Neue Regeln Europas Banken vor Kapitalengpass

Die europäischen Geldinstitute stehen bereits unter Druck, ihr Kapitalpolster auszubauen. Mit neuen Bilanzierungsrichtlinien zur Berechnung von Kreditverlusten könnten die Probleme nun noch weiter wachsen.

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Die Euro-Skulptur vor der alten Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB): Die USA werden ihre Version der Bilanzierungsänderung von Kreditverlusten voraussichtlich Anfang nächsten Jahres abschließen Quelle: dpa

Neue Bilanzierungsrichtlinien zur Berechnung von Kreditverlusten dürften europäische Banken daran hindern, die Ausschüttungen an ihre Aktionäre zu erhöhen. Die Institute stehen ohnehin unter Druck, ihre Kapitalpolster auszubauen.

Durch den neuen Standard, der 2018 in Kraft tritt, werden die Kapitalquoten der europäischen Banken voraussichtlich um durchschnittlich 2,7 Prozentpunkte gedrückt, wie aus einer Studie von Standard & Poor's hervorgeht. Grundlage für diese Berechnungen ist der Ratingagentur zufolge eine Umfrage, derzufolge die Institute ihre Rücklagen für Kreditverluste um 50 Prozent aufstocken wollen.

Nach den neuen Regeln müssen Kreditverluste erfasst werden, sobald erste Anzeichen für Probleme sichtbar werden. Die Überprüfung der Bankbücher durch die Europäische Zentralbank (EZB), die nicht zuletzt feststellen soll, ob einige Banken ihre notleidenden Kredite zu gering einschätzen, steht kurz vor ihrem Abschluss. Einige der Institute haben ihre Reserven in diesem Jahr mit Blick auf mögliche Ergebnisse der EZB-Prüfung bereits aufgestockt.

„Dieses neue Modell kommt zusätzlich zu den Aufräumarbeiten, die ohnehin laufen”, sagt Jonathan Nus, einer der Autoren der S&P-Studie. “Die EZB-Prüfung nimmt die Altlasten ins Visier, und diese neue Regel die für die Zukunft erwarteten.”


US-Regeln sind noch härter

Vorangetrieben wurde die Bilanzierungsänderung nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Finanzkrise, in der Kritik an einer schleppenden Erfassung der Verluste laut wurde, während sich die Lage der Weltwirtschaft immer weiter verschlechterte.

Die USA werden ihre Version der Bilanzierungsänderung von Kreditverlusten voraussichtlich Anfang nächsten Jahres abschließen, erwartet Nus. Die US-Regeln sind den Vorschlägen zufolge zwar härter als die europäischen, ihre Auswirkungen auf die Kapitalquoten der amerikanischen Banken dürften S&P zufolge jedoch schwächer ausfallen. Selbst wenn die Reserven für Kreditverluste im Rahmen des neuen Standards verdoppelt werden, würden die US-Kapitalquoten dadurch im Schnitt um lediglich 1,2 Prozentpunkte fallen, erwartet die Ratingagentur.

Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Kreditbücher der europäischen Banken umfangreicher sind, sagt S&P. Denn in Europa erfolgt ein Großteil der Unternehmensfinanzierung über Kredite, während sich die USA stärker auf den Wertpapiermarkt stützen.

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