Sal. Oppenheim unterhielt ein einzigartiges Netzwerk zu den Reichen und Superreichen, zu Unternehmern, Erben und Managern, die die Bank bei Jagdgesellschaften, beim Polo und auf der Galopprennbahn unterhielt und im mit allen Insignien jahrhundertealter Finanztradition wie schweren Ölbildern und livrierten Dienern ausstaffierten Banksitz in Finanzfragen beriet. Seit Beginn der Neunzigerjahre manövrierte sich der gelernte Polier Josef Esch immer mehr ins Zentrum dieses Netzes.
Gemeinsame Sache
Die von ihm mit der Bank aufgelegten Immobilienfonds entwickelten sich zum Verkaufsschlager, versprachen sie doch sichere Renditen bei gleichzeitiger Steueroptimierung. Es war noch der 2005 gestorbene Patriarch Alfred von Oppenheim, der die Partnerschaft ins Rollen gebracht hatte. Auch sein Nachfolger Karl Otto Pöhl, der nach dem Ausscheiden bei der Bundesbank 1992 an die Spitze der Kölner Nobelbank rückte, machte mit dem bulligen Bauherrn Esch gemeinsame Sache.
Die Geschichte von Sal. Oppenheim
Salomon Oppenheim gründet in Bonn eine Bank
Umzug nach Köln
Mit der Finanzierung von Eisenbahnen und dem Einstieg ins Versicherungsgeschäft steigt die Bank auf
Auf Druck der Nazis Umbenennung in Pferdmenges & Co. (bis 1947)
Alfred von Oppenheim (gest. 2005) wird Chef und baut die Betreuung reicher Privatkunden auf
Verkauf der Anteile an der Colonia Versicherung, Beginn der Zusammenarbeit mit Josef Esch
Ex-Bundesbank-Präsident Karl Otto Pöhl führt Sal. Oppenheim.
Matthias Graf von Krockow folgt ihm.
Mit dem Kauf der BHF Bank wird Sal. Oppenheim zur größten Privatbank Europas. Esch-Projekte wie der Neubau der Kölner Messe geraten in die Kritik.
Die Bank macht erstmals Verlust
Durch die Pleite des Handelskonzerns Arcandor, mit dem die Bank über Kredite und Aktienbeteiligung eng verbunden ist, gerät Sal. Oppenheim in eine existenzbedrohende Krise
Die Deutsche Bank übernimmt Sal. Oppenheim komplett.
Zahlreiche Prozesse von Anlegern wegen Verlusten bei Oppenheim-Esch-Fonds. Die Staatsanwaltschaft Köln erhebt Anklage gegen die Ex-Bankführung und Josef Esch, Prozessbeginn wohl Anfang 2013
Dabei nahmen es nicht nur die Bankmanager, sondern auch einige prominente Fondszeichner offenbar nicht ganz so genau mit der Trennung von privater Geldanlage und der Verantwortung für das Vermögen der von ihnen gelenkten Unternehmen. Die Verquickung privater und geschäftlicher Interessen ist der Grundstein für die jetzt von der Staatsanwaltschaft angeklagten Geschäftspraktiken.
Aber: Sie setzte deutlich früher ein als bisher angenommen. Und sie war nicht allein auf den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff beschränkt, der privat Fonds gezeichnet hatte, bei denen die von ihm später gelenkten Karstadt-Warenhäuser Mieter waren.
Insgesamt 72 Fonds legten Sal. Oppenheim und Esch gemeinsam auf. Die Fonds kauften Grundstücke und entwickelten diese, wobei sogenannte weiche Kosten für Planung oder Mietersuche teilweise bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten ausmachten. Die Immobilien wurden anschließend über Zeiträume von 10 bis 30 Jahren vermietet, teilweise zusätzlich abgesichert durch Garantiezusagen öffentlicher Einrichtungen wie der Kölner Sparkasse.
Die Fonds-Zeichner beteiligten sich an Kauf und Entwicklung mit eigenem Kapital, einen Großteil ihres Engagements finanzierten sie über Kredite bei Sal. Oppenheim. Auch die Bank selbst und ihre früheren Gesellschafter investierten. Das Modell war für die Zeichner über Abschreibungen vor allem steuerlich attraktiv, wenn sie ihre Anteile mehr als zehn Jahre hielten.
Investoren Liesen und Vogel
Solange Top-Manager ihr eigenes Vermögen in solche Fonds stecken, ist das reine Privatsache. Problematisch wird die Geldanlage, wenn auch das von ihnen gelenkte Unternehmen in Geschäfte mit Oppenheim-Esch-Fonds verwickelt ist. Insbesondere dann, wenn - wie in zwei Fällen - diese Fonds den Bau von Firmenzentralen übernommen haben.
1993 entscheiden fast zeitgleich die von Thyssen gegründete und maßgeblich gesteuerte E-Plus Mobilfunk und die VNG - Großaktionär: Ruhrgas -, ihre neuen Firmensitze in Düsseldorf respektive Leipzig schlüsselfertig von Oppenheim-Esch errichten zu lassen. Oppenheim-Esch legte zwei Fonds für die Finanzierung auf, erteilte den Auftrag zum Bau und vermietete das Objekt an VNG und E-Plus.
Maßgeblich daran beteiligt sind zwei Top-Manager, die bisher nicht in Verdacht standen, in dubiose Geschäfte mit Sal. Oppenheim und Esch verwickelt zu sein: der damalige Ruhrgas-Chef Liesen sowie Dieter Vogel, damals stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Stahlkonzerns Thyssen.