Oddo-Seydler-Bankchef "Mr. Shorty" und der Mittelstand

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Miese Mittelstandsanleihen

Tatsächlich kursieren in Frankfurt abenteuerliche Geschichten über den Banker. Er gilt als, gelinde gesagt, schwierig. So soll er einen Mitarbeiter, der eine Weihnachtsfeier im Literaturhaus gegen 23 Uhr verlassen hatte, in der gleichen Nacht gefeuert haben. „Respektloses Verhalten“ sei es, dass er so früh gegangen sei, zitiert der Ehemalige Parmantier. Als der Mann seine Sachen abholen wollte, zog der Chef die Kündigung zurück. Parmantier dementiert das nicht.

Oddo Seydler brachte Steilmann an die Börse – keine fünf Monate später war das Modehaus pleite. (zum Vergrößern bitte anklicken) Quelle: Thomson Reuters; Geschäftsberichte

Kündigen wichtige Mitarbeiter oder gute Kunden, kann er sehr unangenehm werden: „Als wir gekündigt hatten“, sagt ein Ex-Sponsoring-Kunde, „musste ich mich von Parmantier beschimpfen lassen, was wir uns einbilden würden, einfach den Vertrag zu beenden.“ Die Bank sagt dazu, dass es „nicht dem Stil des Hauses“ entspreche, Kunden anzuschreien.

Der Chef des chinesischen Immobilienunternehmens Euro Asia Premier Real Estate, Patrick Chan, bezeichnet Parmantier als „verantwortungslosen Cowboy“. Er habe zugesagt, das Unternehmen bei der Platzierung einer Wandelanleihe zu unterstützen, 90.000 Euro vorab kassiert und dann das Projekt nicht zu Ende gebracht. „Ich kann akzeptieren, wenn jemand nicht mit uns zusammenarbeiten möchte“, sagt Chan. Doch es sei unverschämt „Geld zu nehmen, aber nichts dafür zu tun“. Von dem Honorar, das die Bank als marktüblichen Vorschuss für drei Monate bezeichnet, erhielt er nur 60.000 Euro zurück. Seydler sagt, dass sie die Wertpapiertechnik bereitstellen sollten. Der Auftrag sei nicht durchführbar gewesen, da Auflagen seitens Euro Asia nicht erfüllt waren. So sei Euro Asia nicht im regulierten Markt gelistet gewesen. Außerdem habe Euro Asia vertraglich vereinbarte Vorleistungen nicht erbracht. Das einbehaltene Honorar rechtfertigt die Bank außer mit Anwaltshonoraren damit, dass ein Bankmitarbeiter Immobilien in China besichtigt und dort einen hohen Leerstand vorgefunden habe.

Ansonsten soll der Banker nicht so zimperlich sein. Seine Mitarbeiter fordert der Chef dabei auch schon mal auf, Wertpapiere aggressiver zu vertreiben. So berichten es mehrere, die lange für ihn gearbeitet haben. Die Bank würde laut Stellungnahme den Ausdruck „aggressiv“ durch „engagiert“ ersetzen.

Miese Mittelstandsanleihen

Wer im Vertrieb aus seiner Sicht nicht genug leiste, den stutze Parmantier lautstark zurecht, bestätigen aktive und Exmitarbeiter. Sie klagen, dass der Vertriebsdruck immens sei. Die Bank sagt dazu, dass jeder Mensch Druck „höchst subjektiv“ empfinde. „Und ja, Herr Parmantier hält alle Mitarbeiter in allen Bereichen ständig zu Höchstleistungen an.“ Schließlich erwarteten die Kunden „Spitzenleistungen“.

Dazu passt die Geschichte eines Exkunden: Der berichtet, dass ein Vertriebler der Bank versucht habe, ihm eine Kapitalerhöhung aufzudrängen, obwohl sein Unternehmen kein Geld brauchte. Die Bank kann sich an keinen Vorgang erinnern, weist aber allgemein den Begriff „aufdrängen“ als „unzutreffend“ zurück. Sie sagt, dass eine Kapitalerhöhung „auch ohne akuten Finanzierungsbedarf“ sinnvoll sein könne, um die Finanzierungsstruktur einer Firma zu optimieren.

Kunden umgarnt Parmantier auf teuren Weinverkostungen oder Golfevents. Mit guten Kunden speist er in einem urigen Restaurant in Bad Homburg. Doch auch das beste Essen dürfte Investoren nicht beruhigen. Die Löcher in den Depots derer, die auf Papiere aus dem Hause Oddo Seydler gesetzt haben, werden größer. Einige Anleihen, die das Institut allein oder mit anderen Banken platziert hat, sind notleidend, vom Solarzulieferer 3W Power über das Modehaus Strenesse bis zum Suppenhersteller Zamek. Mit neun Anleihen verloren Anleger bislang rund eine halbe Milliarde Euro. Im Fall Zamek tönte Parmantier zur Anleihebegebung noch: „Als emissionsbegleitende Bank sehen wir unsere Verantwortung darin, nur qualitativ hochwertige Anleihen auf den Markt zu bringen.“ Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen das Ex-Zamek-Management. Verdacht: Betrug mit der Anleihe. Die ehemaligen Zamek-Manager weisen die Vorwürfe als haltlos zurück; die Bank ist im Verfahren Zeuge.

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