Lernen aus der Bankenkrise Wie Banken künftig pleite gehen können

Fast fünf Jahre nach dem Kollaps von Lehman Brothers wagen sich Aufsichtsbehörden endlich an ihr ehrgeizigstes Reformprojekt: Sie wollen künftig Banken dichtmachen, ohne dass der Steuerzahler einspringen muss. Kann das klappen? Und welche Folgen hat das für die Geldhäuser?

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Foto der BaFin-Chefin Elke König Quelle: dpa

Am Ende musste es Josef Ackermann richten. Als die Verhandlungen im Berliner Finanzministerium schon gescheitert waren, griff der damalige Chef der Deutschen Bank dort um ein Uhr nachts nach seinem Telefon und rief Kanzlerin Angela Merkel an. In drastischen Worten malte er ihr aus, welch dramatische Folgen die Pleite der Münchner Hypo Real Estate haben würde. Merkel knickte ein. Mit Milliardenhilfen rettete sie das Skandalinstitut vor dem eigentlich verdienten Aus.

So wie im September 2008 soll es nie wieder sein. Nach Jahren der internationalen Beratungen sind Aufseher und Politiker auf der Zielgeraden. Sie haben Gesetze so gut wie fertig, mit denen sie Banken in eine möglichst geordnete Pleite schicken können. Zwar war es bisher schon möglich, eine Bank dichtzumachen, wie das Ende der Düsseldorfer WestLB zeigt. Doch dafür brauchten die Eigentümer viele Monate. In einer akuten Krise geht es oft nur um Tage. Deshalb soll in Deutschland die Finanzaufsicht BaFin unter der Leitung der früheren Wirtschaftsprüferin Elke König künftig rasch und tief eingreifen dürfen, um Schaden vom Steuerzahler abzuwenden.

Die neuen Vorschriften sollen das Ableben eines Instituts schon regeln, solange es noch gesund ist. Wenn die Therapie schon vorher feststeht, kann die Aufsicht schnell und gezielt agieren. Vor allem aber geht es um Abschreckung: Die Banken sollen sich gar nicht erst in Gefahr begeben, weil ihnen sonst der Exitus droht. Für den Ernstfall einer großen Krise sind die Regeln jedoch ungeeignet. Im Zweifel muss dann doch wieder der Steuerzahler einspringen.

Das sind die Bankenflops des Jahres 2012
Geldwäsche und Geschäfte mit Schurken-Staaten: Die britische Bank Standard Chartered zahlt insgesamt rund 670 Millionen Dollar an Geldstrafen. Dem Geldhaus wurde vorgeworfen, mit seinen Geschäften die gegen Iran, Birma, Libyen und Sudan verhängten Sanktionen missachtet zu haben. Quelle: dapd
Von wegen Unschuldsengel: Mit einer Rekordstrafe legt die britische Großbank HSBC ihren Geldwäsche-Skandal bei. HSBC hat sich zur Zahlung von 1,9 Milliarden Dollar Geldstrafe bereit erklärt, um weiteren Untersuchungen der US-Behörden zu entgehen, wie die Bank mitteilte. HSBC-Filialen sollen über Jahre Geldwäsche unterstützt haben. Der US-Senat wirft der Bank vor, aus Ländern wie Mexiko, Iran und Saudi-Arabien Milliarden in die USA transferiert und damit die Arbeit von Drogenhändlern sowie Geldgebern des Terrorismus unterstützt zu haben. HSBC hatte im Sommer schwere Fehler eingeräumt. Quelle: REUTERS
Die britische Bank Lloyds TSB wurde wegen verbotener Finanzgeschäfte mit dem Iran und dem Sudan 350 Millionen Dollar Strafe in den USA verdonnert. Lloyds habe zugegeben, bei Finanztransaktionen in die USA die Identität der iranischen und sudanesischen Kunden verschleiert zu haben, berichtete der zuständige Bezirksstaatsanwalt in New York, Robert Morgenthau. Quelle: dapd
Bank im Regen: Die britische Großbank Royal Bank of Scotland (RBS) steckt tief im Skandal um Zinsmanipulationen. Der teil-verstaatlichten Bank droht eine Strafe von mehreren hundert Millionen Euro. Händler mehrerer Banken haben den Leitzins Libor manipuliert. Quelle: REUTERS
Die britische Barlays Bank hat Zinsmanipulationen eingestanden und zahlt dafür eine Strafe in Höhe von 450 Millionen Dollar. Die Führungsspitze um den schillernden Bob Diamond musste wegen des Libor-Skandals zurücktreten. Quelle: REUTERS
Goldman Sachs chairman and chief executive officer Lloyd Blankfein pauses before he testifies before the Senate Subcommittee on Investigations hearing Quelle: AP
Der US-Kreditregulierer hat die US-Großbank JP Morgan Chase im Zusammenhang mit dem Verkauf von Hypothekenpapieren an Genossenschaftsbanken über die Rekordsumme von 3,6 Milliarden Dollar verklagt. Die Bank war kurz zuvor in ähnlichen Fällen zu einer Strafe von rund 300 Millionen Dollar verdonnert worden. Dabei geht es um Geschäfte der 2008 von JP Morgan übernommenen Investmentbank Bear Stearns. Der Vorwurf: Bear Stearns habe Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren hinters Licht geführt. Die Bank habe es nicht gekümmert, welch minderwertigen Hauskredite darin verpackt gewesen seien. Das habe zu „riesigen Verlusten“ bei den Investoren geführt. JP Morgan hatte die Anschuldigungen damals zurückgewiesen. Quelle: dpa

Moralisch bankrott

Das Experiment, eine Großbank hopsgehen zu lassen, ist beim letzten Mal gründlich missglückt. Als die US-Aufseher die Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 überraschend fallen ließen, stand das Finanzsystem vor dem Kollaps. Die Weltwirtschaft stürzte in die Rezession, in Deutschland schrumpfte 2009 das Bruttoinlandsprodukt um 5,1 Prozent. Seitdem gilt mehr denn je das Dogma, dass Banken zu groß zum Scheitern sind. So lassen europäische Regierungen und Notenbanken nichts aus, um in der Schuldenkrise die Pleite eines Kreditinstituts zu verhindern. Über Kapital- und Liquiditätshilfen halten sie marode Banken am Leben, statt sie abzuwickeln.

Gleichzeitig ist der Druck so hoch wie nie, dass enge Band zwischen Staat und Bank endlich zu kappen. Die Branche gilt als moralisch bankrott: Sie belohnt riskante Geschäfte ihrer Mitarbeiter mit Boni in Milliardenhöhe und liegt im Notfall den Steuerzahlern auf der Tasche. Anshu Jain, Co-Chef der Deutschen Bank, räumte kürzlich ein, dass die Institute ihre gesellschaftliche Akzeptanz erst zurückgewinnen, wenn eine Bank pleitegeht.

Bald müssen wohl mehr als 30 deutsche Banken ihren Notfallplan vorlegen

So bedrohlich sind die größten Banken der Welt
Klasse 1 – UBS, Santander, Royal Bank of Scotland Quelle: AP
Klasse 1 – Morgan Stanley Quelle: REUTERS
Klasse 1 – Standard Chartered Quelle: REUTERS
Klasse 1 – Unicredit Quelle: dpa
Klasse 2 – Barclays Quelle: dpa
Klasse 2 – Wells Fargo Quelle: REUTERS
Klasse 2 – Industrial and Commercial Bank of China Quelle: REUTERS

Für den deutschen Steuerzahler ist die Bankenrettung mit rund 40 Milliarden Euro europaweit mit am teuersten gewesen (siehe Grafik).

Künftig sollen Aktionäre und vor allem Gläubiger ran. Nächtliche Panikaktionen soll es nicht mehr geben. Die Pleite einer Bank soll einem bürokratisch festgelegten Drehbuch folgen und sachlich über die Bühne gehen. Dafür hat die BaFin das neue Referat Restrukturierung mit elf Mitarbeitern geschaffen.

Denen müssen Banken darlegen, mit welchen letzten Kräften sie in einer Krise ihr Aus verhindern wollen. Jedes Institut, das die BaFin für systemrelevant hält, muss ihr dazu einen Sanierungsplan vorlegen, in dem steht, wo Risiken drohen und wie es diese in den Griff bekommen will. Die Bank kann etwa Tochterunternehmen verkaufen oder ihr Kapital erhöhen.

Falls die Selbsthilfe versagt, wollen die Aufseher vorbereitet sein. Dafür choreografieren sie die mögliche Schließung der Bank genau durch. Um wichtige Teile wie die Kundeneinlagen zu schützen, können sie diese abspalten. Einmal jährlich kontrollieren sie, ob die Pläne noch funktionieren würden. Sollten sie daran ernsthaft zweifeln, können sie eine Bank zu harten Einschnitten zwingen.

Kern aller Bemühungen ist es, die in den bisherigen Krisen komplett verschonten Inhaber erstrangiger Bankanleihen hart ranzunehmen. Von 2018 an soll ein Teil der neu ausgegebenen Anleihen im Fall der Pleite in Aktienkapital umgewandelt werden können. Damit würden die Verluste der Bank unmittelbar die Anleihegläubiger treffen („Bail-in“).

Gewinne und Verluste der nationalen Steuerzahler bei der Rettung von Banken von 2007 bis 2011

So weit, so kompliziert. Die Praxis ist noch schwieriger. In Brüssel werkeln die EU-Beamten an der Endfassung der Krisenmanagement-Richtlinie, die von Ende 2014 an gelten soll. Vorsorglich hat die europäische Aufsichtsbehörde EBA in London aber schon eine Liste von 39 Banken vorgelegt, die sie für „international systemrelevant“ hält. In Deutschland steht demnach die Gesundheit von Deutscher Bank, Commerzbank, BayernLB und DZ Bank unter verschärfter Beobachtung.

Dennoch müssen sich in Deutschland deutlich mehr Banken mit ihrem möglichen Dahinscheiden beschäftigen. Die Bundesregierung will an diesem Mittwoch ein Gesetz beschließen, das für alle Banken gilt, die die deutsche BaFin für „national systemrelevant“ hält. Das dürften laut Finanzkreisen rund 30 sein. Zu ihnen zählen auch Töchter ausländischer Großbanken wie die zur italienischen UniCredit gehörende HypoVereinsbank und die Direktbank Diba, eine Tochter der niederländischen ING.

Bis Ende des Jahres müssen sie ihre Ideen für den Notfall vorlegen. Die Deutsche Bank hat ihr Konzept bereits eingereicht und ringt mit den Aufpassern um die Details. Auf dem Höhepunkt der Krise im Herbst 2008 wären aber alle Selbstrettungsszenarien wohl Fiktion gewesen. Keine Bank konnte da eine Tochter verkaufen oder sich Kapital am Markt besorgen.

Wahrscheinlich werden kleinere Banken "geopftert" werden

Noch komplizierter wird es, wenn die BaFin versucht, eine Bank möglichst diskret ins Nirvana zu entsenden. Als Lehman pleiteging, konnten Kunden in Großbritannien ihre Wertpapiere nicht verkaufen, weil die EDV nicht mehr funktionierte. Das bedrohte bei einigen die Existenz. Um so etwas zu verhindern, müsste die gesamte EDV isoliert werden können, damit sie auch bei einer Insolvenz weiter funktioniert. Das könnte die BaFin fordern, auch wenn es technisch kaum möglich ist. „Die Aufseher haben großen Spielraum bei der Frage, was sie von den Banken verlangen können, und müssen das erst in der » » Praxis klarmachen“, sagt Bernd Geier, auf Bankenregulierung spezialisierter Anwalt bei der Kanzlei Allen & Overy in Frankfurt.

Das sind die besten Banken der Welt
Banken in 136 Ländern hat das US-Magazin „Global Finance“ für seine Rangliste der besten Banken 2012 unter die Lupe genommen. In die Wertung flossen dabei objektive Kriterien wie das Wachstum des verwalteten Vermögens oder die Profitabilität ebenso ein wie subjektive Einschätzungen von Bankberatern oder Analysten. Schließlich wurden in zwölf Kategorien Gewinner gekürt. Dies seien nicht immer die größten, aber sicher die besten Banken, betont das Magazin.Beste Sub-Depotbank: Citibank In der Kategorie beste Sub-Depotbank wurde die Citibank ausgezeichnet. Die US-Großbank verfüge vermögensrechtlich über das größte Depot-Netzwerk der Welt und decke damit 61 Märkte sowie 98,5 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ab. Als Sub-Depotbanken bezeichnet man Depotbanken, die von anderen Finanzinstituten in Ländern beauftragt werden, in denen diese selbst nicht tätig sind. Quelle: rtr
Bester Devisenhändler: Deutsche BankDie Deutsche Bank ist Dauer-Sieger in der Kategorie bester Devisenhändler. Das größte deutsche Finanzinstitut habe den größten, vielseitigsten und profitabelsten Devisenbereich aller Banken, heißt es bei „Global Finance“. Es ist nicht die einzige Kategorie, in der die Deutsche Bank gewonnen hat. Quelle: dapd
Bester Handelsfinanzierer: CitibankCitigroup-Chef Vikram Pandit kann sich auch in der Kategorie bester Handelsfinanzierer über einen Erfolg freuen. Citibank biete ihren Service in Sachen Handelsfinanzierung in 86 Ländern an und ermögliche es Unternehmen damit, in einer globalisierten Wirtschaftswelt und sich verschiebenden Handelsströmen stets über Geld zu verfügen. Quelle: dapd
Cash Management: CitibankUnd noch in einer dritten Kategorie siegt die Citibank. Auch beim Cash Management sieht „Global Finance“ die US-Großbank ganz vorne. Die entsprechende Sparte der Bank verfüge über eine beeindruckende Kundenliste, heißt es in der Begründung. Es umfasse multinationale Firmen ebenso wie Finanzinstitute, Regierungen und Notenbanken. Quelle: REUTERS
Beste Investmentbank: Goldman SachsDie bekannteste Investmentbank der Welt ist laut „Global Finance“ auch die beste. Vorstandschef Lloyd Blankfein und Goldman Sachs hätten im Jahr 2011 durch kreative Lösungen bei der Kapitalbeschaffung Marktanteile hinzugewonnen. Auf öffentlichen Aktienmärkten habe die Bank für ihre Kunden 54 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Keine andere Investmentbank komme an Goldman heran. Außerdem habe Goldman Sachs im zweiten Quartal 2012 trotz eines Rückgangs des Ergebnisses die Erwartungen der Analysten übertroffen. Quelle: dapd
Beste Depotbank: Bank of New York MellonLaut „Global Finance“ ist die BNY Mellon mit einer verwalteten Vermögenssumme von mehr als 27 Billionen Dollar die größte Depotbank der Welt. Die Bank habe die Prozessrisiken gemindert. Trotz eines Gewinneinbruchs im zweiten Quartal sei BNY Mellon die beste Depotbank der Welt. In einer Depotbank werden Sondervermögen wie Wertpapiere von Investmentfonds unabhängig verwahrt. Quelle: rtr
Beste Vermögensverwaltung: BlackrockDer US-Finanzdienstleister Blackrock gewinnt in der Kategorie beste Vermögensverwaltung. Blackrock sei mit 3,6 Billionen Dollar verwalteten Vermögens der größte Dienstleister der Welt in diesem Bereich. Das Geschäft mit der Beratung von Regierungen, Zentralbanken und Unternehmen in Sachen Risikomanagement floriere seit der Finanzkrise. Quelle: rtr

Wenn eine Banktochter in einem Land wie den Cayman-Inseln oder den Bahamas aktiv ist, wo es keine vergleichbare Regulierung gibt, könnte die BaFin verlangen, diese Niederlassung zu schließen. Und wenn sie das Investmentbanking für zu riskant hält, kann sie dessen Abspaltung fordern. Damit könnte sie weit über die in dem Gesetz ohnehin vorgesehene Trennung von riskanten Geschäften hinausgehen. Dabei geht es nur um den Eigenhandel und das Geschäft mit Hedgefonds. „So weit wird die Aufsicht aber niemals gehen, weil die Folgen viel zu gravierend sind“, urteilt der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick.

Bisher gehen Investoren davon aus, dass die Staaten ihre Banken im Ernstfall stützen. Machen die Regierungschefs glaubhaft, dass sie Banken in einer Notlage fallen lassen, gelten die als unsicherer. „Gerade für deutsche und französische Banken, die derzeit stark von der hohen Bonität ihres Heimatlandes profitieren, könnte deshalb die Refinanzierung deutlich teurer werden“, sagt Philippe Bodereau, Bankenanalyst bei der US-Fondsgesellschaft Pimco.

Mit diesen Banken sind Sie schlecht beraten
Eine Passantin geht am Mittwoch (14.04.2004) an einer Filiale der Hamburger Sparkasse vorbei. Quelle: dpa/dpaweb
Eingang zu einer Filiale der HypoVereinsbank Quelle: AP
Filliale der Santander Bank Quelle: dpa
Taschenrechner mit dem Logo der Commerzbank Quelle: dpa
Filiale einer Volksbank Quelle: AP
sparda-bank
TARGOBANK Quelle: obs

Die Ratingagentur Standard & Poor’s erwartet, dass sich der Wegfall der staatlichen Rettungsversprechen negativ auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit auswirkt. Konkurrent Fitch würde ohne den Rückhalt des deutschen Steuerzahlers das Rating der BayernLB von einem soliden A+ auf ein zweifelhaftes BB reduzieren.

Das macht die Finanzierung für deutsche Banken teurer. Um wie viel, ist derzeit kaum abschätzbar. So lässt sich auch nicht beziffern, welche Risikoaufschläge sie ab 2018 auf die dann geplanten Anleihen zahlen müssen, deren Gläubiger sich im Krisenfall an Verlusten beteiligen würden. Denn bisher gibt es diese nicht. Ähnlich sind allenfalls die von UBS, Credit Suisse und KBC emittierten „CoCo-Anleihen“. Diese werden in Aktienkapital umgewandelt, wenn das Eigenkapital der Bank unter die Quote von sieben Prozent fällt. Mit den Papieren wollen die Banken ihre Robustheit stärken und Aufseher und Investoren beruhigen.

Ein massenhaftes Bankensterben wird es wohl trotz der neuen Regeln nicht geben

So laufen die Geschäfte im Investment-Banking
Europäische Banken – Credit SuisseDer Schweizer UBS-Wettbewerber Credit Suisse reklamiert die Vorreiterrolle in Sachen Strategie-Anpassungen gerne für sich. Denn auch die Credit Suisse schrumpft kräftig die eigene Bilanz, um sich den neuen Kapitalvorgaben von Basel III anzupassen. Allein in der Anleihesparte innerhalb der Investmentbank hat Credit Suisse das Volumen der risikogewichteten Aktiva innerhalb eines Jahres um 43 Prozent auf 131 Milliarden Dollar gekürzt. Quelle: REUTERS
Und die Umbauarbeiten gehen weiter: In der Investmentbank soll die Bilanz nochmals um zehn Prozent gestutzt werden. Das Einsparziel wurde von drei auf vier Milliarden Franken erhöht. Wie viele Jobs das kosten wird, darüber schweigt sich Bank-Chef Brady Dougan (Bild) indes aus. Trotz der Kürzungen haben sich die Umsätze dieses Geschäftsbereichs im Jahresvergleich im dritten Quartal verdreifacht - was Analysten als die positive Überraschung hervorstrichen. Quelle: REUTERS
Für Finanzchef David Mathers zeigt das Ergebnis, dass die Bilanzausdünnung nicht auf die Erträge durchschlagen muss. Credit Suisse erzielte im Investment-Banking im dritten Quartal eine Eigenkapitalrendite von knapp zehn Prozent. „Das wird die UBS wohl nicht erreichen, was den Druck auf das Management hoch halten wird“, sagt Christian Stark, Analyst bei Cheuvreux. Quelle: dapd
Logo der RBS Quelle: dapd
Die Investmentbank des Geldhauses soll also weiter schrumpfen. Dabei ist Vorstandschef Stephen Hester (Bild) bereits kräftig auf die Bremse getreten. Anfang dieses Jahres hatte Hester den Abbau von rund 4000 Arbeitsplätzen angekündigt. Die Bank zog sich aus großen Teilen des Aktiengeschäfts und einigen anderen Bereichen zurück und verkaufte den traditionsreichen Broker Hoare Govett. Quelle: REUTERS
Seit Hester Ende 2008 sein Sanierungsprogramm für das damals schwer angeschlagene Geldhaus auf den Weg brachte, hat er die Investmentbank der RBS um mehr als die Hälfte verkleinert. Einen völligen Rückzug hielte aber auch UKFI-Chef O'Neill für eine falsche Entscheidung. Zu wichtig seien die Dienste der Investmentbanker für das Wachstum und das Wohlergehen britischer Unternehmen. Quelle: dapd
Deutsche BankBei der Deutschen Bank müssen Tausende Investmentbanker um ihren Job fürchten. Jürgen Fitschen (l.) und Anshu Jain wollen sparen, um Ertragseinbußen im Zuge der Schuldenkrise und der härteren Regulierung aufzufangen. Das Investment-Banking dürfte zwar zuletzt wieder gut gelaufen sein. Doch das Geschäft gilt als sehr volatil - und Volatilität steht bei der Bank derzeit nicht hoch im Kurs. Quelle: dpa

Mit rund sieben Prozent müssen sie jedoch deutlich höhere Zinsen zahlen als üblich. So teuer wären die Bail-in-Anleihen nicht, weil ihre Besitzer nur bei einer drohenden Pleite über die Wandlung in Aktienkapital Geld verlieren würden.

Dennoch ertönen schon die Warnrufe der Bankenlobby. „Die Pläne werden erhebliche Auswirkungen auf die Kosten und unter Umständen die Kreditvergabe haben“, sagt Michael Kemmer, Geschäftsführer des Bankenverbandes. Für ihn ist „zumindest fraglich, ob die bislang diskutierten Vorgaben realistisch sind“. Wenn Banken künftig zehn Prozent ihrer Bilanzsumme über Bail-in-Anleihen finanzieren müssten, wären das in Europa 3300 Milliarden Euro. Kemmer bezweifelt, dass es „einen Markt in diesem Umfang geben wird“.

In der Tat ist zum Beispiel unklar, ob Versicherungen die Bail-in-Anleihen überhaupt in großem Stil kaufen können. Sie müssten diese womöglich als Aktien verbuchen, von denen sie jedoch nur eine geringe Quote halten dürfen. Banker rechnen aber durchaus mit regem Kaufinteresse von Hedgefonds, Vermögensverwaltern und reichen Privatanlegern.

In Sicherheit wiegen

Dass die Käufer solcher Anleihen wirklich bluten müssen, erwarten die Verantwortlichen sowieso nicht. Der Sinn der neuen Regeln sei, dass „eine systemische Krise schon im Anfangsstadium gestoppt wird“, sagt Verbandsfunktionär Kemmer. Die Banken sollen sich so intensiv mit ihren existenzbedrohenden Risiken beschäftigen, dass diese gar nicht erst eintreten.

Wie ein Londoner Investmentbanker berichtet, tun die Banken derzeit alles, um ihre Gläubiger in Sicherheit zu wiegen und so ihre Finanzierungskosten niedrig zu halten. So hätten viele mehr Eigenkapital als nötig. Auch dass die Banken kürzlich 137 Milliarden Euro Liquiditätshilfen an die EZB zurückgezahlt haben, sei ein Beruhigungssignal an ihre Gläubiger.

Auch der für Investmentbanking zuständige Vorstand eines Frankfurter Instituts rechnet nicht damit, dass die neuen Regeln zu einem massenhaften Bankensterben führen werden. „In einer großen Krise würden die Politiker keine große Bank in die Pleite schicken.“ Allerdings halte die Branche die Vorschriften nicht für eine reine Drohkulisse: „Die Aufseher werden in den kommenden Jahren sicher mal eine kleinere Bank scheitern lassen. Sie wollen schließlich ausprobieren, wie ihr neues Regelwerk funktioniert.“

Die Aufseher werden sicher eine kleinere Bank scheitern lassen

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