Grundlage der Ernstfallüberlegungen ist der von der Bank selbst verfasste Sanierungsplan. In dem mehrere Hundert Seiten dicken Dokument hat das Institut detailliert aufgeschrieben, wie es im Fall einer Schieflage den Kopf aus der Schlinge ziehen könnte. Im Finanzministerium hat eine kleine Arbeitsgruppe um Staatssekretär Thomas Steffen und Abteilungsleiter Levin Holle geprüft, ob der Plan funktionieren würde.
In einem ersten Schritt soll er vorsehen, dass die Bank in größerem Stil Vermögenswerte verkauft. Dabei soll es erst mal nicht um ganze Geschäftszweige, sondern um Portfolien von Wertpapieren und Krediten gehen. Damit ließe sich die Bilanz verkleinern und die Kapitalbasis stärken. Ein revolutionärer Schritt wäre das nicht. Cryan hat ohnehin angekündigt, die Risiken weiter zu reduzieren.
Das Problem ist nur: Wenn die Notlage des Verkäufers bekannt ist, drückt das den Preis. Die Bank könnte ihre Portfolien nur mit Verlust abstoßen. Hier könnte die Politik unterstützend wirken, ohne sich direkt die Hände schmutzig zu machen. Berlin, so vermuten Insider, dürfte darauf drängen, dass vor allem große deutsche Investoren wie die Allianz und die Münchener Rück Engagements zu Preisen übernehmen, zu denen sie auch die Deutsche Bank bewertet hat.
Ein derartiger Abverkauf ließe sich schnell realisieren, würde größere Verwerfungen verhindern und hätte zudem nur marginale Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der Bank. Erst wenn diese Maßnahmen verpufften, könnte es ans Eingemachte gehen. So soll der Plan vorsehen, dass die Bank in einem zweiten Schritt Geschäftseinheiten verkauft. Trennen will sich das Institut ohnehin von der Postbank, aktuell dürfte sich aber kaum ein Käufer finden.
Infrage käme deshalb einzig die Vermögensverwaltung. Den Wert der Sparte rund um die Fondstochter DWS schätzen Investoren auf bis zu acht Milliarden Euro. Kurzfristig könnte die Bank damit ihre Kapitallücke schließen. Langfristig wäre der Verlust aber kaum verkraftbar. Die Bank würde eines der wenigen Geschäfte aufgeben, in dem sie noch Potenzial für Wachstum sieht. Entgegen allen Plänen würde sie noch mehr vom Investmentbanking abhängig.
Das will sie verhindern. Für Erleichterung könnte in erster Linie eine gütliche Einigung mit den US-Behörden sorgen. „Doch die USA stehen nicht unter Zeitdruck“, heißt es in Brüsseler EU-Kreisen.
Wie viel die Bank am Ende zahlen muss, ist offen. In ihrem Umfeld verweist man auf die US-Investmentbank Goldman Sachs, die nach einer Anfangsforderung von 15 Milliarden Dollar letztlich nur 2,4 Milliarden Dollar an das US-Justizministerium überweisen musste. Allerdings zahlte Goldman zusätzlich noch 2,7 Milliarden Dollar an andere Behörden und musste zudem Projekte unterstützen, die Immobilienkäufern helfen. Analysten rechnen bei der Deutschen Bank mit fünf bis sieben Milliarden Dollar.
Das wäre ein schwerer Schlag, aber verkraftbar. Analysten der UBS rechnen damit, dass die für die Stabilität der Bank entscheidende Kapitalquote frühestens ab einer Zahlung von 6,6 Milliarden Euro unter das von den Aufsehern derzeit verlangte Minimum fallen würde. Die Bank profitiert vom Verkauf ihrer Beteiligungen an der chinesischen HuaXia Bank und der britischen Versicherung Abbey Life.
Ungelöst ist die langfristige Kapitalausstattung. Bis 2019 sieht die US-Bank Citi eine Lücke von acht Milliarden Euro. Letztlich gehen auch Investoren davon aus, dass die Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommt, allen Dementis zum Trotz. Doch für die braucht Cryan – und hier beginnt der Teufelskreis erneut – einen höheren Aktienkurs.