Investmentbanken Kehraus im Banker-Paradies

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Mittelfristige Aussichten sind nicht schlecht

Studenten in einem Hörsaal Quelle: dpa

Um die Studenten dennoch für seine Profession zu begeistern, erklärt Notheis dann, dass Investmentbanker durch kreative Finanzierungslösungen ganze Unternehmen retten können. Dass insbesondere US-Banken ihre Verschuldung abgebaut haben und deutlich konservativer und risikoärmer agieren als vor der Krise 2008. Und dass die mittelfristigen Perspektiven für die Branche gar nicht mal schlecht sind.

Denn die „elementare Funktion, weltweit Geldgeber und Kapitalsuchende zusammenzubringen“, werde durch die fortschreitende Globalisierung noch wichtiger. Und nur globale Investmentbanken hätten das Wissen, um auch die neuen Kapitalgeber in den Schwellenländern in den weltweiten Kapitalverkehr einzubinden. Ein wichtiger Teil der Geschäfte verlagert sich in die Wachstumsregion Asien.

Wie es kurzfristig weitergeht, kann auch Notheis nicht sagen: „Wir fahren auf Sicht. Das konjunkturelle Umfeld ist immer noch alles andere als stabil.“

Hinzu kommt der dauerhafte Wegfall von Gewinngaranten wie dem Leverage, der ständigen Minimierung des Einsatzes eigenen Kapitals. „Die Banken haben vom ständig zunehmenden Leverage und dem Geschäft mit verbrieften Produkten profitiert“, sagt BCG-Berater Grübner. Mit beidem ist es vorbei.

Welche Banken die Gehälter kürzen
Eingang der Credit Suisse Quelle: Reuters
Schriftzug Citigroup Quelle: dpa
Barclays-Gebäude Quelle: dpa
Morgan StanleyBei Morgan Stanley müssen wieder die Investmentbanker dran glauben: Auch bei der US-Bank gibt es für leitende Angestellte 20 bis 30 Prozent weniger. Die neue Obergrenze für Boni in Bar liegt bei 125.000 Dollar. Dafür werden später ausgezahlte Vergütungen auf einen Anteil von durchschnittlich 75 Prozent erhöht. Quelle: Reuters
Goldman Sachs Group Inc.Goldman Sachs schert alle Mitarbeiter über einen Kamm: Die 33.300 Angestellten müssen auf 26 Prozent ihrer Bezüge verzichten. An den Festgehältern ändert sich allerdings nichts. Quelle: Reuters
Bank of America Corp.Auch die Bank of America geht mit der Sense durch ihre Gehaltslisten: In einigen Fällen friert die Bank Gehälter ein, Investmentbanker müssen 25 prozentige Kürzungen hinnehmen. Barboni werden auf 150.000 Dollar begrenzt. Immer noch ziemlich lukrativ. Quelle: dapd
Deutsche Bank AGBei seinem letzten großen Auftritt verkündete der scheidende Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann nicht nur eine miese Bilanz, sondern auch Einsparungen: Das Budget für Boni werde um ein Sechstel zusammengestrichen. In der Konsequenz senkt die Deutsche Bank die Gesamtvergütung und Leistungen im Corporate- und Investmentbanking um 15 Prozent. Quelle: Reuters

Die Geschäfte mit anderen Banken jedenfalls werden deutlich abnehmen. Und auch dass Unternehmen sich bei der Finanzierung zunehmend vom Kredit ab- und dem Kapitalmarkt zuwenden, ist nicht in jedem Fall ein großer Profitbringer. Gerade große Konzerne brauchen künftig nicht mehr unbedingt eine Bank, wenn sie etwa eine Anleihe platzieren wollen.

Vor allem die lange als zu zahm gescholtene Regulierung bringt die Profitabilität großer Teile des Geschäfts dauerhaft unter Druck. So müssen Banken ihre Kapitalmarktgeschäfte künftig mit doppelt so viel Eigenkapital unterlegen wie bisher. Die USA verbieten Banken den Handel auf eigene Rechnung. In Europa könnte eine Finanztransaktionssteuer die Gewinne der Banken nochmals schmälern.

Banker auf der Flucht

Die Rendite der 13 weltweit größten Investmentbanken werde von durchschnittlich 20 auf um die 7 Prozent fallen, prophezeit die Beratung McKinsey. Selbst nach Umstrukturierungen und Preisanpassungen dürfte sie nur noch maximal 12 bis 14 Prozent erreichen.

Einige Banker haben daher die Flucht angetreten. Manche sind ins Schattenbankensystem der Hedgefonds gewechselt (siehe Seite 50). Auch alten Hasen wie Simon Lack ist die Lust aufs Geschäft vergangen. „Immer schärfere Kontrollen und Eingriffe der Aufsichtsbehörden ins Geschäft, sinkende Gehälter – das macht keinen Spaß mehr“, sagt der 49-Jährige, der 23 Jahre lang bei JP Morgan beschäftigt war.

Ende 2009 schied Lack im Rahmen eines Freiwilligen-Programms aus, kassierte eine millionenschwere Abfindung und gründete die Investmentberatung SL Advisors.

„Ich bin jetzt ein freier Mann und verwalte mein eigenes Geld“, sagt Lack. „Wall Street ist keine Ausnahmebranche mehr, all diese Vorschriften lähmen das Geschäft.“ Wer heute einen Job bei einer der großen Adressen ergattere, habe anders als früher nicht mehr automatisch ausgesorgt.

Dennoch bieten die großen Namen noch die besten Perspektiven. „Größe und Effizienz der Abwicklungsplattformen für Transaktionen sind künftig wichtiger als neue Produkte“, sagt Udo Bröskamp, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. „Der Marktdruck auf das Mittelfeld nimmt deutlich zu. Die Zahl der Wettbewerber wird sich ausdünnen.“

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