Kunden ziehen ihr Geld ab Das drohende Ende des Sparkassen-Booms

Die Sparkassen galten bisher als Krisengewinner, denen Kunden auf der Suche nach Sicherheit ihr Erspartes anvertrauten. Nun meldet ein erster Sparkassenverband rückläufige Einlagen. Ist der Boom vorbei?

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Die Einlagen schrumpfen, die Kunden gehen zur Konkurrenz, die mit höheren Zinsen locken - Nun macht sich auch bei den Sparkassen die Krise bemerkbar Quelle: dpa

Noch 2011 wuchsen die Einlagen bei den deutschen Sparkassen um zwei Prozent auf 783 Milliarden Euro, das entsprach etwa dem Wachstum der Vorjahre. Nun gingen die Einlagen bei den hessisch-thüringischen Sparkassen im ersten Halbjahr um 419 Millionen auf 83,6 Milliarden Euro zurück. Das ist gerade mal ein halbes Prozent, allerdings befürchtet Verbandschef Gerhard Grandke, dass sich der Trend so fortsetzt. Gleichzeitig konnte aber auch sein Verband Erfolge melden. So legten die Sparkassen bei Krediten an Privatpersonen und Mittelständler zu und werden durch Kosteneinsparungen ihr Betriebsergebnis nach Bewertung im Vergleich zu 2011 vermutlich sogar verbessern.    

Warum ziehen Kunden Geld ab?

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Das liegt vor allem an den Niedrigzinsen und der allgemeinen Verunsicherung. Die Kunden wollen sich nicht langfristig binden - Geld verloren die Sparkassen deshalb bei Spareinlagen, Zertifikaten und Termingeldern. Bei Tagesgeld gab es dagegen bei den hessisch-thüringischen Sparkassen zuletzt sogar einen leichten Zuwachs. Dabei sind die Konditionen schlecht: Bei einer Stichprobe der FMH Finanzberatung boten Sparkassen im Schnitt 0,6 Prozent Zinsen auf Tagesgeld, bei der Konkurrenz sind zum Teil bis zu 2,5 Prozent drin. Dass sich hier oft nicht einmal der Inflationsausgleich erzielen lässt, lässt die Kunden die vermeintlich höhere Sicherheit bei den Sparkassen vergessen und treibt sie in andere Anlageformen.

Wohin fließt das Geld?

Für Sparkassenpräsident Grandke ist klar: Das Geld geht zur Konkurrenz, selbst teilverstaatlichte Institute wie die Commerzbank locken mit betriebswirtschaftlich nicht haltbaren Angeboten wie dem kostenlosen Konto mit 50 Euro Begrüßungsgeld. Das ist aber nicht neu und folglich nur die halbe Wahrheit, die von eigenen Versäumnissen ablenkt. So ist etwa ein großer Teil der Kundengelder in Investmentfonds geflossen, die sparkasseneigene Deka, deren Fonds unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen, hat davon jedoch nicht profitiert. Zudem verhalten sich die Kunden nicht gierig, sondern schlicht rational, wenn sie ihre Geldanlage breiter streuen und nicht ausschließlich auf Einlagen setzen.  

Sicherheit der Einlagen


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Eine Passantin geht am Mittwoch (14.04.2004) an einer Filiale der Hamburger Sparkasse vorbei. Quelle: dpa/dpaweb
Eingang zu einer Filiale der HypoVereinsbank Quelle: AP
Filliale der Santander Bank Quelle: dpa
Taschenrechner mit dem Logo der Commerzbank Quelle: dpa
Filiale einer Volksbank Quelle: AP
sparda-bank
TARGOBANK Quelle: obs

Sind die Einlagen bei Sparkassen sicherer als bei anderen Banken?

Bislang hat noch kein Sparkassen-Sparer Geld durch die Schieflage eines Instituts verloren. Die Sparkassen sichern sich gegenseitig mit einem Haftungsverbund, der Pleiten und den folgenden Ausfall von Ersparnissen verhindern soll. In Notfällen stützen sich die Sparkassen einer Region gegenseitig, gesunde Institute übernehmen dann marode Partner. Zusätzlich bilden alle rund 430 deutschen Sparkassen einen zentralen Haftungsverbund. Private Banken sind dagegen nicht verpflichtet, sich gegenseitig zu retten. Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Einlagensicherung in Höhe von 100.000 Euro schützen viele private Banken die Konten ihrer Kunden zusätzlich durch Mitgliedschaft in einem freiwilligen Einlagensicherungsfonds. Systemkrisen, die den gesamten Bankensektor erfassen, dürften sowohl die Einlagensicherung der Privatbanken als auch den Haftungsverbund der Sparkassen überfordern.

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Gefährdet die EU-Bankenunion die Einlagensicherung der Sparkassen?

Ja, denn Brüssel strebt eine zentrale Sicherung für alle Sparkonten in der EU an. Damit will Europa zwar nicht direkt auf das Geld der deutschen Sparkassen-Sparer zugreifen, sondern auf die vom Haftungsverbund aufgebauten Sicherheitspolster. Bei Notfällen im europäischen Bankensystem würden die Notgroschen jedoch wahrscheinlich zuerst nach Südeuropa fließen, um marode spanische oder griechische Banken zu retten. Für die Sicherung deutscher Spareinlagen wäre dann viel weniger oder kein Geld mehr da. Die Sparkassen haben sich heftig gegen die EU-Pläne zur zentralen Einlagensicherung gewehrt, die Politik hat eine Entscheidung daher auf die lange Bank geschoben.

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