Dieter Hein "Achleitner ist Teil des Problems, nicht der Lösung"

Der auf Bankenwerte spezialisierte Analyst Dieter Hein stellt Paul Achleitner ein desaströses Zeugnis als Aufsichtsratschef der Deutschen Bank aus. Das gesamte Vorstandsteam sei "krachend gescheitert".

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Dieter Hein Quelle: fairesearch

WirtschaftsWoche: Herr Hein, Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat der WirtschaftsWoche ein viel beachtetes Interview zur Kritik an seinem Kurs für die Deutsche Bank gegeben. Ist er aus Ihrer Sicht der Richtige für dieses wichtige Amt?

Dieter Hein: Nein, Paul Achleitner war vor seiner Zeit als Aufsichtsratschef Investmentbanker bei Goldman Sachs. Diese Prägung tut der Deutschen Bank nicht gut. Das Investmentbanking rechnet sich wegen strengerer Regulierung nicht mehr und verursacht teure Rechtsrisiken. Achleitner ist Teil des Problems, nicht der Lösung. Das gilt auch für Vorstandschef John Cryan, der ebenfalls aus dem Investmentbanking stammt.

Aber Achleitner hat nach seinem Amtsantritt 2012 der Deutschen Bank einen tiefgreifenden Kulturwandel und neue Ziele verordnet.

Damit sind er und das Vorstandsteam aber krachend gescheitert. Die damaligen Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen hatten 2012 versprochen, dass die Bank bis 2015 ihre Rechtsrisiken deutlich reduzieren und eine Eigenkapitalrendite von zwölf Prozent erzielen könnte. Statt des versprochenen Gewinns von mehr als acht Milliarden Euro steht jetzt für 2015 aber ein Verlust von etwa sieben Milliarden Euro in den Büchern.

Wie erklären Sie diesen Misserfolg?

Das liegt an der sehr einseitigen Ausrichtung auf das teure Investmentbanking. Dessen Dominanz wurde mit der beschlossenen Trennung von der Postbank unter Achleitners Aufsicht sogar noch stärker auf die Spitze getrieben. Die Geschäftszahlen seiner Amtszeit sind daher eine Katastrophe für die Aktionäre. Die Deutsche Bank hat von 2012 bis 2015 im für die Aktien zurechenbaren Ergebnis Verluste von 4,5 Milliarden Euro angehäuft. Trotzdem wurden im gleichen Zeitraum elf Milliarden Euro Erfolgsboni an Mitarbeiter und Manager ausgeschüttet. Besonders krass war dieses Missverhältnis im vergangenen Jahr: Dem Verlust von sieben Milliarden Euro in 2015 stehen Boni in Höhe von 2,4 Milliarden Euro entgegen. Wofür?

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Wichtige Aktionäre scheint das nicht zu stören, sie stärken Achleitner sogar öffentlich den Rücken, was ungewöhnlich ist.

Natürlich stört das die Aktionäre. Die stimmen ja nicht nur auf den Hauptversammlungen ab, sondern auch mit den Füßen und werfen die Aktie aus dem Depot. Der Kurs ist aktuell auf rund 14 Euro eingebrochen, 2012 stand er in der Spitze noch auf über 38 Euro. Im Unternehmen kommt das allerdings nicht an, denn die Aktionäre sind im Aufsichtsrat der Deutschen Bank faktisch ausgeschaltet. Auf der Kapitalseite dominieren mit Peter Löscher von Siemens oder Ex-SAP-Chef Henning Kagermann Vertreter der Industrie und der Firmenkunden, nicht der Eigentümer. Sie haben, übrigens gemeinsam mit der Arbeitnehmerseite unter Verdi-Chef Frank Bsirske, ausgesprochen hohe Boni durchgewinkt. Die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats greift bei der Deutschen Bank nicht.

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