den Angriff der EU-Kommission auf Apple sein."
Bankaufseher und Abwicklungsbehörden arbeiten rund um die Uhr daran, die Institute fit für ein kontrolliertes Herunterfahren ihrer Geschäfte zu machen, wenn es gar nicht anders geht. Die Kosten sollen dann Eigentümer, Gläubiger und teilweise Großeinleger der betroffenen Institute tragen – nicht die Allgemeinheit. Bis dieses marktwirtschaftlich eigentlich selbstverständliche Konzept umgesetzt ist, wird es noch eine Weile dauern.
Börse nimmt Jobstreichungen bei Commerzbank negativ auf
Beim Deutsche-Bank-Konkurrenten Commerzbank ist der Staat auch rund acht Jahre nach seiner spektakulären Rettungsaktion immer noch als Aktionär engagiert. Es geht nicht anders, denn der Kurs ist so tief im Keller, dass ein Verkauf der Staatsaktien sofort Verluste für den Steuerzahler realisieren würde.
Immerhin hat Ex-Chef Martin Blessing für eine vollständige Rückzahlung der stillen Einlagen an den Staat gesorgt. Den Verkauf des staatlichen Aktienpakets dagegen kann die Bank nicht anstoßen. Sie kann lediglich die Voraussetzungen dafür schaffen, indem sie die Weichen für steigende Kurse stellt.
Doch danach sieht es gerade nicht aus. Eigentlich sind groß angelegte Stellenstreichungen eine Nachricht, die von den Börsen positiv aufgenommen werden. Das mag zynisch klingen, doch aus Sicht von Investoren und Anlegern versprechen große Jobabbauprogramme sinkende Personalkosten und höhere Gewinne.
Nicht bei der Commerzbank. Dass die bei der Commerzbank laut Medienberichten wohl anstehenden tausendfachen Personalkürzungen den Kurs abstürzen lassen, ist bezeichnend. Eigentlich hatte sich der Kapitalmarkt nach dem Abgang des langjährigen Commerzbank-Chefs Blessing am Ende einer Durststrecke gewähnt. Er schien die gröbsten Aufräumarbeiten nach der Finanzkrise und der Übernahme der Dresdner Bank 2008/09 bewältigt zu haben. Sogar eine Dividende floss erstmals seit der Krise wieder.
Massiver Stellenabbau bei der Commerzbank - Dividende gestrichen
Doch Blessings Nachfolger Martin Zielke muss da weiter machen, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Die Commerzbank ist immer noch nicht aus dem Gröbsten heraus, sonst müsste sie sich jetzt nicht dem Problem konfliktträchtiger Stellenstreichungen stellen. Die werden bei einem Institut, das immer noch zu 15 Prozent dem Staat gehört, nicht ohne politische Begleitmusik ablaufen. Der neue Vorstandschef braucht ein dickes Fell und ist auf die Geduld der Anleger angewiesen. Daran hat sich bei der Commerzbank nichts geändert.