Stefan Ermisch ist geschwächt. Ein starker Schnupfen plagt den Chef der HSH Nordbank an diesem Februarabend, als er in Frankfurt über den Zustand seiner Landesbank referiert. Trotzdem strahlt der 51-Jährige Zuversicht aus. Stolz und optimistisch sei er, was den HSH-Verkauf angehe. Das gelte vor allem für den guten Teil der Bank, die sogenannte Kernbank.
Die gute Laune ist verwunderlich, denn seine Aufgabe gilt als eine der schwierigsten der deutschen Finanzwelt. Bis Ende Februar 2018 muss die HSH auf Geheiß der EU-Kommission verkauft sein. Klappt das nicht, wird sie abgewickelt. Im Januar hat der Verkaufsprozess offiziell begonnen, bis Ende Februar gingen die ersten unverbindlichen Anfragen ein. Bei den Eigentümern in Hamburg und Kiel ist von „zahlreichen“ Interessenten die Rede, darunter sollen auch die Nord/LB und chinesische Banken sein. Bis Freitag können diese nun ein indikatives Angebot abgeben. Allein deshalb dürfte HSH-Chef Ermisch Donnerstag bei Bekanntgabe der Ergebnisse für das abgelaufene Jahr versuchen, viel Gutes und kaum Schlechtes über seine Landesbank zu verbreiten.
Damit das funktioniert, hat die Bank möglichst viele ihrer notleidenden Kredite in die hauseigene Abbaubank manövriert und an eine Art Bad Bank der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein abgegeben. In der Kernbank dagegen, die aktuell auf einen Kreditbestand von gut 51 Milliarden Euro kommen dürfte, sind nur noch rund sieben Milliarden Schiffskredite, die Bank rechnet mit schwarzen Zahlen. Nach dem dritten Quartal 2016 kam die Kernbank auf ein Ergebnis von 535 Millionen Euro. In der Abbaubank dagegen lag das Minus bei 151 Millionen Euro. Unterm Strich blieben nach Konsolidierung 183 Millionen Euro Vorsteuergewinn übrig.
Deutsche Banken im Strudel der Finanzkrise
Die Landesbank hatte sich im Zuge der US-Hypothekenkrise verspekuliert und musste mit Notkrediten von zehn Milliarden Euro gestützt werden. Die EU-Kommission verordnete eine radikale Schrumpfkur mit Halbierung der Bilanzsumme. Für das vergangene Jahr konnte die BayernLB wieder einen Nettogewinn von 545 Millionen Euro vermelden – zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
Die zweitgrößte deutsche Privatbank geriet nach der riskanten Übernahme der Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise in Turbulenzen. Der Staat sprang ein. Die direkten Staatshilfen haben die Frankfurter vor einigen Jahren zurückgezahlt. Der Bund ist mit rund 15 Prozent aber weiterhin größter Einzelaktionär der Commerzbank.
Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate war im Jahr 2008 fast kollabiert und musste mit staatlichen Milliardenhilfen aufgefangen werden, um den Finanzplatz Deutschland nicht zu gefährden. Ein Jahr später wurde die Bank notverstaatlicht. Die Altlasten wurden 2010 in eine Abwicklungsanstalt ausgelagert, die weiter im Staatsbesitz ist. Die profitable Kernbank Deutsche Pfandbriefbank kam 2015 an die Börse, doch blieb der Bund Großaktionär.
Die Landesbank geriet 2008 in den Strudel der Finanzkrise und musste von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet werden. Im Gegenzug für die Genehmigung milliardenschwerer Ländergarantien setzte die EU-Kommission den Verkauf des Instituts bis 2018 durch.
Die IKB Deutsche Industriebank war eines der ersten Opfer der Krise. Sie verspekulierte sich mit US-Hypotheken und wurde 2007 von der staatlichen Förderbank KfW, dem Bund und anderen Banken mit Milliarden gerettet. 2008 übernahm der US-Finanzinvestor Lone Star die Mehrheit an der IKB.
Die Eigner – das Land Baden-Württemberg, die Sparkassen im Südwesten und die Stadt Stuttgart – stützten das Institut 2009 mit einer milliardenschweren Kapitalspritze und Bürgschaften. Als Auflage für die Hilfen verordnete die EU der Bank eine Schrumpfkur und einen strengen Sparkurs. Inzwischen ist das Institut wieder auf Kurs.
Das Institut stand im Sommer 2007 wegen fragwürdiger Kreditgeschäfte in Milliardenhöhe am Rand des Abgrunds. Die Bank wurde an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) notverkauft.
Die einst größte deutsche Landesbank ist mittlerweile Geschichte. Das Institut war durch Fehlspekulationen tief in die roten Zahlen gerutscht und musste von ihren Eigentümern – dem Land NRW und den Sparkassen – mit Milliarden gestützt werden. Im Gegenzug verlangten die EU-Wettbewerbshüter eine Zerschlagung. Mitte 2012 wurde der Düsseldorfer Konzern aufgespalten. Das Sparkassengeschäft übernahm die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).
Spannend dürfte sein, wie sich die negative Entwicklung der Charterraten im vierten Quartal auf das milliardenschwere Schiffsportfolio der HSH ausgewirkt hat. Erst vor kurzem verkündete die Bremer Landesbank einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro für 2016. Schuld waren vor allem die Wertberichtigungen auf das Schiffsportfolio, die höher ausfielen als die Bremer das erwartet hatten.
Auch falls Stefan Ermisch am Donnerstag schwarze Zahlen für die Kernbank präsentiert, gilt ein Verkauf der gesamten Bank in Finanzkreisen als nahezu ausgeschlossen. Zwar könnte Ermisch Kern- und Abbaubank getrennt verkaufen, allerdings fordert die EU-Kommission insgesamt einen positiven Kaufpreis.
Der HSH-Chef selber hofft offenbar auf einen Käufer aus Fernost. Im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“ erklärte er vor kurzem, für Interessenten von außerhalb sei es eine große Chance hier eine Bank zu übernehmen, die seit Jahren hart und erfolgreich restrukturiert würde. Trotzdem winken viele ab. Er kenne keine chinesische Bank, die sich nach einer deutschen Landesbank umgucke, erzählt ein Investmentbanker, der viel in Asien unterwegs ist.
Ein Verkauf ist daher fraglich. Das hätte dramatische Folgen für die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg als Haupteigentümer des Instituts. Auch die Sparkassen würden hart getroffen. Deshalb loten alle Beteiligten nun offenbar aus, wie sie das Risiko abwälzen können.