Finanzmetropole Frankfurt Banges Warten auf Londons Banker

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Klare Signale

„Die Institute bauen kein Personal mehr auf, verlagern aber auch erst mal keine Stellen“, sagt der in London gut vernetzte Personalberater Andreas Halin. Derzeit arbeiteten alle an „theoretischen Analysen“, die zu „minimalistischen Verschiebungen“ führen würden. Alles andere sei schlicht zu teuer. Perspektivisch werde London an Bedeutung verlieren. Die Details aber, die sind furchtbar kompliziert.

Stefan Winter lehnt sich in seinem Sessel zurück, der Vorstand der deutschen UBS ist einer der erfahrensten Banker Frankfurts, als Vorsitzender des Verbands der Auslandsbanken ist er viel in Sachen Brexit unterwegs, spricht mit Politikern, Aufsehern, Kollegen. „Die Tragweite der Entscheidung wird erst allmählich klar“, sagt er. „Die Banken erkennen, dass ihre bisherige Präsenz in Kontinentaleuropa vermutlich nicht groß genug ist. Sie müssen sich neu aufstellen.“

Aus dem obersten Stockwerk des Opernturms fällt der Blick auf benachbarte Hochhäuser, als die UBS-Niederlassung hier vor fast sieben Jahren einzog, vermietete sie einige Stockwerke unter. Bald kann sie den Platz brauchen. Vielleicht. „Schon aus Kostengründen werden alle Banken versuchen, möglichst viel in London zu lassen“, sagt Winter. Die Bankenaufsicht werde aber darauf drängen, dass die Institute Produkte, die sie in der EU vertreiben, auch dort produzieren, überwachen und verbuchen. Für die Banken bedeutet das durchaus große Einschnitte. „Die gesamte Infrastruktur, die IT und das Risikomanagement sitzen oft in London, auf dem Kontinent konzentrieren sich viele auf den Vertrieb“, sagt Winter. In mühevoller Kleinarbeit gingen die Institute nun durch, was sie verlagern müssen und was vermutlich bleiben darf. Da sich ein Umzug nicht schnell erledigen lässt, stehen sie unter Zeitdruck. Bis Ende März 2017 würden sich die betroffenen Banken entscheiden, wenn es beim schnellen Austritt bleibt, meint Winter.

Wer die meisten Haken hat, gewinnt

Frankfurt hätte an sich durchaus gute Chancen, von Wanderungsbewegungen zu profitieren. Die politische Unterstützung sei jedoch sehr wichtig. „Das Land Hessen hat großes Interesse“, sagt Winter. In Berlin sei die Haltung jedoch weitgehend neutral. „Ein klares Signal, dass die Finanzindustrie willkommen ist, wäre sehr hilfreich“, sagt Winter. Das wiege schwerer als Fragen zum ausgeprägten deutschen Kündigungsschutz und der steuerlichen Absetzbarkeit der Bankenabgabe. „Letztlich werden die Banken sich auf Grundlage einer Checkliste entscheiden“, sagt Winter. „Und wer die meisten Haken hat, gewinnt.“

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