Investmentbanken Kehraus im Banker-Paradies

Seite 3/6

Teilung zwischen Stars und Fußvolk

Der frühere Netwest-Banker David Birmingham Quelle: REUTERS

Angesichts dieser drohenden Verarmung, wie Bankenkritiker spotten, huschen Goldman-Angestellte mit langen Gesichtern aus den gelben New Yorker Taxis und verschwinden schnellen Schrittes im gläsernen Büroturm der Investmentbank. „Das Jahr fängt ja gut an, wenn es sogar bei uns abwärtsgeht“, sagt einer verbittert.

Die Sparwelle trifft nicht alle. Experten rechnen mit einer noch stärkeren Zweiteilung zwischen Stars und Fußvolk. Schon immer gilt in den Instituten die ungeschriebene Regel, dass 20 Prozent der Banker 80 Prozent der Gewinne erzielen. Bluten muss derzeit vor allem die breite Masse.

„Es lässt sich nicht mehr rechtfertigen, dass etwa der Leiter der Informatik in einer Investmentbank das Vielfache von dem verdient, was er in gleicher Position bei einem Industrieunternehmen bekäme“, sagt ein Insider. Die Gehälter dürften sich in den kommenden Jahren annähern.

Bombig verdienen dagegen immer noch Rohstoffhändler: „Ein leitender Trader für Kupfer kommt immer noch auf zwei bis drei Millionen Pfund im Jahr“, erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter der Citibank in London. Auch Spitzenberater im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) sind weiter gesucht, weil ihre Kontakte zu Top-Managern bei den Kunden schwer zu ersetzen sind.

„Bei den Spitzenkräften mühen sich viele Banken, die regulatorischen Umstellungen so zu gestalten, dass die Höhe der individuellen Vergütung möglichst konstant bleibt“, sagt Werner Klein von der Frankfurter Vergütungsberatung HKP. „Aber auch für sie wird es schwieriger, Boni zu erzielen, mit denen sie für den Rest ihres Lebens ausgesorgt haben.“

Zu hohe Vergütung für Angestellte

Denn nach den neuen Vorschriften werden Boni nun langfristiger ausgezahlt und zu geringeren Teilen in bar. Der Trend geht weg von der reinen Orientierung am kurzfristigen Gewinn, die Banker oft leichtfertig übergroße Risiken hat eingehen lassen.

Der ungenierten Selbstbereicherung haben die Eigentümer über Jahre klaglos zugeschaut. In den Boomjahren schütteten Investmentbanken teilweise mehr als die Hälfte ihrer Erträge an die Mitarbeiter aus, derzeit sind es immer noch um die 40 Prozent. Die Aktionäre werden mit kümmerlichen Dividenden bedacht und müssen mit extremen Kursausschlägen leben – in den vergangenen Jahren fast immer nach unten.

Das wollen nicht mehr alle hinnehmen. So schlägt Hans-Christoph Hirt von der Londoner Beratung Hermes Equity Ownership Services vor, dass künftig ein Richtwert von 30 Prozent gelten sollte. Institute, die mehr ausschütten, müssten das den Aktionären begründen. „Wir haben das Thema bei vielen der relevanten Banken angesprochen“, sagt Hirt.

Als einen ersten Erfolg verbucht er, dass ihm der scheidende Deutsche-Bank-Chefaufseher Clemens Börsig zugesichert hat, die Aktionäre bei der Hauptversammlung erstmals über die Vergütung des Vorstands abstimmen zu lassen.

Investmentbanker müssen sich nicht nur mit weniger Geld zufriedengeben, sondern sich auch um ihren Job sorgen. In seiner Abteilung seien einige Kollegen freiwillig gegangen, sagt ein Frankfurter Banker. Da die nicht ersetzt würden, werde sie wohl um weitere Einschnitte herumkommen. Aber sicher könne er sich nicht sein. Nicht in diesen Tagen, in denen fast jede Bank in ihren Handelssälen für freie Schreibtische sorgt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%