Investmentbanken Die mächtigsten Investmentbanker Deutschlands

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Deal um jeden Preis

Alexander Dibelius Quelle: Laif

Dabei zeigt sich Notheis von einer Seite, die nur wenige kennen. Das ist nicht der nachdenkliche Weinkenner, der mit einem lateinischen Spruch Gelehrsamkeit zeigt, nicht der zuvorkommende Zuhörer von Welt, der beliebt sein wollte und sich zum abendlichen Gespräch mit Journalisten schon mal ein Fußballtrikot über Hemd und Krawatte streifte, wenn die Nationalelf kickte. Hier zeigt sich ein Mann, der nur ein Ziel kennt, der den Deal machen will, allein, unbedingt und um jeden Preis.

Widerstände überwinden

Kollegen aus der Branche reagieren peinlich berührt. Dass Notheis die persönliche Nähe zu Mappus nicht nur zur Anbahnung des Geschäfts genutzt hat, sondern es offenbar bis zum Schluss begleitete? "Sehr ungewöhnlich", heißt es bei einem Konkurrenten. Dass er nicht gemerkt hat, dass Mappus seine Kompetenzen überschreitet? "Ein schwerer Fehler", meint ein Banker. Dass er den Ministerpräsidenten überredete, nicht wie üblich eine zweite Meinung einzuholen? "Unverzeihlich." Und dass er all dies auch noch in E-Mails dokumentierte? Fast fassungsloses Kopfschütteln. Spätestens seit vor zwei Jahren interne Mitteilungen eines früheren Mitarbeiters von Goldman Sachs vor dem Platzen der US-Immobilienblase öffentlich wurden, sei die Branche vorsichtig geworden. "Er war sich einfach zu sicher", mutmaßt ein Banker.

Grundsätzliches Unverständnis für sein umtriebiges Agitieren gibt es unter Kollegen jedoch nicht. "Notheis hat sich konsequent verhalten", sagt ein Branchenkenner. "Investmentbanker gehen immer so weit, wie man sie lässt, und reißen möglichst viel an sich", ätzt ein früherer Mitarbeiter der Übernahmeabteilung eines großen Konzerns. "Es ist auch unsere Aufgabe, Widerstände zu überwinden", sagt ein führender Investmentbanker. Bedenken überlasse man den anderen.

Niemand in Deutschland beherrscht das Instrumentarium ähnlich perfekt wie der Deutschland-Chef von Goldman Sachs Alexander Dibelius.

Alexander Dibelius - Goldman Sachs

Der 52-Jährige ist ein lebender Mythos. Seit gut 15 Jahren gilt der frühere Herzchirurg als Paradetyp des fintenreichen und analysestarken Strategen. Selbst in einer Branche, in der ausgeprägter Ehrgeiz und Arbeitsdisziplin Einstellungsvoraussetzung sind, ragt Dibelius heraus. „Er hat von alledem noch mal eine Extradosis abbekommen“, sagt einer, der ihn gut kennt.

Ein Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte

Hinter Dibelius steht mit der US-Bank ein gewaltiges Räderwerk, eine Deal-Maschine aus weltweitem Wissen, Experten und Kontakten in die Finanz-, Unternehmens- und Politikwelt. Das verleiht Dibelius nicht nur zusätzliche Autorität, sondern flößt Finanzchefs auch Respekt ein. Oft, so heißt es, werde Goldman bei großen Übernahmen nur deshalb zu Rate gezogen, um die Bank nicht gegen sich zu haben.

Die Liste der Dibelius-Deals ist lang und liest sich wie ein Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte. Den Kauf von Chrysler durch Daimler etwa heckte er 1998 mit dem damaligen Chef Jürgen Schrempp aus. Und ohne Dibelius hätte der damalige Vodafone-Chef Chris Gent im Jahr 2000 die feindliche Übernahme von Mannesmann nicht gestemmt. Auf Schritt und Tritt begleitete der Deutsche den Chef des britischen Telekommunikationsriesen, öffnete Türen zu Landes- und Bundespolitikern aller großen Parteien und trug so dazu bei, dass der Widerstand gegen die Übernahme des traditionsreichen deutschen Konzerns verstummte. Selbst heimliche Treffen Gents mit Mannesmann-Aufsichtsräten arrangierte Dibelius damals. Sobald sich auch nur ein kleines Zeitfenster von 15 Minuten auftat, ließ er Gent einfliegen. Mitunter waren die Zusammenkünfte so kurzfristig, dass der Unternehmenschef morgens noch nicht wusste, wen er mittags auf Dibelius’ Geheiß treffen sollte.

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