Michael Kemmer Banken haben noch immer zu viele Filialen

Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, über die mageren Perspektiven der Branche und den Weg zu einer europäischen Einlagensicherung.

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Michael-Kemmer Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Kemmer, die Commerzbank baut 9000 Stellen ab und um die Deutsche Bank gibt es große Sorgen. Wie solide sind die deutschen Banken?
Michael Kemmer: Der Sektor ist insgesamt stabil, das hat auch der letzte Stresstest der EZB gezeigt. Die Banken haben ausreichend Kapital und Liquidität. Ich sehe keinen Grund zur Sorge.

Viele Investoren offenbar schon. Sie bewerten die wenigen deutschen Banken, die an der Börse notiert sind, noch deutlich schlechter als viele Institute aus Krisenländern.
Keine Frage, die Kurse sind unbefriedigend. Das liegt aber vor allem an Unsicherheiten über die künftige Profitabilität und teilweise auch an noch nicht erledigten Rechtsverfahren. Die niedrigen Zinsen, der intensive Wettbewerb, der digitale Wandel des Geschäfts und die Regulierung setzen die Erträge der Banken unter Druck. Aber sicher zweifelt kein Investor an der Qualität der von deutschen Banken vergebenen Kredite.

Aufseher und selbst der IWF kritisieren die mangelnde Profitabilität und damit die Geschäftsmodelle deutscher Banken. Was sollen sie tun?
Sie können weiter sparen und so die Effizienz verbessern. Gerade über die Digitalisierung von Prozessen lassen sich die Kosten noch deutlich senken. Und trotz der schon erfolgten Schließungen sehe ich immer noch Überkapazitäten im Filialnetz.

Wo die zufriedensten Bankkunden leben
Santander Quelle: REUTERS
Platz 31: Vereinigte Arabische Emirate Überaus unzufrieden scheinen auch die Bankkunden der Vereinigten Arabischen Emirate zu sein. Im Ranking belegen diese mit 66,6 Punkten, wie auch schon 2015, den vorletzten Platz. Quelle: dpa
Platz 30: MexikoFür das Ranking wurden 16.000 Kunden aus 32 Ländern befragt. Neben diesen Ergebnissen basiert der Report auf qualitativen Daten aus ausführlichen Interviews mit Bankmanagern. Mexiko liegt ebenfalls auf einem der hinteren Plätze. Quelle: REUTERS
Platz 29: JapanBei der Befragung des Vorjahres hielten die japanischen Banken die rote Laterne. 2016 sind die Kunden etwas gnädiger. Rund acht Punkte machen die Japaner gut und rücken damit auf Platz 29. Quelle: REUTERS
Platz 28: ArgentinienDrei Plätze runter geht's für die argentinischen Banken: auf Rang 28. Quelle: REUTERS
Platz 5: SchweizDie Schweizer Banken können im Jahr 2016 die amerikanischen Banken vom fünften Platz verdrängen. Mit 80 Punkten machen sie 6,3 Punkte gut. Quelle: REUTERS
Platz 4: GroßbritannienEin Zuwachs um 0,2 Punkte reicht für Großbritanniens Banken aus, um sich vor die Schweiz auf den vierten Platz zu positionieren. Quelle: REUTERS

Nur Sparen kann doch nicht die Antwort sein. Warum gibt es keine innovativen Konzepte?
Ich wüsste tatsächlich nicht, in welchem Segment in absehbarer Zeit größere Wachstumsraten möglich sein sollten. Die Niedrigzinsen drücken die Erträge und auch die Kreditnachfrage bleibt verhalten. Zudem fordert und sie Umsetzung der Regulierung, da bleibt wenig Raum für Visionen. Perspektivisch können sich aus der Digitalisierung neue Erlösmodelle entwickeln, etwa indem wir die Daten der Kunden besser nutzen

Könnte wenigstens der Brexit den Bankenstandort stärken, weil Institute Aktivitäten nach Deutschland verlagern?
Etliche Banken in Großbritannien denken darüber nach. Hier gibt es sicher eine Chance für den Finanzplatz Frankfurt, der international durchaus attraktiv ist, ich würde mir in dieser Frage noch mehr Unterstützung durch die Politik wünschen.

Überall in Europa kämpfen Banken gegen niedrige Zinsen und faule Kredite. Vor allem für Portugals Banken drohte es schon kurzfristig gefährlich zu werden, wäre das Land am Freitag endgültig auf Ramsch gestuft worden.
von Saskia Littmann

In diesem Szenario sind Zusammenschlüsse von Banken unvermeidbar.
Rückblickend ist da schon einiges passiert. Vergleichen Sie nur die heutige deutsche Bankenlandschaft mit der vor 15 Jahren. Auch wenn Fusionen im aktuellen Umfeld zunächst logisch erscheinen, muss man sehen, dass dieses Konzept von Regulatoren nicht als attraktiv empfunden wird. Big ist nicht mehr beautiful im Bankgeschäft, zumindest wenn sie die aufsichtliche und regulatorische Seite betrachten.

Die EU-Berichterstatterin Esther de Lange hat ein neues Konzept für eine europaweite Einlagensicherung vorgelegt. Was halten Sie davon?
Der Bericht geht in die richtige Richtung. Denn bisher hatte die Kommission ein Konzept verfolgt, bei dem Banken eines Landes für die Risiken von Banken anderer Länder haften müssen, ohne dass sie diese Haftung beeinflussen können. Von dieser Idee verabschiedet sich der aktuelle Entwurf zwar nicht vollständig, knüpft die Haftung aber an deutlich engere Bedingungen. Trotzdem bleibt es auch in dieser Fassung dabei, dass Kontrolle und Haftung letztlich auseinanderfallen. Insofern sehen wir weiteren Gesprächsbedarf.

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