Der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) läuft auf der Suche nach frischem Kapital die Zeit davon. Das Traditionshaus erklärte am späten Mittwochabend in Siena, bisher keinen sogenannten Ankerinvestor gefunden zu haben, also einen Geldgeber, der eine große Last bei der laufenden Kapitalerhöhung schultert. Damit wird immer wahrscheinlicher, dass der Staat rettend eingreifen muss.
Der Chef des Konkurrenten Unicredit, Jean-Pierre Mustier, rechnet indes mit einem guten Ende. Die Krise hänge auch damit zusammen, dass die Regierung den Instituten anders als in Spanien und in Portugal nicht unter die Arme gegriffen habe. „Aber ich bin extrem zuversichtlich, dass es eine Lösung für Italiens Banken gibt“, sagte Mustier dem „Handelsblatt“. Mustier, der seiner Bank erst vor kurzem eine Rosskur verordnet hatte, nannte keine weiteren Details, geht aber von einer „konstruktiven Lösung im besten Sinne der gesamten Bankbranche“ aus.
Monte dei Paschi ächzt unter einem Berg fauler Kredite, die nun teils abgestoßen werden sollen. Damit der Bank dieser Kraftakt gelingt, muss sie bis zum Jahresende fünf Milliarden Euro an frischem Kapital aufnehmen. Ein Umtausch von Anleihen in Aktien steuert nach Angaben von Monte dei Paschi 2,06 Milliarden Euro an Kapital zu dem Rettungspaket bei. Zudem werden neue Aktien an Investoren verkauft. Diese Kapitalerhöhung sollte an diesem Donnerstag enden. Experten rechnen nicht damit, dass Monte dei Paschi die nötige Summe zusammenbekommt.
Am Mittwoch hatte die Bank erklärt, dass ihr das Geld früher ausgehe als gedacht. Die flüssigen Mittel könnten nur noch für vier Monate reichen, hieß es in einer Kapitalmarkt-Mitteilung. Bislang hatte das schwer angeschlagene Geldhaus aus Siena angegeben, dass das Geld noch für elf Monate ausreiche. Zum Stichtag 16. Dezember hatte Monte dei Paschi 10,6 Milliarden Euro an Liquidität.
Am Mittwoch war die Aktie der Bank um zwölf Prozent abgesackt. Im gesamten Jahr ist das Papier damit 87 Prozent abgestürzt - die Bank ist damit an der Börse keine halbe Milliarde Euro mehr wert. Nach einem neuerlichen Kurseinbruch von fast sieben Prozent wurde der Handel mit den MPS-Aktien am Donnerstag abermals ausgesetzt.
Bei der Suche nach einem Ankerinvestor hatten die Hoffnungen auf Katars Staatsfonds gelegen. Dieser habe jedoch keine Aktien abgenommen, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Andere Investoren hätten ihre Investition davon abhängig gemacht, dass es einen Ankerinvestor gebe.
Die italienische Zeitung „La Stampa“ schrieb, das Kabinett könnte schon am Donnerstagabend tagen, um die Bank zu retten. Erst am Vortag hatte das Parlament die Aufnahme neuer Staatsschulden in Höhe von 20 Milliarden Euro gebilligt, um Monte dei Paschi und andere Krisenbanken notfalls stützen zu können.
Italiens Banken und ihre Probleme
Die italienische Finanzbranche leidet unter der schwachen Wirtschaft im Land, weshalb viele Schuldner ihre Kredite nicht bedienen können. Der Internationale Währungsfonds IWF schätzt das Gesamtvolumen in den Bankbilanzen auf 360 Milliarden Euro. Das entspricht rund 18 Prozent der ausgereichten Darlehen.
Wissenswertes über Italien
Das Klima und die mediterrane Küche sind wohl ausschlaggebend für die hohe Lebenserwartung der Italiener. In Europa führen sie die Liste aller OECD-Staaten an, weltweit belegen sie den zweiten Platz. Die Lebenserwartung beträgt bei Frauen circa 83 Jahre, bei Männern 78 Jahre. Ungefähr 19 Prozent der Italiener sind älter als 65 Jahre.
Dennoch ist auch im Stiefelstaat der Trend zum Übergewicht festzustellen. Italien hat der adipösen Gesellschaft den Kampf angesagt und so gibt es in Italien einige Krankenhäuser, die sich ausschließlich um fettleibige Patienten kümmern.
Der Süßwarenfabrikant Michele Ferrero ist der reichste Mann Italiens. Sein Vermögen wird auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Leonardo Del Vecchio, Gründer von Luxottica, folgt auf Rang zwei.
Die italienische Landwirtschaft spielt insgesamt keine große Rolle. In zwei Bereichen sind die Italiener dennoch Weltspitze: So produzierte das Land 2010 rund 44,8 Millionen Hektoliter Wein. Nur Frankreich stellt mehr Wein her. Außerdem ist Italien, nach Spanien, der zweitgrößte Erzeuger von Olivenöl.
Italiens Handelspartner befinden sich in direkter Nähe zu dem Land. Deutschland ist der wichtigste Partner, gefolgt von Frankreich. Italiens Produkte erfreuen sich besonders in Großbritannien, Spanien und den USA großer Beliebtheit. Importiert wird aus den Niederlanden, China, Libyen und Russland.
Eindeutig Brillen herstellen! Denn Luxottica, mit Sitz in Agordo (Provinz Belluno) ist der weltgrößte Brillenhersteller. Seit 1995 kauft das italienische Unternehmen US-Marken wie Ray-Ban und Oakley auf.
Mailand, Turin und Genua sind die größten Wirtschaftszentren Italiens. Sie sind Teil des europäischen Wirtschaftsraumes, der durch neun Länder führt und "Blaue Banane" heißt. Zentrale Einrichtungen der Europäischen Union und 20 Weltstädte befinden sich in der Zone. Hier sind die Bevölkerung, die Wirtschaft, das Kapital und die Infrastruktur sehr gut verwoben und bilden somit eine wirtschaftliche Achse Europas. Vergleichbar ist dieser Wirtschaftsraum mit BosWash in den USA.
Kuriose Gesetze sind in Italien keine Seltenheit. So müssen Hunde dreimal täglich Gassi gehen. Die Polizei darf sich bei den Nachbarn auch erkundigen, ob dies eingehalten wird. Hohe Geldstrafen sind ausgesetzt, wer sich nicht an die Gesetze halten will. Wer sich in der Lombardei abends auf einer Bank ausruhen will, muss sich vergewissern, dass nicht mehr als drei Personen Platz nehmen. Denn in einem öffentlichen Park ist dies streng reglementiert.
Italien ist das Land mit den meisten Welterbestätten. Italien ist in Besitz von 100.000 Denkmälern. Darunter befinden sich nicht nur Kirchen, Galerien und Schlösser. Auch archäologische Funde, Brunnen und Villen fallen unter den Denkmalschutz.
Die älteste Bank der Welt, die Monte Dei Paschi Di Siena, ist das größte Sorgenkind der Branche. Bei gut 40 Prozent ihrer gesamten ausgereichten Kredite ist die Rückzahlung gestört, das sind insgesamt fast 46 Milliarden Euro. Ein Rettungsplan sieht unter anderem vor, dass der Bankenrettungsfonds Atlante faule Kredite übernimmt. Um die dabei entstehenden Verluste auszugleichen, versucht das Institut, fünf Milliarden Euro neues Kapital zu gewinnen. Erfüllt die Bank den Plan nicht bis Ende des Jahres, könnte sie um Staatshilfe bitten.
Auch die Unicredit, der Mutterkonzern der Hypovereinsbank, trägt zu Italiens Schieflage im Bankensektor bei: Sie hat allein faule Kredite von fast 77 Milliarden Euro angehäuft. Das heißt, bei knapp 15 Prozent ist die Rückzahlung gestört. Um Verluste bei einer Bereinigung abzupuffern, braucht Unicredit frisches Geld.
Mit Stellenstreichungen und einer Kapitalerhöhung versucht die Großbank nun ein Rettungsmanöver. Insgesamt sollen bis Ende 2019 rund 14.000 Stellen wegfallen. Die Ausgabe neuer Aktien soll 13 Milliarden frisches Kapital bringen. Die Bank will zudem faule Kredite im Wert von fast 18 Milliarden Euro an Finanzinvestoren verkaufen.
Nicht ganz so gewaltig, aber ebenfalls schwerwiegend sieht es bei der Intensa Sanpaolo aus: Die zweitgrößte Bank des Landes ist der Stabilitätsanker der Branche. Sie hat sich schon vor einigen Jahren mit einer großen Kapitalerhöhung Luft für umfangreiche Abschreibungen verschafft. Die faulen Kredite in der Bilanz beliefen sich zuletzt auf für italienische Verhältnisse überschaubare 8,5 Prozent.
Das italienische Bankensystem ist weiter sehr kleinteilig. Viele Sparkassen haben ebenfalls jede Menge fauler Kredite in den Bilanzen. Häufig scheuen sie sich davor, diese Darlehen auf einen realistischen Wert abzuschreiben. Doch darunter leidet zugleich die Vergabe neuer Kredite. Die Regierung hat in der Vergangenheit versucht, viele dieser Banken zusammenzuschließen und zu Sparprogrammen zu drängen. Doch dagegen gab es oft Widerstand.