Eigentlich gilt die Sparkassen-Gruppe nicht gerade als besonders wendig und schnell in der Entscheidungsfindung. Nun aber, nur anderthalb Wochen nachdem der roten Gruppe ihr Präsident flöten ging, präsentiert der Sparkassenverband (DSGV) bereits einen Kandidaten: Helmut Schleweis, bisher Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Heidelberg und Bundesobmann des DSGV, soll schnellstmöglich als Nachfolger von Georg Fahrenschon an die DSGV-Spitze gewählt werden. Das hätten die Verbandsvorsteher bei einem Treffen am Dienstag in Frankfurt einstimmig beschlossen, teilte der niedersächsische Sparkassenverband mit.
Fahrenschon war am 18. November von seinem Amt zurückgetreten, nachdem kurz zuvor bekannt wurde, dass der ehemalige bayerische Finanzminister seine Steuererklärungen für mehrere Jahre zu spät abgegeben hatte.
Die Verbandsvorsteher erwarten, dass Schleweis noch vor Weihnachten offiziell zum DSGV-Präsidenten gewählt wird. "Mit Helmut Schleweis übernimmt einer der profiliertesten und erfahrensten Sparkassenmanager die Aufgaben des DSGV-Präsidenten", erklärte Thomas Mang, der Präsident des niedersächsischen Sparkassenverbands. Als DSGV-Vizepräsident steht Mang aktuell kommissarisch an der Spitze des Verbands und wurde zeitweise selber als möglicher Fahrenschon-Nachfolger gehandelt.
Mit Schleweis haben sich die Sparkassen überraschend schnell auf ein Urgestein aus ihren Reihen als Verbandsoberhaupt entschieden. Dabei schien die Zahl der Interessenten zunächst klein, viele Kandidaten lehnten stattdessen dankend ab. Mang etwa erklärte per Brief an die anderen Präsidenten der regionalen Sparkassenverbände, er fürchte eine Zerreißprobe, sollte er das Präsidentenamt übernehmen. Mang gilt als äußerst kritisch gegenüber den ebenfalls zum DSGV gehörenden Landesbanken. Der Niedersache würde Sparkassen und Landesbanken, die in einem gemeinsamen Haftungsverband zusammen mit den Bausparkassen und der Deka Bank sind, gerne entflechten. Das allerdings ist in der Gruppe umstritten.
Auch andere Regionalfürsten, die als Fahrenschon-Nachfolger in Frage gekommen wären, winkten schnell ab. Mangs baden-württembergischer Kollege Peter Schneider wollte gerne in Stuttgart bleiben, auch Michael Breuer zog es nicht von Düsseldorf nach Berlin. Nun also Schleweis.
Lehrbuchhafte Sparkassen-Biografie
Dessen Lebenslauf liest sich, als hätte der Vater von zwei Kindern die Spezialitäten der Sparkassenwelt schon mit der Muttermilch aufgesogen. 1954 in Heidelberg geboren machte Schleweis nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der heimischen Sparkasse. Danach absolvierte er den Sparkassenfachlehrgang an der Sparkassenakademie in Rastatt und besuchte danach auch noch die Deutsche Sparkassenakademie in Bonn. Die Sparkassentreue zahlte sich aus, 1988 rückte Schleweis in den Vorstand der Sparkasse Heidelberg auf, 2002 wurde er deren Vorsitzender. Eine Sparkassenkarriere wie aus dem Bilderbuch.
Das sind Deutschlands Sparkassenverbandspräsidenten seit 1953
Der Banker leitete den Sparkassenverband bei dessen Wiederbelebung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Zentrale saß damals noch nicht in Berlin sondern am Finanzplatz Frankfurt und später in der damaligen westdeutschen Bundeshauptstadt Bonn.
Der 2015 verstorbene Ludwig Poullain war ein legendärer Banker und führte vor seiner Zeit als Sparkassenpräsident die nordrhein-westfälische Landesbank WestLB. Das war zu deren besseren Zeiten. Nach der Finanzkrise musste das Institut auf Geheiß der EU-Kommission abgewickelt werden. Die Rechnung zahlten – Ironie der Geschichte – die Sparkassen in NRW. Und die deutschen Steuerzahler.
Der CSU-Politiker Helmut Geiger eröffnete den Reigen von Unionspolitikern auf dem Sparkassenthron. Drei seiner Nachfolger haben ein schwarzes Parteibuch von CDU oder CSU.
Dass der CDU-Politiker Horst Köhler es bis zum deutschen Staatsoberhaupt bringen sollte, ahnte während seiner Zeit als Sparkassenpräsident noch niemand. Der spätere Bundespräsident leitete nach seinem Abschied aus dem DSGV zunächst den Internationalen Währungsfonds.
Der Jurist Dietrich Hoppenstedt begann seine Karriere im niedersächsischen Sparkassenverband. Er dominierte die Sparkassenwelt so stark, dass diese nach seinem Abgang als Präsident einen Zerfall fürchtete.
Der baden-württembergische CDU-Politiker Heinrich Haasis führte den DSGV durch die Weltfinanzkrise und bewältigte in seiner Amtszeit die Krise der Landesbank Berlin. Zudem sorgte er für die Komplettübernahme der Sparkassen-Fondstochter Deka von den durch die Finanzkrise angeschlagenen Landesbanken.
Der CSU-Politiker Georg Fahrenschon war bayerischer Finanzminister und löste überraschend das Unionsticket nach Berlin. Der bis dahin jüngste Sparkassenpräsident musste die Abwicklung der NRW-Landesbank WestLB bewältigen und verhinderte den Bruch des Haftungsverbunds aus Sparkassen und Landesbanken. Seine sicher geglaubte Wiederwahl im November 2017 scheiterte, weil überraschend öffentlich wurde, dass er seine persönlichen Steuererklärungen verspätet abgegeben hatte.
Helmut Schleweis ist derzeit noch Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Heidelberg. Er ist bereits Bundesobmann der Sparkassen und damit ranghöchster Vertreter der knapp 400 Institute im Lobbyverband DSGV. Die Chefs der regionalen Sparkassenverbände schlugen den 63-Jährigen als Fahrenschon-Nachfolger vor. Er soll das Amt noch im Dezember 2017 antreten.
Kein Wunder, dass Schleweis sich selber als "eingefleischten Sparkässler" sieht, wie er mal in einem Interview mit dem "Handelsblatt" betonte. Er sehe das nicht als Job, sondern als "Berufung". "Bei Herrn Schleweis treffen die Bodenständigkeit eines heimatverbundenen Kurpfälzers mit großer Sachkenntnis und Weltläufigkeit zusammen", sagt Peter Schneider.
2010 wurde Schleweis erstmals zum Bundesobmann der Sparkassen gewählt und damit Vizepräsident des DSGV. Die Berliner Verbandsluft ist ihm also nicht fremd. Während der vergangenen Merkel-Regierung war er regelmäßiger Gast im Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums.