Intern ist das Modell allerdings umstritten. „Damit zieht die Bank keine attraktiven Kunden an, sondern die, denen jeder Cent wichtig ist“, sagt ein Kenner des Instituts. Die Kritik ist nicht unberechtigt. Zwar wird die Commerzbank ihr Ziel, bis Ende 2016 eine Million neue Kunden zu gewinnen, wohl erreichen. Die Erträge im Privatkundengeschäft schrumpften im ersten Halbjahr allerdings leicht gegenüber dem Vorjahr, seit 2013 kletterten sie um magere zehn Prozent.
Nur mit Einlagen verdienen Banken kein Geld mehr, der Zinsüberschuss gerät zunehmend unter Druck. Um gegenzusteuern, hat die Bank die Vergabe von Immobiliendarlehen und Verbraucherkrediten forciert. Aber: „Die Commerzbank hat nicht berücksichtigt, dass das Zinseinkommen so niedrig werden könnte“, klagt ein Investor. So musste Finanzvorstand Stephan Engels schon ankündigen, dass das Zinsergebnis ab 2017 um weitere 100 Millionen Euro schrumpfen dürfte. „Das wird man höchstens teilweise kompensieren können“, fürchtet der Investor. Die Niedrigzinsen dampfen auch die Margen in der Mittelstandsbank ein, dem einstigen Flaggschiff.
Da Unternehmen immer weniger Kredite nachfragen, sind die Einschnitte doppelt schmerzhaft, zumal hochverzinste Altkredite auslaufen. Sollte Zielke nun versuchen, seine Massenstrategie auf die Mittelstandsbank zu übertragen, wäre das laut Insidern aber fatal, anspruchsvolle, gute Kunden könnten vergrault werden.
Zielkes Hauptproblem ist die ernüchternde Kostenbilanz der Bank. Für jeden Euro, den sie verdient, muss sie fast 80 Cent an Kosten aufwenden. „Aggressive Wachstumsstrategien bedingen exzellente Kostenstrukturen“, sagt Oliver Mihm, Vorstandsvorsitzender der Managementberatung Investors Marketing. Hier hat die Commerzbank dringenden Nachholbedarf.
Insider glauben, dass Zielke die Kosten um mindestens eine Milliarde Euro drücken müsste. Ohne Personalabbau dürfte das nicht gehen. Es gilt intern als offenes Geheimnis, dass sich die Bank die für das Geschäftsjahr 2016 beschlossene Dividende von 20 Cent je Aktie eigentlich nicht leisten kann. Bisher deutet viel darauf hin, dass der Rotstift vor allem in der Mittelstandsbank angesetzt wird.
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Es heißt, bis zu 25 Prozent der Stellen könnten wegfallen. Mark Roach will davon nichts wissen. „Der Personalabbau ist eine Gespensterdiskussion“, sagt der Gewerkschaftssekretär, der für Verdi im Aufsichtsrat der Bank sitzt. Das operative Geschäft funktioniere, für Entlassungen gebe es keinen Anlass. Auch den Plan, einen Teil der Belegschaft nach Polen zu verlegen, findet er „völlig daneben“.
Zielke wird sich davon kaum beirren lassen, er nimmt sich Zeit und hält sich zurück. Etwas mehr Begeisterung als bei seinem ersten großen Auftritt vor Publikum wird sich der neue Bankchef aber wünschen: Damals, Ende Mai, verkündete er mit den Oberen des DFB, dass die Commerzbank die Fußballnationalelf bis 2018 sponsern werde. Als DFB-Sportdirektor Hansi Flick gefragt wurde, was die Partnerschaft den Spielern bedeute, antwortet der ehrlich. Die sei den Spielern ziemlich egal. Zielke schaute betreten. Die Börse, das hoffen Investoren, sollte auf seine neue Strategie weniger gleichgültig reagieren.