Ex-Bankräuber im Interview "Überfälle konnte ich gut"

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"Banküberfälle wird man nie ausschließen können."

Woher wusste die Polizei, dass Sie Bankräuber waren, nicht nur Autodiebe?

Das wussten die erst auch nicht. Aber wir sind dann mit dem Auto davongedüst, die haben uns erst nach einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd quer durch Essen gekriegt. Die Polizisten waren zugegebenermaßen gute Fahrer, ihr Wagen hat unseren von der Straße in einen Zaun gerammt. Da wir Waffen hatten, wurde denen klar, dass sie es mit Schwerkriminellen zu tun hatten. Die Waffen haben die Polizei in Rage gebracht, damit hätten wir auf die schießen können. Wir wurden dann heftig verhört, auch geschlagen, es gab Geständnisse.

Waren Prügel durch die Polizei der Grund für das Geständnis?

Nein.

Warum wollten Sie von Banken auf Juweliere umsatteln?

Das ging leichter. Die Banken haben immer mehr aufgerüstet und die Kassenbestände abgespeckt, das sprach sich schnell herum im Milieu. Vor manchen Filialen waren Warnhinweise, auch in osteuropäischen Sprachen: Hier nur wenig Bargeld.

Zahl der Hochverdiener bei Banken nach EU-Land

Herr Hannich, was waren die Gründe für diese Aufrüstung der Bankfilialen?

Der erste Wendepunkt waren die Banküberfälle durch RAF-Terroristen in den Siebzigerjahren. Da hat in den Vorstandsetagen ein Umdenken eingesetzt. Ob aus politischen Gründen, also um Terroristen abzuwehren, darüber kann ich nur spekulieren. Die Zahl der Raubüberfälle hatte ein Niveau erreicht dass sich der Gesetzgeber veranlasst sah, mehr für die Sicherheit von Bankfilialen zu tun.

Was haben die Banken konkret gegen Überfälle unternommen?

Das Bargeld wurde schneller abtransportiert, die Tresorräume mit Zeitschlössern versehen, sodass die Türen erst nach Minuten aufgingen – zu lang für einen schnellen Überfall. Kassenbestände wurden massiv verringert, Alarmanlagen verbessert und – damals völlig neu – Kameras zur Aufzeichnung von Überfällen installiert. Damit war auch eine Abschreckung verbunden.

Auch die Verbrechen des NSU-Terror-Trios zeigen, dass Banküberfälle nach wie vor passieren. Haben Bankfilialen immer noch ein Sicherheitsproblem?

Banküberfälle wird man nie ausschließen können. Gelegentlich gehen Filialen nicht sorgsam mit den Sicherheitsvorschriften um, was Täter erkennen und ausnutzen.

Die Taten von Herrn Massat liegen lange zurück. Welchen Nutzen ziehen Sicherheitsprofis heute aus seinen Berichten?

Jedes Tatgeschehen ist anders. Aber aus den Schilderungen kann man schließen, welche Sicherheitsvorkehrungen abschreckend oder risikomindernd wirken. Auch Polizisten setzen sich mit ehemaligen Straftätern zusammen, um aus deren Denken, Handeln und Fühlen Erkenntnisse für künftige Fälle zu gewinnen. Eines kann man ganz sicher attestieren: Bankraub lohnt nicht – zu wenig Beute, hohe Aufklärungsquoten und massive Strafen für die Täter.

Herr Massat, haben Sie es eigentlich auch mal mit legaler Arbeit versucht?

Ja, ich habe Trinkhallen in meinem Wohnort aufgemacht, die meine Familie und mich redlich ernährt haben. Aber wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis tanzen. Ich habe den Anfragen von meinen Kollegen nicht lange standgehalten, und schon war ich wieder im Geschäft.

Sie haben anfangs angedeutet, dass von der Beute nicht viel übrig geblieben ist. Wovon leben Sie heute, von Vorträgen?

Ich wünschte, das könnte ich. Nein, ich habe 142 Euro Rente im Monat, für die Zeit, in der ich Rentenbeiträge gezahlt habe. Die Arbeit im Gefängnis wird leider nicht auf die Rente angerechnet. Wenn das so wäre, hätte ich eine bessere Rente. Dazu kommt die staatliche Grundsicherung, also Hartz IV. Ich klage nicht, es ist eine Situation, für die ich selbst verantwortlich bin.

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