Jetzt nimmt auch die Bundesbank die Deutsche Bank aufs Korn. Inspektoren der Aufsicht machen sich in dieser Woche auf den Weg nach New York, um schweren Anschuldigungen gegen das Institut nachzugehen. Bis zu zwölf Milliarden Dollar Verluste, so ehemalige Mitarbeiter, könnte die Bank durch Falschbewertungen von Derivaten während der Finanzkrise 2008 versteckt haben. Hätte sie diese korrekt bilanziert, hätte sie wohl Staatshilfen in Anspruch nehmen müssen.
Die Vorwürfe sind nicht neu, die Deutschbanker sind schon seit Monaten im Visier der US-Börsenaufsicht SEC. Die Bank hält die Anschuldigungen für „vollkommen unbegründet“ und stützt sich dabei auf die Überprüfung durch eine Anwaltskanzlei. Doch die Ermittler bleiben hartnäckig. Nachdem sie Entstehung und Zuspitzung der Finanzkrise 2007 verschlafen haben, wollen sie sich nicht noch einmal Fehlverhalten vorwerfen lassen.
Strafe und Wiedergutmachung
Nicht nur gegen das größte deutsche Geldinstitut wird ermittelt. Aufsichtsgremien und Kanzleien kämpfen an vielen Fronten darum, die Vergehen und Tricksereien der Banken zu bestrafen und Wiedergutmachung zu erreichen. Die führenden Köpfe sind außerhalb des Geldgewerbes kaum bekannt: Staatsanwälte, Behördenchefs und Star-Advokaten in New York, London, Frankfurt und München machen gemeinsam Jagd auf die Finanzelite.
Ihre Methoden unterscheiden sich extrem von denen ihrer Vorgänger vor 2008, als die Institute der Wall Street, der Londoner City oder des Frankfurter Bankenviertels die Welt in die größte Wirtschaftskrise seit dem Krieg stürzten. Ihr Antrieb, die Manipulateure, Verdunkler und Finanzbetrüger zur Verantwortung zu ziehen, hat ganz unterschiedliche Ursachen: Ein Top-US-Regulierer war früher selbst Star-Analyst und Verfechter eines deregulierten Finanzmarktes. Heute fordert er höhere Geldstrafen und Gefängnis für Finanzbetrüger.
Spektakuläre Urteile gegen Anlagebetrüger
Es ist ein Fall für die Geschichtsbücher: Dem Fondsmanager Bernie Madoff gelang es jahrzehntelang, ein höchst lukratives Schneeballsystem zu betreiben, bei dem die Einzahlungen der neuen Kunden für die Ausschüttungen anderer Kunden verwendet wurden. Mangel an Neukunden kannte Madoff offenbar nicht, denn es gelang im, seine oftmals prominenten und schwer reichen Kunden um insgesamt 65 Milliarden Dollar zu erleichtern. In der Finanzkrise flog der ganze Schwindel auf, weil einige Kunden große Summen abzogen. Im Jahr 2009 wurde Madoff zu 150 Jahren Haft verurteilt.
Im April 2011 sorgte das Urteil gegen den Börsen-Coach, Ex-N24-Moderator, Buchautor und Börsenjournalisten Markus Frick für Aufsehen. Er hatte ebenfalls Aktien öffentlich empfohlen, die er selbst besaß. Dadurch hat er dem Gericht zufolge 20.000 Anleger getäuscht und 42 Millionen Euro erlöst. Das Gericht brummte ihm ein Jahr und neun Monate Haft auf Bewährung sowie 420.000 Euro Strafzahlung auf. 80 Millionen Euro wurden sichergestellt.
Er gilt als der deutsche Bernie Madoff: Helmut Kiener hat mit seinen Hedgefonds Anleger und Banken mit einem Schneeballsystem im Laufe der Jahre um mehr als 300 Millionen Euro betrogen. Das Urteil für Kiener im Juli 2011: zehn Jahre und acht Monate Gefängnis. Das Landgericht Würzburg verurteilte den 52-Jährigen wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung. Erst sehr spät im Gerichtsverfahren hatte Kiener ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Es waren die ersten Urteile in der sogenannten SdK-Affäre, bei der vor allem - inzwischen ehemalige - Funktionäre der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wegen Kursmanipulation angeklagt waren. Der geständige Börsenbrief-Herausgeber Stefan Fiebach ist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weil er vor allem die Aktien bejubelt hat, die er selbst besaß. Zuvor hatte er die Anschuldigungen gestanden und Kursmanipulation in Mittäterschaft eingeräumt. Nach dem Geständnis von Fiebach räumte auch der ehemalige Sprecher der (SdK), Christoph Öfele, über seinen Anwalt Insiderhandel in 92 Fällen ein und bestätigte damit die Vorwürfe der Anklage in vollem Umfang. Der geständige Öfele war früher neben seinen Börsengeschäften auch Aufsichtsratschef des Fußballclubs 1860 München. Als seine Verwicklung in den Aktienskandal bekannt wurde, legte er den Posten bei den Löwen nieder. Im Gegenzug für das Geständnis verurteilte das Gericht Öfele zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Neben einer Geldstrafe soll Öfele eine Nebenstrafe von rund 220.000 Euro zahlen - was fast dem kompletten Vermögen entspricht, das der 43-Jährige im Verfahren angegeben hat.
Der US-Hedgefondsmanager wurde im Oktober in einem Strafverfahren zur Zahlung von insgesamt 63,8 Millionen Dollar sowie zu elf Jahren Haft verurteilt. In einem weiteren Verfahren wurde ihm eine Strafzahlung von 92 Millionen Dollar aufgebrummt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft fuhr Rajaratnam bis zu 75 Millionen Dollar an illegalen Profiten durch Insiderhandel ein. Er soll auf Grundlage von geheimen Informationen gehandelt haben, die ihm von im Wertpapiergeschäft tätigen Freunden und Kollegen zugesteckt wurden. Rajaratnam galt bei seiner Verhaftung als Milliardär, sein Galleon-Fonds verwaltete zu Spitzenzeiten sieben Milliarden Dollar.
Dem Geschäftsmann aus Texas wird angelastet, tausende Anleger um ihre Ersparnisse im Gesamtwert von sieben Milliarden Dollar gebracht zu haben. Ein Geschworenengericht hat ihn bereits verurteilt, das Strafmaß wird im Juni verkündet. Stanford drohen bis zu 230 Jahre Haft. Die Geschworenen erklärten Stanford des Betruges, der Verschwörung, der Geldwäsche und der Behinderung der Justiz für schuldig. Auf jeden der Anklagepunkte stehen Höchststrafen von bis zu 20 Jahren Haft. Außerdem soll der US-Investor seinen Opfern 330 Millionen Dollar erstatten. Der Fall flog 2009 auf. Mit seiner auf der Karibikinsel Antigua angesiedelten Firma hat Stanford offenbar mehr als 30.000 Investoren aus über einhundert Ländern um ihr Geld gebracht hat. Vor Gericht plädierte er auf nicht schuldig. Wegen Fluchtgefahr verbrachte Stanford die vergangenen drei Jahre hinter Gittern.
Die Erfolge der Bankenjäger sind zwiespältig. Zu den Highlights zählen die elf Jahre Gefängnis für eine Wall-Street-Größe wegen notorischen Insiderhandels und die 74-Millionen-Dollar-Strafe gegen die Schweizer Privatbank Wegelin & Co wegen Steuerhinterziehung in den USA. Die Bank musste daraufhin schließen. Deutsche Anwälte verfolgen Finanzbetrüger eher leise, aber nicht weniger konsequent – wie es etwa die Deutsche Bank bei Zinswetten zu spüren bekam.
Umstritten dagegen sind die Deals, die die Verfolger mit Banken geschlossen haben. Die britische Bank HSBC etwa musste vor Kurzem 1,9 Milliarden Dollar Strafe wegen Geldwäsche bezahlen. Das entspricht nur neun Prozent des Gewinns für 2012. Dafür entgingen die Manager einer Strafverfolgung. „Too big to fail, too big to jail“, erklärte US-Generalbundesanwalt Holder den Deal. Europas größte Bank strafrechtlich zu verfolgen hätte negative Folgen für die gesamte Wirtschaft. Für die Bankenjäger ist dies kein Grund, aufzugeben. Wir stellen die wichtigsten Köpfe vor. Als erstes: Hedgefondsjäger Preetinder Singh Bharara.