Kapital-Maßnahmen Banken sollen nicht zu ihrem Glück gezwungen werden

Der Rettungsfonds Soffin wird wiederbelebt – und wirkt wie geschaffen für die Commerzbank. Aber beim Stresstest wird das Gesetz der Bank wohl nicht helfen.

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Der Sitz des Soffin: Banken sollen nur bedingt zum Glück gezwungen werden. Quelle: dpa

Frankfurt/Berlin Die Bundesregierung stellt der Bankenbranche Hilfen in Höhe von insgesamt 480 Milliarden Euro zur Verfügung. Dazu wird der vor einem Jahr geschlossene Sonderfonds Stabilisierungsmaßnahmen (Soffin) reanimiert. Nach dem Kabinettsentwurf, den der Bundestag im Januar beraten wird, soll er bis zum 31. Dezember 2012 bis zu 400 Milliarden Euro Garantien und Kredite über 80 Milliarden Euro bereitstellen, um systemrelevante Banken zu stützen. Ende 2012 soll er aber schon wieder geschlossen werden. Anders als zunächst geplant, will die Regierung den Banken kein Kapital aufzwingen.

Die Wiederbelebung des Soffins ist nötig, weil einige Banken von den neuen Eigenkapitalvorgaben der Europäischen Bankenaufsicht (Eba) überfordert sein könnten. Die Eba verlangt in ihrem aktuellen Stresstest von Europas Großbanken, ihr Eigenkapital bis Mitte 2012 auf neun Prozent zu erhöhen, um drohende Verluste während der Umschuldung Griechenlands zu verkraften. Das neue Soffin-Gesetz ähnelt in vielen Punkten dem Vorgänger: So können Staatshilfen in Form von Aktien oder als stille Einlage fließen. Zudem können Banken Geschäftsbereiche in Abwicklungsbanken („Bad Banks“) auslagern oder Wertpapiere in Zweckgesellschaften.

Doch bei den Zweckgesellschaften gibt es einen wichtigen Unterschied: Künftig dürfen Banken nicht nur toxische „strukturierte“ Wertpapiere, sondern explizit auch europäische Staatsanleihen auslagern. Daher halten viele Beobachter diesen Paragrafen für eine „Lex Commerzbank“. Denn sie gehen davon aus, dass die Commerzbank diese Option ziehen könnte, um sich des riesigen Staatsanleiheportfolios ihrer Problemtochter Eurohypo zu entledigen.

Der Aktienkurs der Commerzbank legte um 5,3 Prozent auf 1,23 Euro zu. Schließlich muss sie bis Juni 2012 eine 5,3 Milliarden große Kapitallücke füllen. Das verlangt die Eba. Doch im Konzern selbst gibt es Zweifel daran, dass das Gesetz der Bank bei der Bewältigung des Stresstests hilft. „Das Auslagerungsmodell ist nicht mit der Eba abgestimmt“, hieß es dazu im Konzern. Selbst wenn die Bank ihre Staatsanleihen auf die Zweckgesellschaft übertrüge, würde die Eba das für die laufenden Stresstests gar nicht berücksichtigen. Zudem befürchtet die Bank, dass Brüssel so eine Aktion als Beihilfe einstufen könnte.


Kein Grund zur Furcht

Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Commerzbank andere Wege beschreiten muss, um ihre Kapitallücke zu schließen. Das Institut hat sich einen harten Sparkurs verordnet. Dem fiel auch die große Weihnachtsfeier der Investmentbanker zum Opfer, wie es in Finanzkreisen hieß.

Wesentlich bedeutender für die Kapitalsituation der Bank ist aber eine andere Maßnahme: Die Bank schloss gestern mit Erfolg ihren Anleihe-Rückkauf ab: Mit ihm verkleinert die Bank ihre Kapitallücke um gut 700 Millionen Euro. Das sind 100 Millionen Euro mehr als geplant.

Das liegt daran, dass die Bank mehr Anleihen zurückkaufte als ursprünglich angekündigt: Insgesamt nahm sie nachrangige Schuldtitel im Umfang von 1,27 Milliarden Euro zum Preis von 643 Millionen Euro ab. Geplant war nur ein Rückkauf im Wert von 600 Millionen Euro. Doch obwohl die Besitzer dieser Wertpapiere auf rund die Hälfte ihrer Ansprüche an die Bank verzichteten, waren mehr bereit zu tauschen.

Experten erstaunt das nicht: Nachrangige Anleihen bergen ein hohes Verlustrisiko, wenn eine Bank in Schieflage gerät und restrukturiert werden muss. Mit 4,6 Milliarden Euro bleibt die Kapitallücke aber immer noch sehr groß.

Doch immerhin, vor einer Zwangskapitalisierung muss sich Commerzbank-Chef Martin Blessing nicht fürchten. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist mit seinen Plänen gescheitert, Banken nach dem Vorbild der USA und Großbritanniens notfalls zwangsweise zu retten. Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler setzte in der Nacht bis zum Kabinettsbeschluss gestern die Liberalen-Position durch: Danach wird es 2012 bei der Bankenrekapitalisierung wie schon während der Finanzkrise 2008 zunächst freiwillig zugehen.


Gibt es eine Hintertür?

In den USA und Großbritannien gelang die Bankenrettung bereits im ersten Anlauf 2008/09: Die zeitweise teilverstaatlichten Banken sind heute stabiler als die der Euro-Zone. Bis weit nach Mitternacht verhandelten der designierte Finanzstaatssekretär Thomas Steffen und Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard Heitzer über diesen Punkt.

Nun lässt sich allenfalls noch von Zwangsmaßnahmen durch die Hintertür sprechen: Für den Fall, dass Bankvorstände sich gegen die Annahme von Staatshilfen weigern, bekommt die Bafin neue Befugnisse. Das Verfahren ist aber kompliziert: Im Januar müssen die Banken, die den Eba-Stresstest nicht bestanden haben, Pläne erarbeiten, wie sie ihr Eigenkapital bis Mitte des Jahres auf neun Prozent bringen wollen.

Diese Pläne prüfen die Eba und die deutsche Bankenaufsicht Bafin. Wenn im Februar das neue Soffin-Gesetz in Kraft tritt, kann die Bafin, wenn sie der Plan nicht überzeugt, Nachbesserungen verlangen. Sie kann auch fordern, dass die Bank den Soffin einbezieht. Überzeugt auch der verbesserte Plan die Bafin nicht, kann sie einen Sonderbeauftragten in die Bank entsenden.

Der übernimmt dann alle wichtigen Funktionen des Vorstands. „Die Drohung mit dem Sonderbeauftragten dürfte jeden Vorstand bewegen, mit der Bafin zu kooperieren“, hieß es in Regierungskreisen. Man setze darauf, dass dies im Ergebnis genauso effektiv wirke wie eine Zwangsverstaatlichung. „Das Ziel von Soffin II ist: schneller, weiter, früher“, so der Regierungsvertreter.


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