Fosun kauft Hauck & Aufhäuser Chinesischer Konzern auf Einkaufstour in Deutschland

Fosun will die Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser kaufen. Zuletzt schlug der chinesische Investor bei Tom Tailor und BHF-Bank zu. Dahinter steht ein Plan. Wie tickt der chinesische Konzern?

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Guo Guangchang, Gründer von Fosun International, gilt als einer der reichsten Chinesen Quelle: Bloomberg

Das Leben des Guo Guangchang ist eine typische Aufsteigergeschichte aus dem modernen China. Der 48-Jährige wurde in der ländlichen Provinz Zhejiang geboren und wuchs dort in Armut auf. Noch heute schwärmt er von seinem kargen Lieblingsgericht, das seine Mutter einst für die Familie kochte: Reis mit getrocknetem Gemüse, mitunter ergänzt mit einer Portion Schweineschmalz.

Heute zählt Guo, der sich gerne auf alte chinesische Weisheiten wie Taoismus und Konfuzianismus bezieht, zu den reichsten Chinesen, sein Privatvermögen wird auf gut vier Milliarden US-Dollar geschätzt.

Reich gemacht hat ihn das Unternehmen Fosun, das er 1992 mit drei Kommilitonen der Fudan-Universität von Shanghai gründete. Dort hatte Guo Philosophie studiert und einen MBA gemacht. Der Konzern ist heute das größte chinesische Konglomerat in privaten Händen, ein schwer durchschaubares, schnell gewachsenes Geflecht von Beteiligungen an Immobilien und Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen.

Neue Ziele findet Fosun immer häufiger jenseits der eigenen Landesgrenzen. Dabei agiert der Konzern auf den ersten Blick unkonventionell, aber durchweg professionell. Denn hinter dem scheinbar wahllosen Zusammenkauf von Unternehmen steht eine klare, wenn auch riskante Strategie. Fosun beschreibt sie als „Chinas Wachstum mit globalen Ressourcen kombinieren“. Vereinfacht heißt das: Das Unternehmen beteiligt sich an Unternehmen, deren Produkte auf dem gigantischen chinesischen Markt gefragt sind und diesen weiter entwickeln.

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Seine Ziele setzt es selbstbewusst durch. Das kann zu Konflikten führen. So hat es wegen des überraschenden Rauswurfs von Vorstandschef Björn Robens bei der BHF-Bank in Frankfurt Ärger zwischen den Chinesen und den übrigen Aktionären gegeben.

Ganz oben auf der Welle

Persönlich tritt Guo, der mit der Politik eng verdrahtet ist, bescheiden, fast farblos auf. Das unterscheidet ihn von chinesischen Aufsteigern wie Jack Ma, dem Gründer der Internet-Plattform Alibaba. Doch sein Anspruch bleibt kaum hinter dem anderer Angreifer aus Fernost zurück. Guo vergleicht sein Unternehmen am liebsten mit Berkshire Hathaway, der Beteiligungsgesellschaft der US-Investorenlegende Warren Buffett.

Fosun schwimmt ganz oben auf einer Welle von Kapital, die ihren Weg ins Ausland sucht. Mit 18 Milliarden Dollar beteiligten sich chinesische Investoren 2014 an Unternehmen in Europa, so eine Untersuchung der Kanzlei Baker & McKenzie und der US-Beratung Rhodium Group – ein Rekordwert. Seit zehn Jahren sind die Investitionen im Ausland kontinuierlich gestiegen. Zu Beginn ging es vor allem um den Zugriff auf Technologien. „Heute sind sie deutlich diversifizierter und engagieren sich in allen Branchen, die von der Entwicklung in China profitieren können“, sagt Thomas Gilles, Anwalt bei Baker & McKenzie in Frankfurt.

Im Auge hat Guo vor allem die Bedürfnisse der wachsenden chinesischen Mittelschicht. Das Wachstum des Landes stammte über Jahre vor allem aus dem Export. Nun soll auch der Konsum im Inland den Aufschwung vorantreiben. Chinesen reisen mehr, legen mehr Wert auf Marken und gesunde Ernährung, kaufen mehr Konsumgüter. Davon will Fosun profitieren und hat Milliarden für Unternehmen aus den Bereichen Tourismus, Versicherungen, Altersvorsorge, Kosmetik und Mode ausgegeben.

In Deutschland hat sich Fosun schon bei der Modekette Tom Tailor, der BHF-Bank und dem Landwirtschaftsunternehmen KTG Agrar beteiligt. Der Hunger ist weiter groß: So war der Konzern an der Modekette Bogner interessiert.

Am Mittwoch wurde bekannt: Fosun will die Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser kaufen und hat den Eigentümern eine bindende Offerte vorgelegt. Der Aktionärsausschuss der Bank, in dem die Mehrheit der Eigentümer vertreten ist, nahm das Kaufangebot an. Allen weiteren Aktionären werde empfohlen, ihre Anteile ebenfalls zu veräußern, teilte Hauck & Aufhäuser mit.

Die bekannteste Beteiligung in Europa ist der französische Tourismus-Konzern Club Med. Fosun ist zudem am britischen Reiseveranstalter Thomas Cook sowie an den Modeunternehmen Caruso aus Italien und Folli Follie aus Griechenland beteiligt. Bei diesen Marken treibt der Konzern vor allem die Expansion nach China voran.

Fosuns Vorbild: Warren Buffett

Anfang 2014 hat Fosun für rund eine Milliarde Euro die größte portugiesische Versicherung Caixa Seguros übernommen. Versicherungen sollen in Zukunft das Kerngeschäft bilden, der Konzern ist auch an der israelischen Phoenix und der amerikanischen Meadowbrook beteiligt. Darin eifert Guo seinem Vorbild Buffett nach. Die reichlich vorhandenen Anlagegelder der Versicherungen sollen dabei helfen, die weltweite Expansion zu finanzieren.

Über die Jahre ist es Fosun stets aufs Neue gelungen, rechtzeitig auf Megatrends zu setzen, die die chinesische Wirtschaft prägten. „Dein Vorteil kommt daher, dass du den Wandel schneller spürst“, sagt Guo. Für die Gründung vor mehr als 20 Jahren hatten die vier Studenten den Gegenwert von damals 4000 US-Dollar aufgebracht. Fosun startete mit Marktstudien – unter anderem dazu, wie und wo man am besten die beliebten Mondkuchen verkauft.

Expansion Richtung Westen

Von 1994 an investierte Fosun in junge Pharmaunternehmen, weil der Arzneimarkt in China sich zaghaft zu liberalisieren begann. Anfang des Jahrtausends setzte Fosun dann vor allem auf Immobilien und gründete Forte, heute einer der größten Immobilienentwickler des Landes. Und als Chinas Rohstoffboom einsetzte, standen Stahlunternehmen sowie Gold- und Eisenerzminen oben auf der Einkaufsliste.

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Heute hat der Konzern 37.000 Mitarbeiter und setzt mehr als zehn Milliarden US-Dollar um. Seit 2007 ist Fosun in Hongkong an der Börse notiert, der aktuelle Börsenwert liegt bei 19,2 Milliarden Dollar.

Die Expansion Richtung Westen begann 2010. Seitdem hat Fosun mehr als 25 Milliarden Dollar im Ausland investiert. Zu den Erwerbungen gehören Gebäude mit Außenwirkung wie das One Chase Manhattan Plaza in New York, das Guo für 725 Millionen Dollar von JP Morgan kaufte und in 28 Liberty umbenannte, oder das City Group Center in Tokio. Die Expansion ist größtenteils auf Pump finanziert. Ende 2014 hatte Fosun Schulden von etwa 17 Milliarden Dollar.

Aktiv mitmischen

Bei Kaufverhandlungen tritt Fosun professionell auf, der Konzern hat Investmentbanker von großen Instituten abgeworben und kooperiert unter anderem mit den US-Finanzinvestoren Fortress und Carlyle. Verhandlungspartnern fällt auf, dass Fosun immer noch stark auf seine Gründer ausgerichtet ist. Sie treffen letztlich alle Entscheidungen. Dabei ist der Konzern kein passiver Geldgeber, sondern mischt sich aktiv ein.

Zeitweise überdreht er dann das Rad, wie zuletzt offenbar bei der BHF-Bank in Frankfurt. Fosun ist mit knapp 20 Prozent an deren Muttergesellschaft BHF Kleinwort Benson beteiligt, Tochtergesellschaften halten weitere zehn Prozent. Zum Abgang von Bankchef Robens soll neben operativen Problemen auch dessen ebenso enges wie undurchsichtiges Verhältnis zum Großaktionär Fosun beigetragen haben. Trotz dieser Verbindung sollen sich zudem Hoffnungen auf wachsendes Geschäft der Bank in China kaum erfüllt haben, heißt es in Frankfurt.

Fosun tat sein Missfallen über den Rauswurf Robens’ in ungewohnter Schärfe öffentlich kund. Das hat in der Bank für Unruhe gesorgt. Insider werfen Fosun fehlendes Verständnis der Regeln westlicher Unternehmensführung vor, ein Großaktionär könne schließlich nicht allein die Richtung vorgeben. Wie es bei der BHF-Bank weitergeht, ist unklar, die Vermutungen reichen vom Versuch einer Komplettübernahme durch Fosun bis zum Rückzug. In jedem Fall zeigt der Streit eins: das gewachsene Selbstbewusstsein der Chinesen.

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