Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon gibt sein Amt unter dem Druck einer Steueraffäre ab. Der 49-Jährige lege sein Amt zum 24. November nieder, teilte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband am Freitag in Berlin mit. Übergangsweise führe der Vizepräsident Thomas Mang gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Karl-Peter Schackmann-Fallis und Joachim Schmalzl den Spitzenverband der rund 400 Sparkassen in Deutschland.
Der frühere bayerische Finanzminister Fahrenschon hatte einen Strafbefehl wegen zu spät eingereichter Steuererklärungen vor seiner geplanten Wiederwahl verheimlicht. Am Dienstag entzogen ihm dem Vernehmen nach mehrere Regionalverbände das Vertrauen.
Fahrenschon, der den Deutschen Sparkassen- und Giroverband seit 2012 führt, war kurz vor seiner geplanten Wiederwahl am Freitag vergangener Woche unter Druck geraten. Es wurde bekannt, dass der frühere CSU-Politiker seine Steuererklärungen für 2012 bis 2014 erst im vergangenen Jahr eingereicht hatte und dass das Münchner Amtsgericht einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung erlassen hat.
Das sind Deutschlands Sparkassenverbandspräsidenten seit 1953
Der Banker leitete den Sparkassenverband bei dessen Wiederbelebung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Zentrale saß damals noch nicht in Berlin sondern am Finanzplatz Frankfurt und später in der damaligen westdeutschen Bundeshauptstadt Bonn.
Der 2015 verstorbene Ludwig Poullain war ein legendärer Banker und führte vor seiner Zeit als Sparkassenpräsident die nordrhein-westfälische Landesbank WestLB. Das war zu deren besseren Zeiten. Nach der Finanzkrise musste das Institut auf Geheiß der EU-Kommission abgewickelt werden. Die Rechnung zahlten – Ironie der Geschichte – die Sparkassen in NRW. Und die deutschen Steuerzahler.
Der CSU-Politiker Helmut Geiger eröffnete den Reigen von Unionspolitikern auf dem Sparkassenthron. Drei seiner Nachfolger haben ein schwarzes Parteibuch von CDU oder CSU.
Dass der CDU-Politiker Horst Köhler es bis zum deutschen Staatsoberhaupt bringen sollte, ahnte während seiner Zeit als Sparkassenpräsident noch niemand. Der spätere Bundespräsident leitete nach seinem Abschied aus dem DSGV zunächst den Internationalen Währungsfonds.
Der Jurist Dietrich Hoppenstedt begann seine Karriere im niedersächsischen Sparkassenverband. Er dominierte die Sparkassenwelt so stark, dass diese nach seinem Abgang als Präsident einen Zerfall fürchtete.
Der baden-württembergische CDU-Politiker Heinrich Haasis führte den DSGV durch die Weltfinanzkrise und bewältigte in seiner Amtszeit die Krise der Landesbank Berlin. Zudem sorgte er für die Komplettübernahme der Sparkassen-Fondstochter Deka von den durch die Finanzkrise angeschlagenen Landesbanken.
Der CSU-Politiker Georg Fahrenschon war bayerischer Finanzminister und löste überraschend das Unionsticket nach Berlin. Der bis dahin jüngste Sparkassenpräsident musste die Abwicklung der NRW-Landesbank WestLB bewältigen und verhinderte den Bruch des Haftungsverbunds aus Sparkassen und Landesbanken. Seine sicher geglaubte Wiederwahl im November 2017 scheiterte, weil überraschend öffentlich wurde, dass er seine persönlichen Steuererklärungen verspätet abgegeben hatte.
Helmut Schleweis ist derzeit noch Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Heidelberg. Er ist bereits Bundesobmann der Sparkassen und damit ranghöchster Vertreter der knapp 400 Institute im Lobbyverband DSGV. Die Chefs der regionalen Sparkassenverbände schlugen den 63-Jährigen als Fahrenschon-Nachfolger vor. Er soll das Amt noch im Dezember 2017 antreten.
„Die verspätete Abgabe meiner privaten Steuererklärungen war falsch“, bekannte Fahrenschon. Er betonte: „An keiner Stelle habe ich, begleitet durch meinen Steuerberater, vorsätzlich rechtswidrig gehandelt.“ Er stelle das Wohl der Sparkassen-Finanzgruppe über seine persönlichen Interessen.
Mang, der den niedersächsischen Sparkassenverband führt, begrüßte es, dass „nach den Ereignissen der letzten Tage auf diese Weise ein Neuanfang ermöglicht wird“. Er betonte, nun sei ein geordneter Übergang möglich. Die Neuwahl solle so rasch wie möglich stattfinden.
Fahrenschon hat seine Steuern mittlerweile gezahlt und Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Der Verband hatte seine Wiederwahl zunächst verschoben, um das Gerichtsverfahren abzuwarten. Zugleich wuchs aber die Kritik aus den Reihen der Sparkassen. Führende Vertreter sahen das Vertrauen in die Organisation gefährdet.
Der Sparkassen- und Giroverband zählt zu den wichtigen Lobbyorganisation der Finanzbranche in Deutschland. Er vertritt rund 400 Sparkassen, sieben Landesbanken, die DekaBank, acht Landesbausparkassen und elf Versicherer der Sparkassen. Zu Fahrenschons Vorgängern im Amt des Verbandspräsidenten zählt der spätere Bundespräsident Horst Köhler.
Warum die Führungskrise Deutschlands größte Bankengruppe zu Unzeiten trifft, lesen Sie in der großen Analyse der WirtschaftsWoche.